„Addio, Pizzo (die „Auf Wiedersehen, Schutzgeld“ Bewegung wie in Sizilien)“, lacht Teresa mit scherzhaft zwinkerndem Auge, gibt es bei uns nicht – Pizzo ist der Name eines Dorfes in Kalabrien.
Sie ist Pianistin aus Cosenza. Mit blitzenden schwarzen Augen erzählt die süditalienische Schönheit mit leicht katalanischem Einschlag, der von der Besetzung der alten Spanier zeugt, von den Schönheiten, aber auch Landflucht ihrer Heimat.
Kalabrien, der „Vorfuß“ des italienischen Stiefels wird auch das Kalifornien Italiens genannt. Viele überwintern in seinem warmen Klima, in dem es nie unter Null Grad Celsius wird. Im Norden an die Basilicata angrenzend, wird es von zwei Meeren mit langen Badestränden umschlossen, dem tyrrhenischen und ionischen Meer. Beide sind von keinem Punkt Kalabriens mehr als 50 km entfernt und erhielten die „Blaue Flagge“ – Auszeichnung für beste Wasserqualität. In der Mitte des schmalen Landstreifens erhebt sich ein Hochwaldplateau mit Biosphärenreservaten – die Schweiz Kalabriens. Schwarze Tannenwälder erinnern auch an den Schwarzwald: ein Wander- und Freizeitparadies im Sommer und Winter – bei Schnee. Sila, heißt das dreigeteilte Plateau. Zahlreiche Thermalbäder wie die Schwefel-Terme Luigane oder die Schwefel- und Radon-Terme Spezzano beim Sila-Plateau mit zahlreichen medizinischen Anwendungen haben schon die alten Griechen und Römer zu schätzen gewußt.
Nördlich der Sila befindet sich der Nationalpark Pollino. Die Landschaft in Kalabrien ist geprägt von geometrisch angeordneten Olivenhainen auf der hügeligen Landschaft – eine Ordnung zur Vereinfachung der Ernte. Zitrusfruchtbaum-, Korn- und Gemüseplantagen zeichnen eine malerische farbenfrohe Palette in der Berg- und Tallandschaft. Die Hauptstadt Cosenza mit historischer Altstadt liegt mitten im Land. Diamante, Amantea und Fiumefreddo – Städtchen mit Badestränden am tyrrhenischen Meer – Sibari, Rossano, Corigliano, Cariati heißen die bezaubernden Pendants mit Eukalyptuswäldern am ionischen Meer.
Fango ohne Tango in den Terme Luigiane und Terme Spezzano
Schwefelgeruch dringt schon von weitem in die Nase – geheimnisvoll grün blubbert das Thermalwasser der Terme Luigiane, während von allen Seiten Kurgäste in weißen Bademänteln kommen, ihrer Gesundheit zu frönen. In langen Warteschlangen sitzen schwarzgekleidete Kalabresen in den Terme Spezzano- Inhalationen mit radonhaltigem Thermalwasser – Rheuma, Gelenkverschleiß, Atemwege – alles kann auch vom Arzt verordnet werden. Schon zu Zeiten der alten Griechen und Römer, die sich die Herrschaft hier streitig machten, waren die Terme Favoriten ihrer Heilkunst. Überall in Kalabrien sind die mit allen Wellness-Schikanen und medizinischen Anwendungen modern ausgestatteten Terme anzutreffen.
www.termedispezzano.it
www.termeluigiane.it
Delikatessen und Spezialitäten: Cedro und Peperoncino in Diamante
Wie kleine grüne Saphire glitzern die Granite di cedro in der Sonne, zerstampftes Eis mit Cedro-Stückchen (Zitronat-Zitrone). Teresa hält eine große, gelbgrüne Zitrusfrucht in den Händen. Sie ist doppelt so groß wie eine Zitrone und eine typisch kalabrische Spezialität, die hauptsächlich an der Riviera dei cedri am tyrrhenischen Meer wächst, um Diamante herum. Beim Anritzen ihrer dünnen Haut entströmt ein bitter-aromatischer Duft. Das ätherische Öl wird zur Parfum- und Kosmetikherstellung verwendet. Likör, Marmelade, Schokolade, Bonbons und Zitronat sind weitere Produkte, die aus der Schale produziert werden – das Fruchtfleisch wird nicht verwendet. Erst nach mehrmonatigem Einlegen in Salzlake, die die Bitterstoffe entzieht und anschließendem Zuckern ist sie genießbar. Nicht zu verwechseln ist sie mit der Bergamotte, der Parfumgrundlage, die im Süden Kalabriens wächst. Für eine religiöse Zeremonie kommen Rabbi aus aller Welt jährlich angereist und pflücken nach regulierter Vorschrift faustgroße noch nicht reife Cedri.für ein religiöses Fest.
Nicht nur im Café Fiorino auf der Meerespromenade in Diamante kann man die Granite di cedro genießen. Der Blick schweift weit über das azurblaue Meer und das bezaubernde Fischerstädtchen, welches seinen Namen der diamantschliffähnlichen Felsenküste verdankt, auf der es erbaut wurde. Die weißgetünchte Altstadt ist voll von Wandmalereien und Mosaiken, wo sich jährlich Wandmaler aus aller Welt ein „Stelldichein“ geben.
Sergio hält mir lachend eine dekorative Kette mit aufgereihten roten, grünen und gelben Pepperoncini – rund oder lang – vor die Augen. Dieser Schmuck hängt überall im Land an den Balkonen zum Trocknen.
Das berühmte Pepperoncino-Festival im September feiert die kalabrische Spezialität in allen Varianten: im Käse, in Marmelade, in Schokolade, in Öl – überall findet sich die cholestrinsenkende, scharfe, im Mittelalter aus den USA importierte Chilischote, auch gern das „Viagra des armen Mannes“ genannt. Sogar eine Akademie wurde dafür in Diamante gegründet.
Lakritze aus Amarelli
Schwarz und geringelt wie Lakritzschnecken leuchtet Adriana’s Haar in der Sonne, bevor sie das große Holztor zum Lakritzmuseum aufschließt, wo sie uns in die Geheimnisse der Lakritzherstellung einweiht. Nahe Rossano am ionischen Meer, in Amarelli, wird überall Süßwurz angebaut. Adriana zeigt uns die alten, großen Töpfe, in denen die aus ihren Wurzeln gewonnene schwarzer Sirupextrakt durch Kochen eingedickt und mit Gummi arabicum seine typische Elastiziät erhält, die uns beim Kauen so behagt. Verschiedensten Lakritzformen wie Rhomben oder Steinchen werden ausgestochen. Auch als Likör und Schokolade ist die weltberühmte Köstlichkeit nicht nur im Shop des Lakritzmuseums in Amarelli zu erwerben.
Kartoffeln vom Sila Hochwaldplateau
Gelbe und rote Kartoffeln – importiert wurde sie aus dem damals neu entdeckten Amerika und hier in Sila änderte sich die Kartoffel in sehr schmackhafte rote und gelbe Varianten. Die gelben Kartoffeln werden immer gelber, je älter sie sind. Für uns Kartoffelesser eine nette Überraschung im Land der Pasta!
Weine
Die Weine Kalabriens reflektieren die Sonne des Südens und stehen den exzellenten Weinen der anderen Regionen Italiens um nichts nach! Critone, Ferrocinto, Cantine Campoverde, Nettuno – einige Namen von vielen.
Die reichhaltige kalabrische Küche lässt keine Wünsche offen
Auberginen mit Caciocavallo-Käse überbacken (birnenförmiger Kuhmilchkäse), mit roten Zwiebeln gefüllte Pasta, Bohnen, Rosmarinbratkartoffeln aus dem Spila-Gebirge; mit Peccorino und Minze gefüllte Fleischtortellini; runde Croquetten gefüllt mit Caciocavallo, Fisch, Fleisch oder Käse; kandierte mit Schokolade überzogene Zitrusfrüchte, Zitrusfrüchte in allen Formen; Feigen als Marmelade, Likör oder getrocknet; Pilze; Kartoffelgnocchi; Meeresfrüchte in allen erdenklichen Zubereitungsarten; Mandelgebäck; Peccorino- und Caciocavallo-Käse mit Peperoncino; Feigensalami.
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