Wladzio Valentino Liberace, von seinen Fans Liberace und von seinen Freunden Lee genannt, war von den 50er bis 70ern der höchstbezahlte Entertainer in den USA. Zeitweilig berühmter und populärer als Elvis, kannte jeder den Pianisten, der sich stets extravagant und opulent inszenierte, am liebsten mit viel echtem Schmuck, noch mehr Straß und Pelz. Er hatte eine eigene Show in Vegas und eine im Fernsehen. Er war der erste, der direkt in die Kamera blickte und er war der Traum vieler Hausfrauen. Die, die behaupteten, er sei homosexuell verklagte er – erfolgreich.
Steven Soderbergh („Traffic“, „Ocean’s Eleven“) konnte für die Verfilmung von Scott Thornsons Buch „Behind the Candelabra – My life with Liberace“ („Das Leben hinter dem Kerzenleuchter – Mein Leben mit Liberace“) Michael Douglas für die Hauptrolle gewinnen. Eine beträchtlicher Coup, durchzieht doch eine sehr heterosexuelle Note die Rollenauswahl des Oscar Gewinners („Wall Street“, „Basic Instict“). Aber Douglas triumphiert in der Rolle des Liberace. Von dem Moment, in dem er das erste Mal auf der Leinwand zu sehen ist, vergisst man Michael Douglas den Schauspieler. Das gilt sogar für die Liebes- und Sexszenen. Uneitel, mit Hingabe und auch großem Respekt spielt er den alternden Superstar, der sich in den jungen, hübschen und bi-sexuellen Scott Thornson (Matt Damon) verliebt. Nie erliegt er der Versuchung ihn als Karikatur darzustellen, eine beträchtliche Leistung angesichts der Versuchung bei einer solch schillernden Persönlichkeit.
Ist Michael Douglas als Liberace ein glanzvoller Triumph, so ist Matt Damon als dessen Liebhaber fast noch beeindruckender, denn seine Rolle ist neben dem überlebensgroßen Liberace ungleich farbloser. Damon, dem zu Unrecht immer wieder vorgeworfen wird hölzern zu agieren, liefert hier eine nuancierte und zurückhaltende Darstellung ab. Als Liberace Thornson zu sich holt, gibt sich der naiv-weltfremde junge Mann begeistert dem Luxusleben hin. In Liberace findet er die Zuneigung, die ihm in der Kindheit verwehrt blieb. Aber er hat nicht die Persönlichkeit, um in Liberaces Welt bestehen zu können und gerät in einen Teufelskreis aus Diäten, Drogen und Schönheitsoperationen.
An Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll ist so vieles wundervoll. Das Soderbergh mit dem Budget für einen (teuren) Fernsehfilm im Grunde einen Kinofilm gedreht hat, dem man die schmale Geldbörse kaum ansieht, ist beachtlich. Kostüme, Set Design – alles ist stimmig. Auch hier wirkt nichts wie eine Karikatur, das Zeitkolorit ist perfekt. Die Schauspieler liefern Bestleistungen ihrer Karriere ab. Nicht nur Douglas und Damon wurden durch die risikoscheuen Hollywood Studios um sichere Oscar Nominierungen betrogen, auch Rob Lowe, als gelifteter Schönheitschirurg, hätte eine Nominierung in der Nebenrolle verdient. Wenn Lowe auf der Leinwand zu sehen ist, kommen einem die Tränen vor Lachen, so großartig spielt er den Mann, der sein Gesicht kaum mehr bewegen kann. Die größte Leistung des Filmteams ist jedoch, dass die warmherzige, großzügige Qualität Liberaces, für die er zeitlebens geliebt wurde, rüberkommt. Angesichts der Tatsache, dass der Film auf den Erinnerungen Thornstons basiert, ist das keine Selbstverständlichkeit.
Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll ist jetzt schon einer der besten Filme des Jahres. Glitzernd, bunt, warmherzig, witzig, berührend, traurig und mit grandiosen Darstellungen von Douglas, Damon und Lowe. Vielleicht mit knapp zwei Stunden ein bisschen lang, aber so viel Opulenz ist man halt einfach nicht mehr gewohnt. Trotzdem: zu viel des Guten ist genau richtig hier!
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Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll (USA, 2013); Originaltitel: Behind the Candelabra; Filmlänge: 119 min; Regisseur: Steven Soderbergh; Schauspieler: Michael Douglas, Matt Damon, Rob Lowe, Scott Bakula, Dan Akroyd, Debbie Reynolds; u.a.; FSK: ab 12 Jahren; Kinostart: 03. Oktober 2013 (Deutschland).