Fortschritt mit der IFA, und mit den Parteien? – Die Internationale Funkausstellung brachte viele neue Ideen, das Kandidatenduell wenig Bewegung

IFA 2017 in Berlin
IFA 2017 in Berlin. © 2017, Foto: Andreas Hagemoser

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Die Gleichzeitigkeit ist kein neues Phänomen. Doch wo viele Menschen sich treffen, findet noch mehr gleichzeitig statt. Die Internationale Funkausstellung Berlin (IFA) zum Beispiel vom 1. bis 6. September, am 3. die Fernsehdiskussion der wahrscheinlichen Kanzlerkandidaten.
Ein IFA-Plakat verbindet beide. Wenig Konkretes, meckerte SPD-Kandidat Martin Schulz, hätte die Kanzlerin mitgebracht oder sich entlocken lassen. Umso hämischer reagierte er, als er meinte, (Noch-?) Bundeskanzlerin Angela Merkel die Zusage entlockt zu haben, dass Rente mit 67 das höchste ist, Rente mit 70 dagegen nicht geplant.

Schulz meckert, Merkel findet fast immer einen Ausweg

Süffisant verwies er auf die PKW-Maut, die Merkel immer ablehnte und dann doch kam. Merkel zog sich gut aus der Affäre, in dem sie darauf verwies, dass sie sich nicht hätte vorstellen können, dass die Maut überhaupt durchzusetzen wäre gegenüber der großen Regierung in Brüssel. Da es dann aber doch ging, dann ging es eben. – Mit dem blauen Auge davongekommen.
Wenn man die Maut wirklich nicht haben will, hätte man sie vielleicht trotzdem verhindern können. Wer, wenn nicht der Kanzler oder die Kanzlerin? Denn die Initiative kam aus der Bundesrepublik, nicht aus Brüssel.
Sonst aber wenig Bewegung nach vorne, wenig Voranschreiten, kaum Fortschritt; in dem „großen TV-Duell“ waren beide darauf bedacht, höflich zu bleiben und achteten eher darauf, sich nicht aus der Reserve locken zu lassen, als – gemeinsam oder allein – weiterzukommen. Unter einem Duell verstand man im 19. Jahrhundert noch etwas anderes.
Hier erlebte man Weichgespültes unter Weglassung einiger Themen.

Maut und Videoüberwachung – Ohne Technik keine Politik?

Und die IFA: Trägt sie zum Fortschritt bei? Oh ja. Der maschinenlesbare Personalausweis, die berührungslose LKW-Maut, Videoüberwachung – was wären die Politiker ohne die Technik?
Auf der Leitmesse IFA gab es viele Produktneuheiten – der gebogene Fernseh- und Gamerbildschirm von Asus zum Beispiel und sogar an das unglaubliche grenzende.
Zwei Beispiele: Wussten Sie, dass eine chinesische Firma – teilweise mit Weltpatenten – einen senkrecht arbeitenden Scheibenwischer erfunden hat? Ausgerechnet das Land mit den meisten Arbeitskräften auf der Welt macht den Fensterputzerberuf fast überflüssig.
Es sieht aus wie ein Rasenmäherroboter in der Vertikalen oder einer der automatischen, flachen, runden Staubsauger, deren Billigversionen inzwischen die Supermärkte erreicht haben.

Ein Roboter für die Fensterscheibe

Mit Unterdruck saugt sich der Roboter an der (Fenster-) Scheibe fest und putzt und putzt und putzt – ohne Herunterzufallen. Zwei starke Gummibänder, die über zwei in Schienen eingelassene Räder verlaufen wie die Kette eines Kettenfahrzeugs, steuern den Roboter in neue Bahnen, dem Fliegendreck, Feinstaub und sonstigen normalen und Nanopartikeln entgegen, die sich auf dem steilen Glas niergelassen haben.
Noch unglaublicher und zugegenermaßen bisher nur eine Studie: Holo-Activetouch von BMW. Ein Auto steuern mit einem Touchscreen statt Lenkrad? Selbst David Hasselhoff und Kit konnten das nicht.

Mind-boggling

Ein Auto steuern mit einem virtuellen Touchscreen, über dem man herumwischt wie über einem Handy?
Der Innenraum eines BMW als User-Interface, mit einem frei im Raum schwebenden Touchscreen, der mit haptisch wahrnehmbarer Rückmeldung reagiert. Wow. Haben Sie das verstanden? Unvorstellbar, aber schon morgen bei BMW und auf der IFA.

Das F in IFA und der Fortschritt

Es scheint fast so, als meine das Funk-F in „IFA“ auch den Fortschritt. International ist die Ausstellung seit 1924 sowieso. Internationaler als ein innerdeutsches TV-Duell selbstredend.
Wer wissen will, mit welcher Kamera und welcher Drohne wer ausspioniert werden kann, jetzt und in Zukunft, findet auf der IFA mehr Antworten als in der Politik und vielleicht auch ein Spielzeug für den Haus- und Parkgebrauch.
Dass ein Fernseh-Duell auch am Rechner angeschaut werden kann, heute fast selbstverständlich, vor Jahren eine IFA-Neuheit.
Einzig der Ausschaltknopf am Fernseher, der in den Achtziger Jahren wegen des schlechten Einflusses des Fernsehens und Vielfernsehens auch von Politikern zitiert wurde, ist keine IFA-Innovation, sondern von Anfang an an Fernsehern eingebaut.
Doch selbst das Fernsehen, vom Rundfunk ganz zu schweigen, ist hier um die Ecke geboren.

Die Reichspost, das Fernsehen und der Funkturm

Vom Funkturm aus gesehen hinter der BMW-Zentrale liegt die kurze Rognitzstraße. Fußgängern und ÖPNV-Nutzern bekannt als Umsteigeweg vom U-Bhf. Kaiserdamm zum S-Bahnhof ICC/Messe Nord.
Eine Tafel an der Wand erinnert daran, dass hier schon in den 1930er Jahren das erste Fernsehstudio der Deutschen Reichspost bestand.

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