Vanna alias Vera schreibt Briefe an ihre jüngere Schwester, die verschwunden ist. Zeit: Finnland in naher Zukunft. Handelnde Personen: Vanna, Jare und eine Handvoll anderer, in einer Diktatur gefangener Finnen. Die Gegenwart wird rückwärts erzählt, anhand der Briefe, die eine Kindheit schildern, die zwischen glücklichem Landleben und männlicher Doktrin zerrissen wird, des weiteren erzählen Gesetzesentwürfe, Pamphlete und Aufsätze der Mädchen selbst von einer Gesellschaft, die es hätte geben können. Mitten in Europa. Wir haben ja schon einige Diktaturen durchprobiert, die letzten hundert Jahre. Und sitzen nun im Dampfer der Verfallsdemokratien, wo es sich lustig in den Untergang feiern lässt.
Das besondere an diesem jüngsten Roman der finnischen Erfolgsschriftstellerin (Troll, 2005; Glasauge 2007) und Drehbuchautorin ist die Erfindung der Chilischote als Droge. Alkohol, Tabak und Kaffee sind verpönt bis verboten, sodass ein Schuss Chilipulver oder gar ein Fitzelchen echter Schote zu ungeahnten Räuschen führen kann. Vielleicht auch noch weiter?
Die Reduktion auf versuchte weibliche Selbstbehauptung und den Wunsch nach einem glücklichen, manchmal trunkenem Leben spiegelt in diesem wunderbar leichtfüßig erzählten Roman uns selbst wieder, jeden an anderer Stelle. Johanna Sinisalo ist es nach dem Schöpfen eines quicklebendigen Fabelwesens und einer sich verselbständigenden Drehbuchhandlung wieder gelungen, uns zu überraschen. Zu schockieren und zu rühren. Vannas Suche nach ihrer Schwester und einem Ausweg für eigenes Ich brennt sich tatsächlich ein, ja bezaubert. Einfühlsam übersetzt vom deutsch-finnischen Autor Stefan Moster und illuster in seiner Cover-Gestaltung kann dieses rundum gelungene Buch Ihren Weihnachtsbeschenkten zum Entzücken bringen!
Fazit: Ein Buch wie ein Rausch, heiß anzusehen und scharf wie eine Chilischote!
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Johanna Sinisalo, Finnisches Feuer, Roman, Aus dem Finnischen von Stefan Moster, 317 Seiten, Tropen Verlag, ISBN: 978-3-608-50144-5, Preis: 21,95 € (D)