"Misurata ist frei, die Rebellen haben gewonnen", verkündete zwar noch vor kurzem ein Sprecher der Aufständischen. Doch die Rebellen eroberten weit weniger die Stadt, als erhofft. Die Gaddafi-Truppen seien auf der Flucht, hieß es zudem. Doch auch davon kann keine Rede sein. Im Gegenteil: Einige wenige gefangengenommene Soldaten berichteten, ihnen sei der Rückzug aus Misurata befohlen worden. Mit anderen Worten: Die libyische Armee zog sich aus der umkämpften Hafenstadt zurück.
Der amtierende Vizeaußenminister Khaled Qaim erklärt, die Regierungstruppen hätten die Kampfoperationen gegen Misurata ausgesetzt, "damit die Stämme eine friedliche Lösung des Konflikts finden können". 48 Stunden sollte den Stämmen Zeit gelassen werden. Zugleich würden Einheiten der Regierungstruppen in der Stadt bleiben, hieß es. Anderen Berichten zufolge, wie RIA Novosti meldet, erhielten die Truppen den Befehl, sich aus dem seit einigen Wochen umkämpften Raum von Misurata zurückzuziehen. Am Samstag teilte Qaim mit, die Truppen könnten ihre Operationen angesichts der dauernden Bombenangriffe der Fliegerkräfte der Koalition nicht ausführen.
Einwohner der Stadt berichten allerdings laut AP von einem weiteren Beschuss und von Explosionen im Osten und im Süden der Stadt, bei denen mindestens 24 Menschen ums Leben kamen und Dutzende weitere verletzt wurden. Bereits am Samstag sollen zwei Dutzend Menschen in Misurata getötet worden sein und, so berichten Ärzte aus der 200 Kilometer südlich der Hauptstadt Tripolis gelegene drittgrößte Stadt Libyens, zudem 75 verletzt worden.
Über 3 000 Menschen warten im Hafen von Misurata auf die Möglichkeit der Flucht mit Schiffen in den östlichen Teil Libyens, wo rund um die Rebellenhochburg Bengasi das Land unter Kontrolle der Aufständischen liegt.
Die NATO bzw. Koalitionskräfte unter Federführung der USA, Großbritannien und Frankreich ergreifen nach wie vor Partei und beschießt seit dem 19. März in Kooperation mit den Rebellen im Osten die Truppen der libyschen Regierung. Das Kommando der Operation wurde am 31. März in vollem Umfang an die Nato übergeben.
Mit Material von AP, dpa, Facebook, RIA Novosti und Twitter.