Er ist am Ende der Leiter angekommen und versucht verzweifelt auf dilettantische Weise aus der DDR in den goldenen Westen zu flüchten. Er wird geschnappt, begeht in der U-Haft mit drei Leidensgenossen eine Geiselnahme mit Todesfolge und landet dafür lebenslänglich in Bautzen II., dem anrüchigen Stasiknast. Dort verlebt er die ersten fünf Jahre in Einzelhaft. Eine schreckliche, stumpfsinnige und gemeine Zeit, die man keinem Menschen gönnen möchte. Stupide und debile Wärter, sadistische Ärzte und bösartige Stasiknechte.
Nach endlosen Jahren der Pein kommt er endlich mit zwei weiteren Gefangenen zusammen. Einem sadistischen Kindermörder und einem Ex-Stasimann, der wegen Vergewaltigung einsitzt. Doch er muss bis 1991 auf seine Entlassung aus dem Strafvollzug warten.
Baganz schildert sehr anrührend die bittere Knastzeit. Seine Mitteilungen zum Alltag eines Gefangenen und der Not des auf sich selbst gestellten Erdenwurms sind lesenswerte Chroniken des Schreckens.
Leider hat er in die Aufarbeitung seines Leids eine Nebenhandlung eingebaut, die nicht funktioniert – ja dem Buch seine Spannung nimmt. Die Sicht seiner Mutter auf das Geschehen, die doch letztlich nicht erhellt, sondern verwässert. Auch die Gründe für die Verweigerung der Amnestie nach der Wende 1989 ließ er im Dunklen. Wurde er rehabilitiert? Wie lässt sich das Geschehen nach bundesdeutschem Recht einordnen? Wie kam die Geisel wirklich zu Tode?
Nichtsdestotrotz ein ergreifendes Knast-Schicksal eines armen Würmchens im Strudel der Widerwärtigkeit.
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André Baganz: Endstation Bautzen II, 328 Seiten, Mitteldeutscher Verlag, 2010, 16,90 Euro