J.R. Moehringer erzählt in seinem neuen Roman die Geschichte des beliebtesten Bankräubers aller Zeiten, Willie Sutton. Zu Weihnachten 1969 wird in New York ein Mann aus dem Gefängnis entlassen, nach 17 Jahren. Er gewährt nur einem Reporter ein Interview, es soll sich über Stunden hinziehen und nichts wirklich klären. Mit einem bekifften Fotografen am Steuer fahren die drei alle Orte des bewegten Räuberlebens ab, kreuz und quer durch die verschneite, schlafende Stadt, vom irischen Viertel in Brooklyn bis zur Lazarett-Insel vor der Freiheitsstatue. Es gibt die bösen Brüder, die Freunde, die erste Liebe. Pech und Lebenslust, Lektüren und coole Sprüche. Dies ist ein Roman, dem seine Verfilmung bereits innewohnt, mit den beschlagenen Scheiben und dicken Tabak-Haschichqualm tauchen unbeschwert ganze Filme vor dem Leser auf. Wir waten hier mit Willie durch Scheiße, begehen dort mit ihm einen Gentlemen-Bruch in Uniform. Der Geliebten quillt ein Auge auf, jemand begeht einen Verrat und am Ende stimmt wenig. Der Autor J.R. Moehringer legt nach „Tender Bar“ (auf Deutsch 2007) seinen zweiten fetten Roman vor, da steckt Potential drin!
Fazit: mitreißende Gangsterbiografie, phantasievoll ergänzte US-amerikanische Geschichtsstunde und Liebesgeschichte in einem!
J.R. Moehringer, Knapp am Herzen vorbei, Roman, 444 Seiten, aus dem Amerikanischen von Brigitte Jakobeit, S. Fischer Verlag, Februar 2013, 19,99 €