Zum Spielbericht: Vor 9.000 zahlenden Zuschauern legten die Füchse los wie immer: Sie spielten auf Sieg und offenbarten Schwächen in der Abwehr. Stefan Kneer kam völlig freistehend zum Wurf und traf aus halblinker Position (4.). Sven-Sören Christophersen erzielte eine halbe Minute später seinen ersten Treffer. Dann zeigte sich ein starkes Plus der Füchse: der erste Tempogegenstoß. Erfolgreich würde er über die rechte Seite vorgetragen. Markus Richwien hob das Runde über Torsteher ins Eckige (6.). Eine Minute später der zweite schnelle Vorstoß, weil die Abwehr aufmerksam die Bälle abfängt, gelingen die Konter zum 4:2 für die Füchse. Alexander Petersson reißt mit einer einfachen Körpertäuschen eine Lücke auf. Freier Wurfarm. Spielend leicht sieht es aus, wenn er voll durchzieht und trifft (8.). Bartlomiej Jaszka zeigt seine Qualitäten als Spielmacher. Energisch tankt er sich durch die Deckung der Großwallstädter und erzielt das 6:4 (10.).. Der nicht übermäßig große und auch nicht klotzkräftige Rückraumspieler zeigt häufig sein Talent als Turner und seine Übersicht. Christophersen kann auch die Keule rausholen, wenn er muß. Tor zum 7:5 (12.). Dann rücken die Gäste vor und kommen mit einem weiteren Kneer-Knaller zum verdienten 7:7-Ausgleich (13.).
Silvio Heinevetter ist sichtlich enttäuscht. Der Stammtorhüter verläßt seinen Post und nimmt auf der Bank Platz. Vorerst. Petr Stochl zeichnet sich gleich beim ersten Abwehrversuch aus: gehalten. Ein guter Einstand. Ivan Nicenvic verwandelt nach einer Viertelstunde den zweiten Siebenmeter für die Hauptstadthandballer. Im linken oberen Eck schlägt der Ball unhaltbar für den Gästetorhüter Andersson ein.
Zwar zeigt Jaszka klar an, was er will (16.), doch den Füchse nicht die richtigen Mittel zum Zweck ein, um gegen die sehr offensiv stehende Abwehr zum Erfolg zu kommen. Weil ein Zeitspiel drohte, den Braten roch der Oberfuchs, ballerte er aus unpassabler Position drauf. Gehalten.
Wieder ertönt ein Pfiff und wieder entscheiden die Unparteiischen Andreas und Marcus Pritschow auf Strafwurf. Dem Trainer der Gäste gefällt das nicht und so sieht er die gelbe Karte (19.). Anschließend läßt sich Nincevic die Möglichkeit, aus sieben Metern Entfernung ins Tor zu treffen, nicht nehmen. Nun steht es 10:8 (19.). Damit ist der 2-Tore-Abstand wieder hergestellt. Siebenmetertreffer und erfolgreiche Tempogegenstöße sind die Gründe, warum die Füchse mit zwei Treffern vorne liegen. Weil der Kreis verwaist ist, kann die Abwehr des TVG weit vorne stehen. Die Großwallstädter versuchen hingegen, ihre Kreisläufer, insbesondere Joakim Larsson, in Szene zu setzen.
Doch auch der Rückraum der Füchse bewegt sich wie in dieser Phase großartig. Perfekt einstudierte Laufwege und exakte Zuspiele zeigen die Berliner und Jaszka krönt den Angriff mit einem tollen Tor zum 12:8 (22.). Völlig verdient führt die Heimmannschaft mit vier Toren Unterschied.
Offensichtlich bemerken die Füchse-Verantwortlichen, daß sich am Kreis wenig tut. Colja Löffler soll`s nun richten (25.). Bevor das was wird, nehmen sich die Füchse eine Auszeit. Danach trifft Jaszka mit einem Wurf aus dem Stand zum 13:10 (26.). Stochl hütet hinten das Tor, pariert Angriff der Gäste prächtig. Moritz Schäpsmeier wirf, Stochl hält (28.). Schäpsmeier hätte besser nach einem gelungenen Spielzug der Gäste zum Kreisläufer abspielen sollen. Jens Tiedtke stand völlig frei und wartete auf das Leder. Dafür läuft Schäpsmeier beim nächsten Angriff der Großwallstädter erneut goldrichtig und trifft endlich ins Schwarze (30.). Beim 14:11 bleibt es bis zum Halbzeitpfiff.
Kurz nach Anpfiff zur zweiten Halbzeit liegt Laen lang. Gleich zwei Betreuer führen den Verletzten vom Parkett (33.). Die Stimmung bei den 9.000 Schlachtenbummlern scheint von Gute auf schlechte Laune zu kippen. Pfui und Buh-Rufe erfüllen die Halle beim Stand von 15:13 (34.), die längst nicht mehr ausreicht, um Handball-Fans aus Berlin und Brandenburg einen Platz zu bieten. Trotzdem bleibt festzuhalten, daß die Schiedsrichter sich dezent im Hintergrund halten, zugleich souverän agieren. Auch jetzt liegen die beiden Männer in Schwarz, die sich Schieber-Rufe anhören müssen, richtig. Denn ein Guchs griff einen TVG`ler von hinten in die Arme, während Jaszka, clever wie er ist, sich vor einen Großwallstädter war, um ein Stürmerfoul zu provozieren.
Auf der anderen Seite die gleiche Konsequenz der Schiedsrichter. Eine Zwei-Minuten-Strafe gegen Andreas Kunz, der Jaszka nicht stoppen sondern nur unbedarf festhalten kann. Der – keine Frage – fällt im richtigen Augenblick, nachdem er zuvor mit einer klugen Körpertäuschung einfädelte (37.).
Solch einen Mann, der ein Spiel lesen kann, weiß, wann er schnell, wann langsam agieren muß, wann er seine Nebenleute in Szene zu setzen hat und wann es besser ist, einen Freistoß zu holen oder einen Gegenspieler für zwei Minuten auf die Bank zu setzen, braucht eine Mannschaft, die oben in der Bundesliga mitmischen möchte.
Noch ein Wort zur Füchse-Abwehr. Stian Fredrik Vatne und Denis Spoljaric verteidigen – im Zentrum wohlgemerkt – derart weit vorgezogen, so daß in ihrem Rücken ein Großwallstädter einlaufen kann. Klar, daß der Kreisspieler den Ball bekommt und freistehend wie unbedrängt zum 17:15 verkürzt (59.). Mit dem Verkürzen des Abstands geht es bei Großwallstadt weiter. Kunz von Linksaußen auf 18:17 (42.). Erneut Kunz, der gut auf der Außenpolisition eingesetzt wird. Frei springt er von der Eckfahne anlaufend hoch in den Kreis. Doch der Füchse-Torwart hält (44.).
Zum dritten Mal hintereinander greifen die Großwallstädter über die linke Seite an. Und wieder ist es Kunz, der frei zum Wurf kommt. Dieses Mal läßt er sich die Chance nicht nehmen. Mit einem Tor Vorsprung führen die Füchse beim Stand von 20:19 eine Viertelstunde vor dem Ende.
Oliver Köhrmann läuft rechts ein, prallt dabei auf Nincevic. Kein Zögern und Zaudern bei den Schiedsrichtern. Siebenmeter für die Gäste, die in Unterzahl auf dem Parkett stehen. Zugleich bekommt Christophersen eine Denkpause von zwei Minuten. Der TVG kann zum 22:22 neun Minuten vor dem Abpfiff ausgleichen. Kippt das Spiel, können die Gäste die Begegnung drehen? Die Spannung steigt spürbar bei Spielern und Zuschauern.
Eindeutig: Der Abwehrspieler läuft durch den Kreis. Den Pritschows bleibt keine Wahl. Noch ein Siebenmeter gegen die Berliner. Michael Spatz tritt gegen Heinvetter an und erzielt die erstmalig Führung der Gäste, 23:22 für den TVG (53.).
Die Füchse zeigen Nerven. Christophersen verwirft auf halblinker Position, Petersson verwift auf Halbrechts. Jetzt müssen kühle Köpfe her!
Nincevic ist einer. Einen Abpraller fängt. Der Tempogegenstoß bringt den 23:23-Ausgleich. In dieser Phase ist auf Nicevic Verlaß, der fünf Minuten vor Schluß für die erneute Führung sorgt. Heinvetter, der zum Spielschluß wieder das Füchse-Tor hütet, pariert jetzt ebenfalls prächtig wie Stochl. Mit dem rechten Fuß kratzt er einen Ball, geworfen von Tiedtke, von der Linie (56.). Das ist ganz großes Torwartspiel!
Die Begeisterung treibt die Berliner vorwärts. Richwien trifft von Rechtsaußen. Die Halle bebt vor Freude. Tausende feiern das tolle Team von Trainer Dagur Sigurdsson.
Die Füchse stellen den alten 2-Tore-Abstand wieder her. Wenige Minute vor dem Schlußpfiff belohnt das begnadete Publikum stehend und klatschend seine Bundesligahandballer. Das hat man lange nicht geseh`n!
Die Großwallstädter ziehen ihren Torwart vor. An der linken Außenlinie läuft er hektisch hin und her. Nein, der etatmäßige Torwart ist das nicht. Andersson, der gut hält, wechselt sich in der Rückwärtsbewebung seiner Mannschaft schnell ein und rennt ins leere Tor, um zu halten und zu hüten. Vergebens. Schon eine Minute vorher ist diese Partie beim Stand von 26:23 entschieden. Jede Sieben trifft noch einmal und dann ist das Spiel aus. Der TV Großwallstadt wurde mit 27:24 besiegt. Bis auf wenige Minute hatten die Füchse Berlin das Geschehen jeder Zeit im Griff, auch wenn es ein bis zuletzt enges Spiel war.
Beste Werfer bei den Füchsen waren Ivan Nincevic (11/5) und Bartlomiej Jaszka (5). Bei Großwallstadt waren Stefan Kneer (6) und Steffen Weinhold (5) am erfolgreichsten.
Vor allem mit sicheren Siebenmeterwerfern und erfolgreichen Tempogegenstößen zeigten die Hauptstadthandballer Siegerqualitäten. Die Stimmung in der Max-Schmeling-Halle ist zudem großartig. Doch die Halle ist nicht groß genug. Die Euphorie im Handball-Berlin ist riesig. Doppelt und dreifach würde der Fuchsbau gefüllt werden können, wenn das so weiter geht … Das nächste Heimspiel für den ungeschlagenen Tabellenführer gegen die Rhein-Neckar Löwen (24. Oktober) ist – wenn wundert es – ausverkauft. Die Füchse haben einen Lauf und der Zulauf wird groß und größer.