Die beiden Alkoholpanscher von Antalya wurden wegen vorsätzlichen Totschlags zu je 16 Jahren und 8 Monate Haftstraßen verurteilt. Der Einkaufsmanager und Restaurantchef des Hotels wegen fahrlässigen Totschlags und Körperverletzung zu jeweils fünf Jahren verurteilt. Neun weitere Angeklagte wurden freigesprochen.
Illegal hergestellter Alkohol ist eines der Probleme im immer weiter ausgeweiteten türkischen All-Inclusive-Billig-Urlaub. Auch wenn die Behörden ihre Kontrollen verschärft haben, bleibt die Frage, wieso der Ausschank gepanschten Alkohols um sich greift? Im vergangenen Sommer starben drei russische Touristinnen in Bodrum, weil sie während einer Bootstour Vodka tranken, der ebenfalls mit Methylalkohol hergestellt wurde. Wieso also sind Hotelmanager, Restaurantbesitzer etc. bereit, das Risiko einzugehen, illegal Alkohol einzukaufen und auszuschenken und evtl. das Leben ihrer Gäste zu gefährden? Die Türkei hat die Besonderheit, dass die Alkoholsteuern von Jahr zu Jahr steigen, die Preise jedoch, die die Reiseagenturen pro Person an die Hotels zahlen, wiederum Jahr um Jahr weiter nach unten verhandelt werden. Manche Hotels sind inzwischen sogar bereit, die Hotelgäste umsonst aufzunehmen und sind schon zufrieden damit, wenn sie bei den sogenannten "Extras" wie Ausflugsfahrten, Wassersport, Sauna, Massagen oder Hamam Geld verdienen. Der Gast bucht "All Inclusive" und macht sich keine Gedanken darüber, wie sein Paketpreis zustande kommt. Je mächtiger so mancher Reiseveranstalter in den bestimmten Gebieten ist, umso abhängiger werden die Hotels von ihnen. So mussten Sparmaßnahmen gefunden werden. Man begann das Sparen beim Personal, beim Essen und eben auch beim Alkohol. Der Verkauf, bzw. Einkauf geschmuggelten Alkohols breitete sich aus, um auf diese Weise die hohe Besteuerung zu umgehen. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird auch da, wo nachweislich gepanschter Alkohol den Weg zum Gast gefunden hat, nicht wissentlich Gepanschtes eingekauft, sondern vermutlich kann der Einkäufer gepanschte Ware von geschmuggelter nicht mehr unterscheiden, so perfide und perfekt sind die Fälscher inzwischen geworden. Umso mehr ist zu hoffen, dass das Urteil von Antalya jene abschreckende Wirkung zeigt, die nötig ist. Schließlich waren die beiden verurteilten Alkoholpanscher bereits vorher aufgefallen, schrieben ihre Firma kurzerhand auf eine andere Person um und panschten munter weiter. Solche gewissenlosen Geschäftemacher sind es, die das Leben der Konsumenten und den Ruf der gesamten Branche gefährden. Die Behörden geben sich alle Mühe, illegal hergestellten Alkohol vom Markt zu nehmen, doch können sie nicht allgegenwärtig sein. Hier ist auch Eigenverantwortung gefragt.
Bleibt die Frage, ob nicht auch einmal darüber gesprochen werden muss, dass dieses "All-Inclusive-System" im Billigbereich nicht inzwischen schlichtweg untragbar geworden ist? Viele Hoteliers bestätigen das auf Nachfrage von WELTEXPRESS. Die Gäste verlassen während ihres Urlaubs kaum noch die Hotels und was das folgerichtig nicht nur für die Hotels sondern auch für den Handel bedeutet, kann man sich leicht denken. Die gesamte Urlaubskasse eines Touristen wird an den Veranstalter gezahlt, das Hotel erhält einen geringen Anteil und bei den lokalen Geschäftsleuten kommt nichts mehr an, weil diese Urlauber kein weiteres Geld mehr auszugeben bereit sind.
Was viele gar nicht wissen ist, dass "All Inclusive" eigentlich aus dem Luxusbereich stammt. Es war der ganz besondere Urlaub der Schönen und Reichen, die sich ihren Hummer und Champagner zu jeder Tages- und Nachtzeit auf ihr Zimmer, an den Strand oder wo auch imer servieren lassen konnten. Es war der Luxus schlechthin.
Nach und nach führte man dieses System in den Club-Hotels ein, wo es auch Sinn machte, wenn Familien mit Kindern zum Urlaub kamen. Jeder, der Kinder hat weiß, dass es bequemer und letztlich auch billiger ist, jedes Getränk, Sandwich oder Eis, das ein Kind jeden Tag während so eines Urlaubs verzehrt, sozusagen im voraus zu bezahlen und damit auch wenigstens im Urlaub sich mit keinem Gequängel auseinander setzen zu müssen. Ein weiterer Grund für einen All-Inclusive-Urlaub ist, wenn das Club-Hotel weit abseits liegt und es in der Nähe keine Infrastruktur gibt, die der Gast nutzen könnte.
Inzwischen ist dieses System dermaßen verbreitet, dass sogar kleinere Hotels, die in oder nahe Stadtzentren liegen, All-Inclusive anbieten, weil sie von so manchem Veranstalter dazu gedrängt werden. Es ist vermutlich eine der bedenklichsten Entwicklungen der Reiseindustrie, dass Hotels auf diese Weise praktisch zu billigen Abfütter- und Schlafanstalten verkommen sind. Viele ehemalige Hotelmanager und -Besitzer an der türkischen Südküste können ein Lied davon singen. Man braucht ja kein Einstein zu sein um sich ausrechnen zu können, dass das nicht gut gehen kann, wenn dem Hotel pro Gast und Tag 5 Euro und weniger gezahlt werden. Nebenkosten wie Strom, Personal, Lebensmittel und dann eben der Alkohol … in der Türkei kostet eine Flasche Bier bereits im Großhandel etwa zwischen 1 und 1.20 Euro. Es ist also schlichtweg unmöglich, bei einem All-Inclusive-System dem Gast ohne Begrenzung beispielsweise Bier zu servieren. Also bekommt er eventuell etwas, das wie Bier schmeckt… Hierüber muss sich auch der Kunde Gedanken machen, wenn er seinen nächsten Urlaub plant und Angebote für 250 Euro pro Woche annimmt. Laut Vural Öger (Interview zum Tod der Berufsschüler im STERN am 25.9.2009) beträgt der Erstellungspreis für einen 1-wöchigen Aufenthalt pro Person und je nach Saison zwischen 350-500 Euro, ohne Flug und Buchungskosten. Wenn also Angebote inkl. Flug und Aufenthalt für 250 Euro/pro Woche oder weniger angeboten werden, kann sich das einfach nicht rechnen.
Unter solchen Umständen sind die betroffenen Hotels kaum in der Lage, vernünftige Softdrinks zu servieren, geschweige denn, wenigstens mittelmäßige Quaität alkoholischer Getränke in diesen Mengen aufzubringen, wie die Gäste sie konsumieren wollen. Wer weiterhin die Fleischpreise in der Türkei kennt, muss auch darüber nachdenken, was er so manches Mal am Buffet vorfindet. Viele Hotels arbeiten an der untersten Grenze ihrer Leistungsfähig- und Wirtschaftlichkeit. Dagegen stehen jedoch inzwischen immer mehr Angebote im gehobenen Segment großer deutscher Reiseveranstalter sowie privat geführte Hotels, die sich aus diesem ganzen Wahnsinn ausgeklinkt und ihre Vermarktung selbst in die Hand genommen haben, wie wir vor Ort erfreulicherweise feststellen konnten. Sofern es die Lage ihres Hauses erlaubt, bieten sie oft nur noch die gute und altbewährte Halbpension an und sind damit glücklich, wie auch ihre Gäste, die dann auch schon mal eines der Restaurants in der Umgebung aufsuchen. Hier wie überall gilt: Die Nachfrage bestimmt das Angebot und wer auf der sicheren Seite sein will, bucht nicht Quantität sondern Qualität!