Nadine, Glückwunsch zum Sieg und vor allem auch zu einer überragenden Leistung, mit der du dem Spiel deinen Stempel aufgedrückt hast.
Nadine Keßler: Danke. Das war heute schon was besonderes. Wenn du raus kommst auf den Platz und von Beginn an die Unterstützung von fast 8000 Zuschauern spürst, die über die gesamte Zeit so toll mitgehen, musst du einfach voll da sein. Das war nicht nur ich heute, sondern die ganze Mannschaft.
Wie groß war der Schreck bei Barcas Pfostentreffer beim Stand von 0:0 im ersten Durchgang?
Keßler: Da hatten wir wirklich das Glück mal auf unserer Seite. Wir hatten immerhin vorher schon ein paar Chancen, die wir nicht konsequent genug genutzt haben. Und dann trifft plötzlich der Gegner mit dem ersten gefährlichen Vorstoß. Wenn du dann gegen eine so tief stehende Mannschaft einem Rückstand hinterher läufst, entwickelt sich natürlich ein ganz anderes Spiel. Vor allem im Hinblick, dass Auswärtstore doppelt zählen. Wir haben in dieser Situation wirklich Glück gehabt und es ist Gott sei Dank alles gut gegangen.
Du hast gerade die wieder einmal nicht genutzten Chancen angesprochen…
Keßler: In der ersten halben Stunde hatten wir drei bis vier Hochkaräter. Mein Kopfball geht an den Pfosten, zwei mal verziehen wir nur knapp. Da müssen wir einfach besser werden. Aber vielleicht ist das auch das Quentchen Glück, das uns aktuell fehlt. Wir wissen, dass wir uns das erarbeiten müssen, um ähnlich wie letztes Jahr ins Rollen zu kommen. Aber nach dem Spiel heute und der daraus resultierenden positiven Nachwirkung bin ich diesbezüglich guter Dinge.
Gerade auch für die Liga?
Keßler: Genau, da haben wir in den letzten Wochen öfter was liegen lassen. Deshalb sind wir immer sehr erleichtert, sobald das erste Tor für uns fällt. (lacht)
Im letzten Bundsligaspiel habt ihr gegen Jena 3:0 in Führung gelegen, am Ende hieß es 3:2. Auch in München lief es beim 1:3 nicht wirklich gut für euch. Ist die Einstellung eine andere, wenn es um die Champions-League geht?
Keßler: Nein, das glaube ich nicht. Wir haben gegen Jena einfach dumme Fehler gemacht, obwohl auch da unsere Einstellung gestimmt hat. Da waren wir genauso heiß wie heute gegen Barcelona. In München ist vieles falsch gelaufen, das ist uns allen klar. Da haben wir auch ausführlich drüber gesprochen. Natürlich ist die Champions-League etwas besonderes, aber die Einstellung ist bei jeder Spielerin immer absolut professionell. Jede hat mal einen guten, mal einen schlechten Tag, unabhängig vom Wettbewerb. Heute hatten wir geschlossen als Mannschaft einen sehr guten tag. Das war verdammt wichtig.
Wie gefährlich kann es jetzt noch werden im Rückspiel am Sonntag in Barcelona?
Keßler: Es kann immer gefährlich werden. Ich finde, wir waren heute speziell in den Zweikämpfen unglaublich präsent, waren immer mit drei, vier Spielerinnen ganz nah am Ball. Nur mit dieser konsequenten Präsenz konnten wir dem Spiel unseren eigenen Stempel aufrücken und den deutlichen Sieg einfahren. Eine solche Leistung müssen wir im Rückspiel erneut an den Tag legen, dann sieht das sehr gut aus fürs Halbfinale.
Barcelona hatte aber offensiv auch nicht wirklich viel zu bieten.
Keßler: Das hat mich schon etwas überrascht. Wir hatten ja im Sommer den Test in Calais, bei dem das Spiel streckenweise viel ausgeglichener war. Da zeigte Barcelona im Offensivbereich einige Stafetten, die uns ganz schön was abverlangten. Ich meine, wir hatten heute gefühlte 80 Prozent Ballbesitz. Das Barcelona heute so wenig Akzente setzen konnte, sollten wir als Team auch als Kompliment für unsere eigene Leistung sehen.
Ein Abend wie heute gibt also Auftrieb für die nächsten Aufgaben?
Keßler: Auf jeden Fall. International so deutlich zu gewinnen und auch 90 Minuten derart souverän zu spielen, das ist schon ein besonderes Gefühl. Und dazu noch die Null zu halten, ist verdammt wichtig für die kommenden Spiele. Ich denke, unsere Tendenz, auch mit den drei letzten Ligaspielen, zeigt absolut nach oben. Da wollen wir anknüpfen und weitermachen.
Wenn am Sonntag in Barcelona nichts anbrennt, wartet im Halbfinale, nach Lage der Dinge, Turbine Potsdam. Dieses mögliche Duell wäre von der Brisanz und vom Leistungsstand her doch eher eine Finalpaarung gewesen, oder?
Keßler: Klar. Es wäre ganz klar ein Duell mit hoher Brisanz und großer Klasse. Allerdings sind auch noch andere gute Mannschaften im Wettbewerb. Wir müssen erstmal das Rückspiel erfolgreich gestalten. Ich habe mich noch nicht so richtig damit beschäftigt. Ganz klar, ein deutsch-deutsches Finale wäre die wünschenswertere Variante gewesen.