Der 19jährige Masai Olebala ist einer der wenigen in dem Dorf mit 120 Bewohnern, der englisch spricht. Jeder Besucher bezahlt 2000 kenianische Shilling (etwa 18 Euro), wird dann durch das Dorf gerührt, darf in die Masai-Häuser und kann überall Fotos machen. Alle diese Einnahmen, so erklärt Olebama, kommen dem gesamten Dorf zu Gute. Davon werden die Versorgung in einem nahen Hospital und eine Hebamme für die Geburtenhilfe bezahlt. Damit sind die Abweichungen von ihren althergebrachten Stammesregeln und Traditionen schon fast alle aufgezählt, zu denen auch ein Schulbesuch der Kinder ab acht Jahre und natürlich auch der Besuch vereinzelter Touristen gehören. Der dicht geflochtene Zaun um die Masai-Häuser im Dorf scheint sie immer noch vor sehr vielen Neuerungen der Zivilisation abzuschirmen.
Der Zaun umschließt in einem weiten Halbkreis die Häuser und es entsteht ein großer Dorfplatz. Hier wird zur Nacht der Reichtum der Dorfbewohner von den Weiden zusammen getrieben, ihre Kühe. Die vorhandenen Kälber sind neben dem kleinen Wohnraum unter dem Dach des Hauses untergebracht. Zunächst empfängt der Häuptling die Besucher. In einem Monat feiere er seinen hundertsten Geburtstag, berichtet Olebama und da gebe es im Dorf eine große Feier. Immerhin hat er sieben Frauen und 55 Kinder, da ist die Zahl der Gratulanten aus seiner Familie schon beträchtlich. Aus diesem Anlass wird es an diesem Feiertag für alle in Überfluss Fleisch geben und dazu traditionell Milch und Blut von Rindern. Olebama ist derzeit in der Altersgruppe, in der er sich auf das Erwachsen sein vorbereitet. Früher gehörte dazu eine Mutprobe, das Erlegen eines Löwen mit einem Speer. Auf die Frage, wann er seinen Löwen erlegen wird, lächelt er nur. Die Jagd im Naturpark ist streng verboten.
Allerdings noch heute tragen die Masai ihre traditionelle grellrote Kleidung. Sie hatte in früheren Zeiten die Funktion, bei der Jagd den wilden Tieren Angst zu machen. Einige junge Burschen aus dem Dorf, gekleidet in ihre roten Gewänder, kommen auf den Dorfplatz. Sie zeigen ein altes Ritual, jeder von ihnen tanzt abwechselnd auf der Stelle und springt dann in die Höhe. Sie geben sich dabei sichtliche Mühe, denn, so erklärt Olebama, wer am höchsten springt, der hat gute Chancen, das schönste Mädchen des Dorfes zu erobern. Allerdings unterwerfen sich bei der Brautsuche noch heute alle jungen Leute, die im Dorf leben, uralten Ritualen. Die Eltern des jungen Mannes bestimmen zusammen mit den Eltern der jungen Frauen, welche Braut heimgeführt wird.
Ist die Entscheidung gefallen, bringt der Bräutigam mindestens ein Tier in die Ehe ein und die Braut ist verpflichtet, ein Masai-Haus für die Familie zu bauen. Die Materialien sind traditionell drei Sorten von Gras, Kuhdung und Olivenholz. Außerdem ist fest vorgeschrieben, dass der Mann die Tiere hütet und die Frau im Haus bei den Kindern bleibt. Familienplanung ist im Dorf der Masai unbekannt. Im Durchschnitt hat hier jede Familie acht Kinder. Die Dorfgemeinschaft gehört zu den sesshaft gewordenen Masai, andere führen auf stark geschrumpftem Weideland und in Reservaten mit wenig fruchtbaren Böden noch ein Nomadenleben. Sie haben hier vor dem Eingangs-Tor zum Paradies der Tierherden ihren Platz gefunden. Wer die Massai Mara besucht, sollte es nicht versäumen, auch den früheren Bewohnern der Savannen einen Besuch abzustatten.