Zur Spielwahrnehmung fügte der Cheftrainer des EHC Eisbären hinzu, seine Mannschaft habe zu lax und unkonzentriert begonnen und die Gegentore hergeschenkt… Und so verlor der Serienmeister und Titelverteidiger Berlin am Freitagabend vor 14 100 Fans gegen den DEL-Hinterbänkler und Tabellen-Zehnten Krefeld. Verschenkte zwei Punkte und die Möglichkeit, Spitzenreiter Köln ganz dicht auf den Pelz zu rücken.
Der US-Amerikaner Jackson war so frustriert, dass er dann sogleich zu einem kleinen Exkurs über eines seiner Lieblings-Themen ausholte – dem Verhältnis von Arbeitsethik und Talent bei hochbezahlten Eis-Profis.
Ja, die Jungens seines Kaders hätten „viel Talent“, aber „Talent ist völlig unwichtig, wenn man nicht bereit ist, zugleich auch hart zu arbeiten.“ Anders gesagt: Ohne harte Arbeit bist du im Sport der Verlierer!
Da hatte ein Mann gesprochen, der als eisenharter Verteidiger in der weltbesten Liga NHL viele Jahre und sehr erfolgreich – Gewinner des Stanley Cups – den Abräumer gegeben hatte. Den Mitspieler, der nicht durch Genius, sondern durch Einsatz und Arbeit wertvoll für das Kollektiv war.
Wen könnte Jackson speziell an diesem Abend gemeint haben? – Sicher nicht die deutschen Auswahlspieler Frank Hördler und Jens Baxmann, die gemeinsam mit Torhüter Rob Zepp die zweieinhalbwöchige DEL-Spielpause mit dem Deutschland Cup in München ausgefüllt hatten.
Auch nicht Spieler, die die zweiwöchige Pause des Mannschafts-Trainings mit individuellen Fitness-Programmen daheim verbracht haben.
Wohl aber Akteure aus nordamerikanischen Gefilden, die dem Vernehmen nach die Pause zu einer kleinen Sight-Seeing-Tour durch Old Europe genutzt haben. Rom, Paris, London mal entspannt genießen zu können – okay, das sei ihnen gegönnt. „Die Jungens haben ein paar interessante Tage und Erlebnisse gehabt, aber sie müssen begreifen, dass hier in ihrem Job harte Arbeit gefragt ist“, hat Jackson etwas frei übersetzt auf der Pressekonferenz moniert.
Damit dürfte er vor allem die NHL-Stars Claude Giroux, der nach einem Check gegen den Hals im letzten Drittel nicht mehr auflief, und Daniel Briere gemeint haben. Sie waren zusammen mit dem Unglücksraben Julian Talbot bei mindestens zwei Gegentreffern auf dem Eis. Nach dem 0:2 binnen 40 Sekunden hatten die wenig effektiven Eisbären-Angriffe mit Mühe das 3:2 erbracht. Dann unterlief Talbot der anfängerhafte Fehler, die Scheibe vor dem eigenen Kasten gegen den agilen Krefelder Boris Blank zu verlieren. 3:3 und dann wurde der als Zepp-Ersatz nicht überzeugende Eisbären-Goalie Sebastian Elwing Sekunden vor Ablauf der fünfminütigen Verlängerung bei einem zu kurz abgewehrten Schuß noch überwunden … ohne den Talbot-Lapsus und wohl auch mit Zepp im Gehäuse (Magen-Darm-Infekt) hätte es vermutlich keine Niederlage und keine Jackson-Grundsatzrede gegeben. Zur Leistung des gelernten Angreifers und wegen fehlender personeller Alternativen zum Verteidiger beorderten Talbot (warum nicht einer der jungen FASS-Talente?) meinte Jackson, jener habe durchaus die Voraussetzungen als Verteidiger, müsse aber lernen, wie man diese Position „richtig spielt“.
Der zweifache Torschütze des Meisters, Travis Mulock, machte aus seiner Enttäuschung keinen Hehl: Da fangen wir ganz schlecht an, kommen zurück und geben den Sieg noch aus der Hand, „weil sich unsere Verteidigung aufs Zuschauen beschränkt…“.
Talent ohne harte Arbeit wird halt auch im Eishockey kaum belohnt.
Man darf gespannt sein, ob sich alle Eisbären am Sonntag bei den Kölner Haien dem Appell ihres Trainers anschließen.