„Kap der Finsternis“ von Roger Smith im Tropen Verlag liegt vor Fred Vargas` „Der verbotene Ort“ vom Aufbau Verlag – Die beste Krimis des Jahres 2009 in der KrimiWelt – Bestenliste

Gratulation also für den Tropenverlag, der mit Roger Smith` „Kap der Finsternis“ den ersten Platz belegte und Gratulation auch dem Aufbauverlag, daß seine französische Autorin den ersten Platz knapp verfehlte und zufrieden auf dem zweiten ausruhen darf. Denn sicher hat sie die nächsten Krimis um ihren Kommissar schon in der Mache, der auf einmal sich als der Hauptkommissar herausstellt, während sich ihre Pariser Dreierbesetzung nicht mehr zu Wort meldet. Sie wissen nicht, wovon wir hier schreiben? Das liegt nur daran, daß Sie entweder Fred Vargas noch nicht gelesen haben oder zumindest zu wenig Bücher von ihr, die alle im Aufbau Verlag erschienen sind und ach lieferbar sind. Auch „Tokio im Jahr Null“ von David Peace bei Liebeskind hatten wir ausführlich in den vorherigen Monatslisten gewürdigt, die im Weltexpress noch abrufbar sind.

Deshalb kann eine Kommentierung an dieser Stelle auch kurz ausfallen. Wolf Haas, viele Monate unserer Favorit kommt ganz weit nach vorne auf den 4. Platz. Richtig so, wir können schon beim Erinnern von Szenen und der Sprache, in der diese geboten werden, vor uns hin lachen. Der Haas ist sowieso gut, aber dieses Buch ein echter Renner. Erschienen bei Hofmann & Campe, worüber sich Rowohlt, bei dem Haas zuvor veröffentlichte, sich wohl ärgern wird. Don Winslow führt gerade mit „Frankie Machine“ aus dem Suhrkamp Verlag die letzte Monatsbestenliste an. Friedrich Ani hat bei Zsolnay „Totsein verjährt nicht“ veröffentlicht. Ein starkes Buch, das einen manchmal frösteln läßt, wie einfach die Vorurteilsstrukturen in der Bevölkerung zur Stigmatisierung von Menschen, die einfach ein bißchen oder ein bißchen mehr anders sein, benutzt werden, um die Schuldigen nicht suchen zu müssen. Polonius Fischer, seines Zeichens Hauptkommissar bei der Münchner Mordkommission läßt das allerdings nicht zu und wir verfolgen Schritt für Schritt, wer es wirklich war, der die Achtjährige umgebracht hatte.

Auch Tanja French mit „Totengleich“ bei Scherz, hatten wir zugestimmt und über „Keiner rennt für immer“ von Richard Stark – ebenfalls bei Zsolnay erschienen, die damit zusammen mit Liebeskind die Verlage sind, die eine Doppelbenennung erhalten – hatten wir die Seiten gefüllt. Aber „Paris Trout“ von Pete Dexter bei Liebeskind ist irgendwie bei uns vorbeigerauscht. Sein 9. Platz heißt nun, das Buch doch noch zu lesen. Denn bei den fast 1000 Kriminalromanen pro Jahr, die in Deutschland erscheinen, ist das ein ganz vorzüglicher Platz. Der Krimi „Dunkle Schuld“ dagegen, mit dem die Liste abschließt, und der von James Sallis geschrieben bei Heyne veröffentlicht wurde, ist uns in der Gnadenlosigkeit und auch Absurdität des Daseins noch sehr gut in Erinnerung. Warten wir also, was Ende des Monats die Auswahl für den Februar bringt.

Lfd.

Nr.

Rang

Titel

1

1

Roger Smith: Kap der Finsternis

Aus dem Amerikanischen von Jürgen Bürger und Peter Torberg

Tropen, geb., 360 S., 21,90 €

Kapstadt: Entführung, Erpressung, Mord. Immer rasender dreht sich das Karussell der Gewalt. Die Welt fliegt ihnen um die Ohren: dem Ex-Knacki und Nachtwächter, dem flüchtigen Ami und seiner Familie, dem frömmelnden Killerbullen. Harte Schnitte. Scharfer Blick auf Südafrikas Metropole des Verbrechens und Austragungsort des WM-Halbfinales.

2

2

Fred Vargas: Der verbotene Ort

Aus dem Französischen von Waltraud Schwarze

Aufbau, geb., 426 S., 19,95 €

Paris/London/Kiseljevo: Der großartigste aller Vargas-Romane beginnt mit 17 Schuhen. Darin abgeschnittene Füße, die in den Londoner Friedhof Highgate wollen. Die Überreste eines in hunderte Stückchen zermatschten Mannes führen Kommissar Adamsberg an einen Geburtsort europäischer Gewalt zwischen historischer Wirklichkeit und Wahn.

3

3

David Peace: Tokio im Jahr Null

Aus dem Englischen von Peter Torberg

Liebeskind, geb., 416 S., 22,00 €

Tokio 1946: In den Trümmern der Stadt liegen zwischen Kriegsleichen die Opfer eines Frauenschänders. Erniedrigte Polizisten, demütigende Alliierte. Entmenschlichung? No, Menschenleben. Volume 1 von 3 schwarzen Gesängen aus Tokio. Erschütternd. Ein wahrer Fall. Große Literatur. Kein Spaß. Entspannung? Nicht mit Peace.

4

4

Wolf Haas: Der Brenner und der liebe Gott

Hoffmann und Campe, geb., 224 S., 18,99 €

Wien/Kitzbühel: Brenner hat den sechsten Krimi überlebt, nun also der siebte. Der Ex-Polizist und Ex-Detektiv ist Chauffeur und kriegt sein Mündelkind entführt. Vom lieben Gott vielleicht, zur Strafe für Mama Doktors Abtreibungsklinik. Simon sucht Helena – und findet Gott. Welch Wunder! Oh jaa. Haaaas!

5

5

Don Winslow: Frankie Machine

Aus dem Amerikanischen von Chris Hirte

Suhrkamp, TB, 366 S., 8,95 €

San Diego/Hawaii: Frankie ist der Sonnyboy vom Anglerladen und der Frieden stiftende Sheriff auf dem Touristenpier. Doch wer sich mit ihm anlegt, lernt ihn als Frankie Machine kennen. Als ausgebufften, kaltblütigen Killer. Ein flotter Ritt durch die West-Coast-Abteilung der amerikanischen Mafia. Winslows Landung in Germany.

6

6

Friedrich Ani: Totsein verjährt nicht

Zsolnay, geb., 288 S., 19,90 €

München: Seit sechs Jahren ist Scarlett verschwunden, ein Nachbarjunge als Mörder verurteilt. Ihre Leiche wurde nicht gefunden – und jetzt hat ein Schulfreund Scarlett auf dem Marienplatz gesehen. Polonius Fischer sucht die Verlorene. Ani ganz bitter: Deutschland, ein Fiasko. Nach einem realen Fall. Bayrische Brachialjustiz und frische Trauer.

7

7

Tana French: Totengleich

Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann

Scherz, geb., 780 S., 16,95 €

Dublin/Glenskehy: Detective Cassie Maddox schlüpft in die Rolle einer getöteten Frau, die ihr nicht nur gleicht, sondern auch den Namen trägt, unter dem Cassie Jahre zuvor als Undercover-Agentin niedergestochen wurde. Und gerät in eine Melange aus Kleinmädchenabenteuer und Außenseiterepos. Schön lang. Very Irish.

8

8

Richard Stark: Keiner rennt für immer

Aus dem Amerikanischen von Nikolaus Stingl

Zsolnay, PB, 288 S., 16,90 €

Massachusetts: Parker tötet einen verdrahteten Spitzel, das ist der Anfang. Beim Versuch, das Geld einer Bank zu rauben, verheddern sich Parker und Kumpel in den Ambitionen der beteiligten Amateure. So wird man nicht reich. Zum Schluss sind hunderttausend Dollar auf seinen Kopf gesetzt. Doch Parker kann man nicht schlagen. Soo gut!

9

9

Pete Dexter: Paris Trout

Aus dem Englischen von Jürgen Bürger

Liebeskind, geb., 416 S., 22,00 €

Cotton Point, Georgia: Paris Trout, Geschäftsmann und Kredithai, ist sein eigenes Gesetz. Das ihm erlaubt, zwei schwarze Frauen abzuknallen, seine Frau zu misshandeln, keine Steuern zu zahlen. Lakonischer Bericht von Trouts Herrschaft und Untergang, von Aufbegehren, Unterwerfung, Rassenwahn. Ein Meisterwerk, revidiert, vervollständigt, ungeheuer.

10

10

James Sallis: Dunkle Schuld

Aus dem Amerikanischen von Jürgen Bürger

Heyne, TB, 304 S., 8,95 €

Im Hinterwald des Südens: Turner, Ex-Cop, Ex-Sträfling, Ex-Therapeut, hat sich aus allem zurückgezogen. Bis der Ritualmord an einem Tramp alles wieder aufwühlt. Das verpfuschte eigene Leben kommt bei der Suche nach dem Täter wieder hoch: Rückzug impossible. Großartiger erster Band der Turner-Trilogie.

Die monatliche „Bestenliste“ wird normalerweise im Hörfunk immer am letzten Wochenende des Monats: Samstag 8.05 – 9.00 Uhr; Sonntag 15.05 – 16.00 Uhr in der „Literaturzeit“ des NordwestRadio vorgestellt. Aber zum Jahreswechsel wurde dies vorgezogen auf den 24. 12. 2009. Das Beste vom Besten: Immerhin erscheinen übers Jahr verteilt über 800 Kriminalromane auf Deutsch. An jedem letzten Samstag im Monat (diesmal als Weihnachtsgeschenk) geben 19 Literaturkritiker und Krimispezialisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Kriminalromane bekannt, die ihnen am besten gefallen haben. Sie halten nach dem literarisch interessanten, thematisch ausgefallenen, besonderen Kriminalroman Ausschau. Die besten Zehn werden mit Bibliographie und Kurzbeschreibung hier veröffentlicht.

Die Jury, die jetzt die Jahresbestenliste erstellte, setzt sich zusammen aus:

Tobias Gohlis, Hamburg, Kolumnist DIE ZEIT, Moderator und Jury-Sprecher der KrimiWelt Volker
Albers, Hamburg, Hamburger Abendblatt, Herausgeber „Schwarze Hefte“
Andreas Ammer, Berg, „Druckfrisch“, Dlf, BR
Sven Boedecker, Zürich, Sonntagszeitung
Kathrin Fischer, Frankfurt/Main, Hessischer Rundfunk
Fritz Göttler, München, Süddeutsche Zeitung
Michaela Grom, Heidelberg, SWR
Lore Kleinert, Bremen, Radio Bremen
Thomas Klingenmaier, Stuttgart, Stuttgarter Zeitung
Ekkehard Knörer, Berlin, Perlentaucher, Crime Corner
Kolja Mensing, Berlin, Tagesspiegel
Ulrich Noller, Köln, Deutsche Welle, WDR
Jan Christian Schmidt, Berlin, Kaliber 38
Jochen Schmidt, Düsseldorf, elder critic
Margarete v. Schwarzkopf, Köln, NDR
Ingeborg Sperl, Wien, Der Standard
Sylvia Staude, Frankfurt/M., Frankfurter Rundschau
Hendrik Werner, Bremen, DIE WELT
Thomas Wörtche, Berlin, Kolumnist Freitag, Plärrer

Alle weiteren plazierten Krimis entnehmen Sie bitte den Krimi-Besprechungen in den vormonatlichen Artikeln, die Sie unter Kultur.Bücher oder unter dem Autorennamen im Archiv finden. Dreimal darf ein Buch einen Platz bekommen, dann scheidet es aus und hat nur noch die Chance, in der Jahresbestenliste wieder aufzutauchen, die diesmal Ende Januar herauskommt. Was gerade geschehen ist.

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