Das entscheidende 1:0 hatte Silvio bereits in der 10. Minute erzielt – lange nicht so spektakulär wie bei seinem ARD-Tor des Monats September. Diesmal war es lediglich ein Abstauber nach einer missglückten Abwehr des Cottbuser Torwarts Thorsten Kirschbaum. „Aber es ist egal“, wird der Schütze nach dem Spiel sage, „wichtig ist der Sieg.“ Recht hat er. Immerhin verbessert sich seine Mannschaft nach diesem letzten Spiel der Hinrunde mit 28 Punkten erst einmal auf den 7. Rang der Tabelle in der 2. Fußball-Bundesliga. Mit sechs Punkten Vorsprung vor Cottbus stehen die Unioner als bestes ostdeutsches Team da. Wer hätte das zu Beginn der Saison gedacht?
Allerdings kann 1860 München noch vorbeiziehen, vorausgesetzt sie gewinnen am Sonnabend in Aachen. An diesem Freitagabend indes feiern die Fans im Stadion an der Alten Försterei in Berlin-Köpenick. Und lassen vor allem ihren Torhüter Glinker hoch leben. Ihm ist es zum großen Teil zu verdanken, dass der Sieg gesichert wurde.
Die Cottbuser präsentierten sich erwartet kampfstark. So wie man es in dieser Spielzeit von ihnen auswärts gewohnt ist. In der Fremde scheinen sich die Kicker von Trainer Claus-Dieter Wollitz wohl zu fühlen. Allerdings zeigen sie zu Hause Schwächen. Da hatten sie in den vergangenen fünf Spielen nie gewonnen. An der Alten Försterei indes begann Energie enrgisch und setzten die Gastgeber in den ersten zehn Minuten gleich unter Druck. Für die Eisernen öffneten sich so aber auch Räume, die sie mit schnellen Kontern zu nutzen versuchten. Das Tor resultiert letztlich auch aus so einem Gegenangriff, der in einem Eckball mündete und zum Tor führte.
Kurz darauf scheiterte Christopher Quiring, der rechts durchgebrochen war, mit einem scharfen Schuss an Kirschbaum, der glänzend reagierte. Auch John Mosquera und Ede tauchten gefährlich vor dem Gehäuse der Gäste auf, verstolperten aber bzw. verzogen den Ball.
Dann war wieder Energie an der Reihe. Daniel Adlung scherte vor dem 16-Meter-Raum nach innen und zog scharf und gezielt ab. Die Kugel verfehlte äußerst knapp den Torwinkel.
Aber auch Unions Abräumer im Mittelfeld Markus Karl, gerade für den verletzten Patrick Kohlmann ins Spiel gekommen, hatte Pech mit seinem Kopfball, der dicht am Torwinkel auf der anderen Seite des Spielfeldes vorbeisegelte.
Dann war Pause. Während das Publikum sich an die Bratwurststände begab, trottete Energie-Coach Wollitz nachdenklich in die Kabine. Die ersten Minuten der zweiten Halbzeit ließen seinen Blutdruck erst einmal wieder Richtung Siedepunkt anschwellen. Denn in der 52. Minute, nach einem Gewühl in Torraum von Kirschbaum, trudelte der Ball unmittelbar links am Pfosten vorbei. Wenig später war es Quiring, der aus etwa 13 Metern den Ball von halblinks an die Latte jagte. Die Aluminiumrohre des Tores gerieten dermaßen in Schwingungen, dass ihr Summen das Raunen auf den Rängen übertönte. Es war übrigens der neute Ball, den Union in dieser Halbserie an Latte oder Pfosten setzte – Spitzenrang der Liga. Solche Rekorde wünscht sich niemand, nicht selten rächt sich das.
Auch in diesem Spiel hätte das der Fall sein können. Zum Beispiel in der 67. Minute. Da setzte Adlung seinerseits die Pille an die Latte über Glinker. Auch Rok Kronaveter und Dimitar Rangelow hatten dann noch die Chance zum Ausgleich. Aber mit tollen Paraden rette Glinker die dünne Führung.
Das erfahrene Publikum auf den Rängen spürte die Gefahr und trieb mit Dauergesang seine Mannschaft in den Kampf. Die knapp 2000 Fans aus dem Spreewald hatten kaum eine Chance, ihr Flehen nach einem Tor dem Energieteam zu übermitteln. Zu übermächtig war der eiserne Chor. Und irgendwie wuchs das Gefühl, dass heute Union einfach den Hauch stärker und glücklicher war als die Nachbarn aus der Lausitz. „Wir haben ein Problem Tore zu machen“, gestand nach dem Spiel Energietrainer Wollitz etwas zerknirscht. „Gegen ein Unentschieden hätte wohl kaum jemand etwas einzuwenden gehabt heute. Natürlich aus der Sicht von Union sieht das natürlich anders aus.“ Dagegen ist nichts zu sagen. Nur war heute eben mal Union dran, das Glück des Tüchtigen abzufassen.
Es waren wohl vor allem die guten Spiele der vergangenen Wochen, die den Balltretern aus der Wuhlheide die entsprechende Sicherheit gaben.
So sah das auch ihr Trainer Uwe Neuhaus: „Wir hatten ein enges Spiel erwartet, Cottbus hat uns alles abverlangt. Den Unterschied machten unsere Siege in den letzten Wochen. Dadurch hatten wir die nötige Ruhe und auch die Überzeugung, das Spiel über die Zeit zu bringen.“