Berlin, Deutschland (Weltexpress). Ein fulminantes Zauberwerk hat die Russlandhistorikerin Catherine Merridale mit „Lenins Zug“ in den deutschen Büchersommer geschleudert. Mit viel Witz und großer Kenntnis der historischen Zusammenhänge, packt sie uns in die lange Reise des russischen Revolutionärs und seiner Kollegen. Von Zürich geht es nach Petersburg. Zwischendrin werden ordentlich Ränke geschmiedet und Zukunftspläne für den künftigen Massenmord in Russland erstellt. Lenin ist ein skrupelloser Hardliner und gegen jede Koalition mit bürgerlichen oder sozialdemokratischen Kräften. Er will die Diktatur des Proletariats (und ein wenig die Bauern ranlassen, denn Russland ist 1917 Bauernland). Wem das nicht passt, der springt über die Klinge! Bezahlt und organisiert hat die Reise der deutsche Geheimdienst. Wir befinden uns im 1. Weltkrieg, alles was Deutschlands Feinde schwächt ist gut – eine fette Revolution um Chaos zu stiften kommt da gerade recht, um einen der deutschen Hauptfeinde in die Knie zu zwingen. Merridale erzählt vom Gewerke hinter den Kulissen und erklärt die deutsche, englische und französische Haltung. „Agenten in teuren Hotels, Diplomaten auf glattem Parkett, debattierende Exil-Revolutionäre in verrauchten Cafés – und draußen auf den Straßen St. Petersburgs marschieren die streikenden Fabrikarbeiter.“
Wie und ob der Plan der Deutschen aufging, erfahrt ihr in Lenins Zug auf originelle Weise. Ein Buch ohne Gnade, fesselnd bis zur letzten Seite!
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Catherine Merridale, Lenins Zug, Die Reise in die Revolution, 384 Seiten, aus dem Englischen von Bernd Rullkötter, Hardcover, S. Fishcer Verlag, Frankfurt 2017, ISBN: 3-10-002274-5, Preise: 25,00 EUR (D), 25,70 EUR (A)