Olympische Medaillen kann man nicht planen. Aber den Weg dahin systematisch und langfristig vorbereiten – nach diesem Prinzip verfährt zumindest seit dem Mauerfall der Olympiastützpunkt (OSP) Berlin. Und hat sich unter den 19 Stützpunkten dieser Art in der föderalen Bundesrepublik fast immer als der erfolgreichste erwiesen.
Weil man u.a. dank des früheren Landes-Sportbund-Präsidenten Westberlins und späteren Deutschen Sportbund-Präsidenten, Manfred von Richthofen, und dessen Leistungssport-Direktor Armin Baumert das Sportforum Hohenschönhausen nicht platt gemacht hat. Sondern immer wieder saniert, modernisiert und ausgebaut. Und mit Dr. Jochen Zinner einen Ost-Sportwissenschaftler mit der Leitung beauftragte.
Der einstige Wasserballer Zinner hat den OSP zur unangefochtenen Nummer eins bei der Betreuung und Entwicklung von olympischen Medaillengewinnern aufgebaut. Und dabei u.a. die frühzeitige Formierung eines olympischen Kandidatenkreises betrieben. Der kommt dann in den Genuss von zusätzlicher Förderung, an der sich das Bundesinnenministerium, das Land Berlin, der Landessportbund sowie feste Sponsoren beteiligen. Mit der Zusatzkampagne „Zeit für Rio“ offeriert der Olympiastützpunkt Unternehmen und Privatpersonen weitere Möglichkeiten, speziell die Vorbereitung nun auf 20 16 zu unterstützen.
Zinner, mittlerweile mit einer Professur als Sportwissenschaftler versehen, hat sein OSP-Amt an einen Nachfolger aus Cottbus, Dr. Harry Bär, übergeben, der die erfolgreiche Tätigkeit fortführt. In Rio soll, so Bär, mit etwa 60 Athleten, davon 20 Sportler mit Handicap, vertreten sein. Das wären wie fast immer zehn Prozent der jeweiligen deutschen Olympiamannschaft.
Zu den aktuellen Olympiakandidaten der Hauptstadt zählt auch ein 19-jähriger Boxer. Abbas Barou startet im Weltergewicht (69 kg), war deutscher Jugendmeister und Dritter bei den Erwachsenen. Beim internationalen Chemie-Pokal der Amateure in Halle/S. unterstrich er mit Rang eins sein Talent. Dort hatte seinerzeit auch Henry Maske, später Weltmeister und Olympiasieger für die DDR bei den Amateuren und nach dem Mauerfall Profi-Weltmeister im Halbschwergewicht, seine glanzvolle Karriere eingeläutet. Barou kennt die Geschichte und hat Maske auch schon mal persönlich kennengelernt.
Wegen der besseren Trainingsbedingungen in Berlin unter der Regie von U 21-Auswahltrainer Ralf Dickert ist er vor kurzem von Oberhausen an die Spree gewechselt. Seine Mutter stammt aus Togo. Barou ist in Aalen geboren und dann mit neun Jahren von Togo mit der Familie nach Deutschland zurückgekehrt.
Begeistert fürs Boxen haben ihn vor allem die US-Ausnahmeprofis Roy Jones, Sugar Ray Leonard und auch Schwergewichtler Evander Holyfield. Womit deutlich sein dürfte, wohin seine Karriereträume zielen – irgendwann Profi werden!
Aber nicht heute und morgen: „Ich hoffe, ich schaffe es ins deutsche Olympiateam für 2016. Und wenn ich dann erfolgreich bin, kann man über den Schritt zu den Profis reden.“ Direkte Anfragen von Profiställen hat er angeblich noch nicht erhalten. Für seine Bodenhaftung spricht, dass er hier in Berlin das Fachabitur machen möchte. OSP-Laufbahnberaterin Conny Leukert: „Er will das unbedingt, weil das als Alternative zum Boxen die Chance zu einem Hochschulstudium öffnet. Wir werden ihm diese Möglichkeit schaffen.“
Von 85 Kämpfen hat er nur elf verloren. Bei den anstehenden Europameisterschaften soll es „möglichst Gold werden“. In der Bundesliga schwingt er für Hannover die Fäuste, was sicher auch ein paar Euro einbringen dürfte.
Von Geld hat Berlins Sportsenator Frank Henkel, befragt vom Moderator Karsten Holland, nicht gesprochen. Aber dass Berlin „Olympia kann“, wie er mit Bezug auf die Olympiabewerbung 2024 („oder auch 2028, wenn es davor nicht klappt“). Auf die allgemeine Skepsis bei Großprojekten in der sich oft großsprecherisch daher kommenden Metropole – siehe Flughafen BER – antwortete er mit einem Bonmot des Regierenden Bürgermeisters Wowereit: „Hamburg ist mit seiner Elb-Philharmonie ja nicht besser dran.“ Am 6. Dezember wollen die führenden Sportfunktionäre entscheiden, ob Berlin oder Hamburg die nationale Kandidatur für die Spiele 2024 vertreten sollen.
Dann gab es die Auszeichnung mit den Berliner Pilsner Nachwuchs-Preisen, dotiert mit je 1000 Euro, an vier talentierte Sportlerinnen und Sportler. Davon hatten einst auch die heutigen Stars Harting und Hausding profitiert.
Time to say good bye hieß es letztlich für: Eishockey-Nationalspielerin Susann Götz, Eiskunstläuferin Tanja Kolbe, Eisschnellläuferin Jenny Wolf und Kollege Robert Lehmann, Hockey-Nationalspielerin Barbara Vogel, Rennkanute Norman Bröckl, Ruderer Eric Knittel sowie Paralympics-Schwimmerin Kirsten Bruhn. Für sie hat der Leistungssport nun nicht mehr Priorität.