Das “Aschenputtel-Syndrom”, unter welchem der Verbraucherjournalismus laut Teamkoordinatorin Julia Klöckner weiterhin leidet, schlug sich in der Stimmung nieder: “Wir müssen keinem 10.000 Euro aufzwingen, wenn er sie nicht will.”, so Verbraucherschutzbeauftragte Frau Dr. Barbara Brandstetter. Ob sie als Jurymitglied den mit 2.500 für den dritten, 5000 für den zweiten und besagten 10.000 Euro für den ersten Platz dotierten Preis des Markenverbandes im Jahr 2010 jemandem aufzwingen muss, hängt letztendlich von den Journalisten selbst ab. “ Krisen und Skandale sind leider häufig der einzige Grund, Verbraucherthemen publizistisch aufzugreifen.”, bedauert Frau Klöckner zu Recht. Dabei klagen Verbraucher zunehmend, auf dem sich ständig veränderndem Markt mit seinem ausufernden Angebot den Überblick zu verlieren. “Unabhängige, konstruktiv-kritische Beiträge” will Herr Christoph Kannengießer, Hauptgeschäftsführer des deutschen Markenverbandes, auszeichnen. Die erhofften “gut recherchierten, leicht verständlichen Informationen” im Verbraucherjournalismus zu finden, könnte sich schwierig gestalten. Zu oft changiert die Berichterstattung zwischen Schocknachrichten über schadstoffbelastete Produkte und Bankenskandale und dem beinahe als Fachblatt gehandelten Magazin der Stiftung Warentest.
“Finanzkrise – Erkenntnis- und Beratungschancen” lautet das Thema der erstmaligen Preisvergabe 2010. Spannend klingt dies nicht gerade – obwohl gerade die Wirtschaftskrise die Bevölkerung stärker verunsichert und beunruhigt als andere Verbraucherprobleme. Paradoxerweise ist es die Krise, welche den Verbraucherjournalismus aus der Krise führen könnte. Wirtschaftliche, politische und ökologische Krisen steigern das Bevölkerungsinteresse an Medieninformation. Schon das Wort `Krise’ zieht angeblich die Aufmerksamkeit der Leser auf sich, besonders in sogenannten `Krisenzeiten’. Die Artikelüberschrift wurde nicht ohne diesen Hintergedanken gewählt. Der Mangel an hochqualitativem Verbraucherjournalismus steht im Kontrast zu den umfassenden Studien und Berichterstattung von Firmen und Dienstleistungsunternehmen zu Bedürfnissen und Zufriedenheit der Kunden. Es ist nun an den Journalisten zu beweisen, dass der Themenkomplex `Verbraucherinteresse’ weder trockenes Fachsujet noch reißerische Skandalwälzerei sein muss. Verbraucherjournalismus und Leserinteresse bedingen einander, ohne fundierte Berichterstattung bleibt der Informationsbedarf unbefriedigt, ohne Leserschaft läuft die Reportage ins Leere. Zu ermitteln, ob das Desinteresse stärker auf der Leser oder der Reporterseite liegt, wäre wiederum Aufgabe einer Meinungsstudie. Denn – Schande über das eigene Haupt – dies ist der erste, persönliche verfasste Artikel zum Thema Verbraucherjournalismus. Im Nachrichtendschungel aus Klatsch, Politskandalen und Katastrophenmeldungen dürfen die den Alltag dominierenden Verbraucherthemen nicht untergehen. Alltagsdominierende Themen nicht nur für die Leser, sondern auch die Schreiber, die letztendlich auch Leser sind.
Verbraucherthemen sind so zahlreich, wie vielfältig. Welche Versicherung ist für wen die beste, welches Produkt genügt welchen Anforderungen, welches Medikament hilft wem? Reklamation, Umtausch, Rückerstattung und Schadenersatz – all die Probleme, mit denen man sich ungern, aber gezwungenermaßen herumschlägt, fallen unter Verbraucherschutz und die Berichterstattung darüber. Wie schlecht man selbst informiert ist, zeigte sich kürzlich, als man einen mangelhaften Elektroartikel ohne Kassenbeleg umtauschen wollte. Doch, das geht, mit Zeugen, Zahlungsnachweis auf dem Kontoauszug oder einfach der auf dem Artikel stehenden Produktnummer. Aus den Medien hat man den Hinweis allerdings nicht, sondern von einem Bekannten. Der mahnte auch an, sich einen Umtauschbeleg geben zulassen – zum Glück, denn das neue Gerät gab unter einschmeichelndem Schnurren ebenfalls schnell den Geist auf. Geld zurück, bitte. Ohne den Bekanntenratschlag hätte man sich von den unwilligen Verkäufern abwimmeln lassen. Vielleicht waren auch die Angestellten des bekannten Elektromarktes nicht ausreichend über die Rechte ihrer Kunden informiert. Von transparenter umfassender Berichterstattung im Verbraucherjournalismus profitiert jeder. Schneller, als man denkt, denn Verbraucherjournalismus schließt nicht nur Produkteinformationen, sondern auch Informationen über Dienstleistungsunternehmen. Um das schöne Wörtchen noch einmal zu bemühen: Stichwort S-Bahnkrise in Berlin. Im Dezember will die Bahn Stammkunden mit einem Monat kostenlosen Fahrens entschädigen. Allerdings nur Abonnenten – ein Hohn für all die Stammkunden, welche ihre Karten nicht im Abo erwerben können, Sozialhilfeempfänger beispielsweise. Gerecht wäre ein Monat ohne “Die Fahrscheine, bitte”. Dann muss auch der Straßenzeitungsverkäufer nicht mehr mit “Ich bin nicht von der BVG”¦” anfangen.
“Verbraucherjournalismus hat bisher ein Schattendasein geführt.”, bedauert Julia Klöckner bei der Konferenzeröffnung. Der Verbraucherpreis des Markenverbandes könnte dies ändern. Mit der Preisverleihung kommt der Berichterstattung über verbraucherrelevante Themen hoffentlich die Beachtung und Anerkennung zu, welche unabdingbar ist um der Falsch- und Mangelinformation der Kunden abzuhelfen. Die 10.000 Euro mögen ein zusätzlicher Anreiz sein. Da würde man selbst diesen Artikel gerne einreichen – wäre die Preisausschreibung nicht auf Printmedien beschränkt. In einer Zeit, in welcher der Onlinejournalismus ebenso relevant, wenn nicht bedeutender als Berichterstattung in Printmedien ist, eine nicht nachvollziehbare und ungerechte Einschränkung. Wenigstens bliebe mit dem Gewinnen anderer der Trost, dass sich im Feld des Printjournalismus etwas verändert hat.
Der Preis steht unter der Schirmherrschaft Prof. Dr. Roman Herzogs. Die Jurymitglieder sind Gerd Billen, Vorstand Verbraucherzentrale Bundesverband, Dr. Barbara Brandstetter, Journalistin und Teamkoordinatin Verbraucherfinanzen der Welt Gruppe, Prof. Christoph Fasel, Professor für Medien- und Kommunikationsmanagement an der Hochschule für Wirtschaft und Medien, Prof. Dr. Lucia Reisch, Professorin für Konsumverhalten und Verbraucherpolitik an der Copenhagen Business School; Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats für Verbraucher- und Ernährungspolitik beim BMELV und Vorsitzende der Verbraucherkommission Baden-Württemberg, Dr. Jörg Schillinger, Leiter Hauptabteilung Öffentlichkeitsarbeit, Dr. August Oetker KG, Prof. Dr. Siegfried Quandt, Präsident des Deutschen Fachjournalistenverbandes, Werner Zedler, Chefredakteur „Der gute Rat“