Im Mittelpunkt steht immer der See – Bregenzer Festspiele starten am 18. Juli mit einer Welturaufführung

Eine neue Ära begann, als Alfred Wopmann 1983 die Leitung der Festspiele übernahm. Er erkannte, dass ein Zusammenspiel der Gegensätze die Bregenzer Festspielen zu einem Unikat machten. Die Kombination Seebühne und Festspielhaus, inmitten einem großartigen Naturambiente von See und Bergen, war zumindest in Mitteleuropa nicht zu überbieten. Sein Konzept, das bis heute auch sein Nachfolger David Poutney beibehalten hat, lautete: Opernraritäten im Festspielhaus und populäres Musiktheater auf der Seebühne. Doch Mittelpunkt ist immer der See; Wasser ist eine eigenständige Kraft, ein Element des Spirituellen, eine Spiegelfläche, die alles was auf ihr geschieht, testet. Die äußere Natur fordert die innere Natur, daher braucht Bregenz Künstler, die diese Natur akzeptieren und verstehen. Wer nur kommt, um sich selbst zu produzieren, der wird den Anforderungen nicht standhalten, wer sich Kraft seiner Berühmtheit vor das Kunstwerk stellen will, wird unglaubwürdig, denn  PR-Kunst gibt es in Bregenz nicht.

Ab Sommer 2004 leitet der englische Regisseur David Pountney als Intendant die Bregenzer Festspiele. Pountney war in der Ära Wopmann für vier Inszenierungen verantwortlich und hat viel zum großen Erfolg der letzten Jahrzehnte beigetragen. Zusammen mit dem genialen Bühnenbildner Stefanos Lazaridis sowie dem Dirigenten Ulf Schirmer, der quasi zum Hausdirigent in Bregenz geworden ist, bleiben seine Inszenierungen Highlights in der Festival-Geschichte. Alfred Wopmann und auch David Pountney orientierten sich immer an den Freichlichttheatern der Griechen und Römer, deren Ziel es war, durch die Wiederspiegelung menschlicher Konflikte eine Bewusstseinserweiterung beim Zuschauer zu bewirken. Das Theater im Freien ist die älteste Theaterform der Menschheit und auch heute wieder hochaktuell. Bregenz produziert kein Tourismustheater, wie von Neidern manchmal behauptet wird, sondern höchste Priorität ist, dass ein ’Funke der Kunst` auf das Publikum überspringt, der den Zuschauer in seiner aktuellen persönlichen Lebenssituation berühren kann. Die Kunst hat die Aufgabe utopische Bilder zu produzieren, Auswege aufzudecken, politische Situationen zu hinterfragen, und das kann man heuer wieder eindrucksvoll mit der Revolutionsoper ’André Chénier` von Umberto Giordano erleben, die nach der erfolgreichen Premiere im letzten Jahr, diesen Sommer erneut auf dem Programm steht.

Ohne Zweifel ist ’André Chénier`, mit seiner Musik voller Leidenschaft, Dramatik und Gefühl, das richtige Werk für die Seebühne. Giordanos Oper ist ganz großes Theater, mit einer wunderbar ausdrucksstarken Partitur und einem exzellenten Libretto, das in dem grandiosen Bühnenbild der Bregenzer Naturkulisse eine noch intensivere Überhöhung erreichen kann, als es in einem ’Guckkasten`-Theater möglich wäre. Mit Keith Warner hat man einen der aktuell begabtesten Regisseure nach Bregenz geholt, und mit Ulf Schirmer am Pult der Wiener Symphoniker steht ein weiterer Garant für einen großartigen Opernabend zur Verfügung.

Im Festspielhaus wird diesen Sommer eine Uraufführung zu erleben sein: ’Solaris`, eine Oper in deutscher Sprache mit Musik von Detlev Glanert, Libretto von Reinhard Palm, nach dem gleichnamigen Roman des Sience-Fiction Romans von StanisÅ‚aw Lem aus dem Jahr 1961. Doch auch Kammeropern, Orchesterkonzerte und Theateraufführungen ergänzen das umfangreiche Programm am Bodensee. Premiere ist am 18. Juli mit der Uraufführung ’Solaris`, danach folgt am nächsten Tag ’André Chénier, dieses Werk wird bis zum 18. August 22 Mal auf dem Programm stehen. Im nächsten Jahr verabschiedet sich Intendant David Pountney mit einer Inszenierung von Mozarts ’Zauberflöte` aus Bregenz. Nach 30 Jahren kontinuierlichen Erfolgen bleibt nur zu hoffen, dass sich eine neue Intendanz den Besonderheiten der Festspiele auf dem See auch weiterhin verpflichtet fühlen wird.

http://www.bregenzerfestspiele.com/de

Vorheriger ArtikelBest Wellness Hotels Austria
Nächster ArtikelCapri, Insel der Glücklichen? – Wo ein Kaiser es elf Jahre aushielt, soll es einem Urlauber einen Tag gefallen – Serie: Neapel und die Inseln Capri, Ischia und Procida (Teil 2/4)