Griechen sparen – Patient Euro lebt weiter

Übertriebene Gerüchte über das Ende der EU

In der Europäischen Union kursieren zunehmend Wörter mit griechischer Herkunft: Tragödie, Krise, Apokalypse. Die Hauptfragen der wegen griechischen Odyssee entstandenen EU-Probleme lauten: Wird die Krise die Eurozone spalten? Wird es weiter den Euro geben? Soll man Anlagen in Euro behalten? Steht die EU am Abgrund?

In den Diskussionen um Griechenland vermischen sich so viele Emotionen, dass man fast denken könnte, es stünde eine Apokalypse bevor.

Man muss jedoch zugeben, dass die EU kaum zusammenbrechen wird. Die Gerüchte über einen Zerfall der europäischen Gemeinschaft sind stark übertrieben. In einem einheitlichen Europa gibt es selbstverständlich Mängel. Die Griechenland-Krise hat sie nur ans Licht gebracht.

Alle sind schuld

Das Problem besteht darin, dass Europa zwar die einheitlichen Markt und Währung, jedoch keine einheitliche Wirtschaftspolitik und Finanzdisziplin hat. Daran ist jedoch die EU-Kommission selbst schuld.

Bei der Geburt des Euro 1999 (der tatsächliche Umsatz ab 2002) haben nur fünf von elf Mitgliedern die Obergrenzen für ihre Haushaltsdefizite (nicht mehr als drei BIP-Prozent) beachtet. Später ignorierten fast alle EU-Mitglieder die gesetzlichen Einschränkungen.

Europa war bereits vor der Gründung der EU 1992 ein einheitlicher Markt. Die EU durchlebte mehrere Krisen und zeigte, dass sie ein sehr lebensfähiger Organismus ist. In der EU gibt es sehr feste Wirtschaftsverbindungen. Der Zerfall würde eine Katastrophe bedeuten und viel schlimmere Folgen als die Finanzkrise 2008 nach sich ziehen.

Selbstverständlich gibt die Krise in Griechenland Anlass zu großer Sorge. Doch es wird auch viel übertrieben. Erstens will es nicht die Eurozone verlassen. Die Regierung in Athen weiß genau, dass dies die griechische Wirtschaft für 25 bis 30 Jahre zurückwirft. Zudem sieht die EU-Gesetzgebung keinen Ausstieg aus der Eurozone vor. Die Rückkehr zur Draсhme würde keine Besserung bringen. Die Schulden bleiben ohnehin in Euro.

Vielleicht gibt es einen Ausweg für die Griechen. Immer mehr Wirtschaftsexperten stellen sich die Frage, wieso diese Möglichkeit nicht schon früher besprochen wurde. Die Griechen hätten sofort ihre Schulden umschichten müssen und das Verhältnis zwischen den  Staatsschulden (355 Milliarden Euro) und dem BIP hätte man auf 80 Prozent bringen müssen (heute sind das rund 160 Prozent). In diesem Fall wäre es viel einfacher gewesen, Griechenland zu helfen.

In der Tat sind die griechischen Schulden sehr schwer in den Griff zu kriegen. Die EU ist die Wirtschaft Nummer Eins in der Welt. Laut IWF-Angaben machte das BIP von 27 Mitgliedsländern im vergangenen Jahr rund 16,2 Billionen Dollar aus (das BIP der USA macht rund 14,6 Billionen Dollar aus). Für die EU ist der Abbau der griechischen Schulden eine durchaus lösbare Aufgabe.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy appellierte an die Privatbanken. Diese erklärten sich bereit, die griechischen Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 30 Jahren zu kaufen. Auf diese Weise bekommt Athen zusätzliches Geld, um die Schulden zu tilgen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat einen ähnlichen Aufruf an die deutschen Banken gerichtet.

Wie lange wird der Schwanz mit dem Hund wedeln?

Die Frage besteht darin, wie lange die jetzige Situation andauert. Sollen die Ersparnisse in Euro gehalten werden? In Europa sagt man in diesem Kontext: “Wie lange wird der Schwanz mit dem Hund wedeln?”

Der Euro ist nach wie vor stark. China hält einen großen Anteil seiner Währungsreserven in Euro.

Die Spareinlagen in Euro bei griechischen Banken sollten jedoch umgetauscht werden. Einige von ihnen stehen von großen Erschütterungen. Doch das ist Griechenlands Problem. Viele Griechen werden ihre Ersparnisse verlieren.

Griechenland ist jedoch kein führendes Mitglied der Eurozone. Die meisten Finanztransaktionen innerhalb der EU verlaufen zwischen Deutschland, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Italien und Spanien. Selbst wenn Griechenland aus der Eurozone aussteigt, wird es dank der Europäischen Zentralbank keine großen Probleme für die EU geben. Sie erwies sich zuverlässigerer als das Federal Reserve System der USA oder die Bank of England. Die Befürchtungen um die Zukunft des Euro sind also übertrieben.

Laut bösen Zungen sind für die Agonie Griechenlands die europäischen Banken verantwortlich, damit sie die Hilfspakete sich statt Griechenland bekommen können. Für den Bankensektor ist gesunder Egoismus eine typische Erscheinung.

Vorheriger ArtikelSchweiz sperrt Bankkonten syrischer Top-Politiker
Nächster ArtikelIhr WELTEXPRESS-Horoskop für die 27. Kalenderwoche vom 04. bis 11. Juli 2011