Ganz Kanada steht im Frauenfußball Fieber
Kanadas Team schien die Weichen durch den Kopfball der erst 18-jährigen Kadeisha Buchanan im ersten Durchgang bereits auf Sieg gestellt zu haben, ehe die in Vancouver geborene Sydney Leroux zwölf Minuten vor Schluss doch noch den Ausgleich für die USA erzielen konnte. Damit blieben die Stars and Stripes auch im 30. Spiel gegen den Nachbarn aus dem Norden ungeschlagen. Die Serie hält nun schon seit 2001. Jetzt geht es nach dem Wunder von Winnipeg mit Olympiasieger USA gegen den amtierenden Europameister aus Deutschland. Die deutsche Nationalmannschaft befindet wie schon berichtet seit letzter Woche in Vancouver und bereitet sich intensiv vor.
Kanadas Head Coach Herdman benannte 22-köpfigen Kader für Vancouver
Die Begegnung mit dem Ausrichter der WM 2015 gilt für die deutsche Frauen-Nationalmannschaft als wichtiger Test gegen einen starken Gegner. Noch steht die Qualifikation der Neid Elf für das Turnier zwar aus. Die Länderspielreise soll allerdings wertvolle Hinweise hinsichtlich der Endrunde liefern. Kanadas Frauen-Nationalmannschaft hofft im Gegenzug beim Freundschaftsspiel einen Vorgeschmack zu bekommen, was sie in knapp einem Jahr gegen starke europäische Mannschaften erwarten wird. Für das Deutschland Spiel am Mittwoch (18. Juni 2014) im BC Place Stadium hat Head Coach John Herdman einen 22-Spielerinnen-Kader für die Westküsten Spiele präsentiert. Herdman äußerte bei der Vorstellung glasklar seine Ziele: "Wenn du eine FIFA Frauen-Weltmeisterschaft zu Hause gewinnen willst, wirst du Teams wie USA oder Deutschland schlagen müssen. Du wirst ihnen auf Ihrem Weg zum Finale irgendwo begegnen."
John Herdmans Änderungen gegenüber der Aufstellung von Winnipeg
"Je mehr wir über diese starken Teams wissen und lernen, über uns selbst im Spiel mit diesen Teams erfahren, wird es nur möglich sein, uns auf einem der Podiumsplätze in der Endrunde wiederzufinden." Die in Schweden spielenden Verteidigerinnen Emily Zurrer und Marie-Eve Nault werden wieder dabei sein. Überraschend ist, dass auch die beim FF USV Jena spielende Stürmerin Christina Julien nach einem Jahr Pause wieder dabei sein kann. Sie war am 3. Juni 2013 das letzte Mal gegen die USA aufgestellt worden. Ein Jahr ohne Berufung, dass war schon krass. Das letzte Spiel zwischen Kanada und Deutschland geschah während der EM-Vorbereitung 2013 in Paderborn. Deutschland gewann in der Benteler Arena mit 1:0. In der Gesamtbilanz hat der Olympiadritte von London 2012 die Nationalelf von Deutschland noch nie geschlagen. John Herdman: "Als wir in Deutschland gespielt haben, hatten wir einen experimentellen Kader dabei und probierten mit einer anderen Art Fußball zu spielen. Wir sind in diesem Jahr in der Entwicklung weiter und versuchen uns jetzt von Spiel zu Spiel so zu verbessern und näher an die Leistung heranzukommen, die wir zeigen müssen, wenn wir in der Weltmeisterschaft gut aussehen wollen."
Kanadischer Kader für das Spiel gegen Deutschland
Von den 22 Nationalspielerinnen spielen 14 Frauen in den oberen Ligen der USA, nur 4 Kanadierinnen sind an heimatliche kanadische Vereine gebunden. Die beiden reisefreudigen Veteraninnen, Zurrer und Nault, stehen in der schwedischen Damallsvenskan unter Vertrag. Die bei Jitex BK spielende Emily Zurrer machte anno 2010 einen Abstecher in die deutsche Frauen-Bundesliga und spielte bei der SG Essen-Schönebeck. Im Mai 2010 wurde von Essen bekannt gegeben, dass ihr Vertrag nicht verlängert würde, da sie aufgrund von Lehrgängen bei fast der Hälfte der Spiele gefehlt hätte. Sie kehrte daraufhin zu ihrem damaligen Heimatverein, den Vancouver Whitecaps FC, zurück.
Christina Julien (FF USV Jena) wieder im Herdman Kader dabei
Mittelfeldspielerin Desiree Scott, die seit Beginn der Saison 2013 in der neugegründeten National Women’s Soccer League (NWSL), der höchsten amerikanischen Profiliga im Frauenfußball, für den FC Kansas City spielte, wechselte im Januar 2014 nach Europa zum englischen Erstligisten Notts County – bis 2013 als Lincoln Ladies FC bekannt. Last not least ist erneut im Kader die Franko-Kanaderin Christina Julien, die am 30. Januar 2014 beim deutschen Bundesligisten FF USV Jena unterschrieb. Die Offensiv-Allrounderin gab am 23. Februar 2014 beim 4:1 über die TSG 1899 Hoffenheim ihr Bundesliga-Debüt für Jena. In ihrem sechsten Bundesligaspiel für den FF USV schoss sie ihre ersten beiden Tore beim 6:1 über die SGS Essen. Christina Julien ist ziemlich beliebt an der frankophonen Ostküste und wurde 2011 zu Ottawas Fußballspielerin des Jahres 2011 gewählt. In einem FIFA Promotion Film zur Weltmeisterschaft trat sie als ballverliebte Protagonistin auf.
GK- Karina LeBlanc | USA / Chicago Red Stars
GK- Erin McLeod | USA / Houston Dash
D- Kadeisha Buchanan | USA / Ottawa Fury FC
D- Robyn Gayle | USA / Washington Spirit
D- Carmelina Moscato | USA / Seattle Reign FC
D- Rebecca Quinn | USA / Duke University
D- Rhian Wilkinson | CAN / Comètes de Laval
D- Sura Yekka | CAN / Brams United
D- Emily Zurrer | SWE / Jitex BK
D- Marie-Eve Nault | SWE / KIF Örebro
M- Kaylyn Kyle | USA / Houston Dash
M- Diana Matheson | USA / Washington Spirit
M- Sophie Schmidt | USA / Sky Blue FC
M- Desiree Scott | ENG / Notts County Ladies FC
M- Jessie Fleming | CAN / London NorWest SC
M- Ashley Lawrence | USA / Ottawa Fury FC
M- Brittany Baxter | USA / Seattle Sounders Women
F- Jonelle Filigno | USA Sky Blue FC
F- Adriana Leon | USA / Chicago Red Stars
F- Christine Sinclair | USA / Portland Thorns FC
F- Josée Belanger | CAN / Comètes de Laval
F- Christina Julien | GER / FF USV Jena
GK = Goal-Keeper = Tor, D = Defensive = Verteidigung, M = Middlefield = Mittelfeld, F = Forwarder = Sturm
Die Zeitverschiebung mit Jetlag war nach ein Paar Tagen überwunden
"Der offizielle Slogan der kommenden FIFA WM 2015 ist ein wichtiger Teil der Identität eines FIFA-Wettbewerbs. EIN GROSSES ZIEL VOR AUGEN veranschaulicht, was die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft erreichen und als Vermächtnis hinterlassen kann, nicht nur in Kanada, sondern allgemein für die Entwicklung des Frauenfussballs weltweit", sagte Tatjana Haenni, Stellvertretende Direktorin der Division Wettbewerbe und Leiterin der Abteilung Frauenwettbewerbe der FIFA. Der deutsche Reisekader hatte aufgrund der Zeitverschiebung bedingt durch den Jetlag ein paar Tage gebraucht, bis jede einzelne Spielerin wieder normales Leistungsniveau zeigen konnte. "Das ist zwar nichts Neues – allerdings ist es etwas anderes, wenn die Spielerinnen es vor Ort am eigenen Leib erfahren. Und natürlich war ein wichtiger Aspekt, auf Kunstrasen zu trainieren und zu spielen," erklärte DFB-Team-Chefin Doris Fitschen.
Fitschen begleitet die deutsche Auswahl und rechtfertigte den Aufwand der Reise, unabhängig davon, wie das Spiel ausgehen wird.
"Es war genau die richtige Entscheidung, ein Jahr vor der WM in dem Ausrichterland Atmosphäre zu schnuppern. Wir haben hier die Möglichkeit in einem der sechs WM-Stadien zu spielen. Im nächsten Jahr ist die Situation ja ähnlich, wir werden auch schon kurz nach dem Ende der Bundesligasaison anreisen." Schon im August 2014 wird in Kanada die U-20-WM starten, an der auch das Team von Maren Meinert teilnimmt. Gegenüber DFB-Redakteurin Annette Seitz äußerte Fitschen großen Respekt gegenüber Kanada als schon qualifizierten Ausrichter. Fitschen: "Kanada hat sich für die WM-Vorbereitung starke Gegner ausgesucht. Die Kanadier haben sich sehr viel vorgenommen für die WM, in John Herdman einen ambitionierten Trainer, der klare Ziele formuliert, nämlich bei der Heim-WM den Titel zu holen. Für uns ist das Spiel gegen Kanada ein sehr guter Test."
Angerers Schalk: "Wer verliert muss die nächsten Wochen in Portland leiden"
Nadine Angerer, Weltfußballerin des Jahres 2013, verriet bei ihrer Ankunft mit ihrem PKW aus den USA im Team Hotel in Vancouver dass sie sich bei den Portland Thorns mit ihrer dortigen Mitspielerin Christine Sinclair, dem Star der kanadischen Mannschaft, sehr gut verstehen würde. Nadine Angerer bemerkte verschmitzt im Interview mit Annette Seitz: "Christine und ich sind gut befreundet. Und wir wollen beide nicht verlieren, denn eines ist klar: Wer verliert, muss die nächsten Wochen in Portland leiden." Bundestrainer Silvia Neid bemerkte respektvoll. „Kanada ist eine unheimlich zweikampfstarke Mannschaft, die sehr variabel im Spiel nach vorne auftritt und dabei immer wieder Positionswechsel vollzieht. Zudem haben sie mit Christine Sinclair eine extrem starke Angreiferin in ihrem Team. Für uns ist das ein guter Test, weil wir in allen Mannschaftsteilen gefordert werden.” Kanadas Fußballstar Christine Sinclair freut sich auf das Zusammentreffen „Ich bin aufgeregt. Deutschland ist einer der WM-Favoriten und es ist gut zu sehen, wo wir derzeit stehen.“
Auf alle Fälle erwartet die deutsche Mannschaft am Donnerstagmorgen deutscher Zeit "Großes Kino" im BC Place Stadium
Die Kanadier sind sehr engagiert und haben Erfahrung mit der Organisation von großen Sportevents. Die Menschen besonders in British Columbia an der pazifischen Westküste sind sehr sportbegeistert. Bundestrainerin Silvia Neid und ihre Auswahl wurden sehr offen und freundlich empfangen. Beobachter vor Ort berichten, dass heute ein Jahr vor der Turnierbeginn in ganz Kanada zu spüren sei, dass dort nächstes Jahr die Frauen-Weltmeisterschaft stattfinden wird. Eine TV-Liveübertragung wird es im deutschen Fernsehen nicht geben. Dankenswerterweise hat DFB-TV allerdings eine Highlight-Zusammenfassung angekündigt. Der kanadische Fußballverband plant ebenfalls, eine Zusammenfassung auf Youtube online zu stellen. In Kanada selbst wird die Partie von dem Sender Sportsnet One live ausgestrahlt.
Quellen: DFB, CSA, FIFA, Wikipedia