London, VK (Weltexpress). In etwas über einem Monat soll der Brexit und also der Aussteig des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland aus der Europäsichen Union (EU) beginnen. Plötzlich scheint die 1900 gegründete Labour Party in der Brexit-Frage nicht nur zu wanken, sondern zu schwanken. Wird Labour umfallen?
Der einstige Gewerkschaftsfunktionär und amtierende Labour- und Oppositionsführer Jeremy Corbyn wird in deutschsprachigen Medien mit den Worten „Wir engagieren uns dafür, auch einen Änderungsantrag für eine öffentliche Abstimmung vorzulegen oder zu unterstützen, um zu verhindern, dass dem Land ein schädlicher Tory-Brexit aufgezwungen wird“ zitiert. Kein „Tory-Brexit“?!
Was bedeutet das? Corbyn scheint weiterhin einen Brexit, also ein Ausscheiden aus dem Staatenbund, wie das Bundesverfassungsgericht bereits in einem Urteil von 1993 die Europäische Union (EU) nannte, zu wollen, nur nicht einen, welchen auch immer, wie Premierministerin Theresa May von der Conservative and Unionist Party (deutsch Konservative und Unionistische Partei).
Vielleicht sind die angebliche Äußerungen von Corbyn, der als echter EU-Skeptiker gilt, auch nur eine Taktik mit Wirkung auf die eigenen Mandatsträger und Mitglieder, denn er schafft es genau so wenig wie May, die Reihen geschlossen zu halten. Über eine Hand voll Abgeordnete sind bereits von der Fahne gegangen und haben die Partei verlassen. Der nächste Abgeordnete, der Labour verlässt, ist Ian Austin. Wenige Tage zuvor erklärten sich Chuka Umunna, Mike Gapes, Luciana Berger, Ann Coffey, Chris Leslie, Gravi Shuker und Angela Smith zur „The Independent Group“ (deutsch Unabhängige Gruppe). Vor allem der Abgang von Chuka Umunna dürfte schwer wiegen, gilt er doch als charismatischer Führer.
Im „Tagesspiegel“ (25.2.2019) wird unter der Überschrift „Labour fordert zweites Brexit-Referendum“ darauf hingewiesen, dass „die Partei bei der anstehenden Abstimmung“ am kommenden Mittwoch „über die weiteren Brexit-Schritte jedoch zunächst versuchen“ werde, „die Regierung auf die Labour-Forderungen einzuschwören, betonte Corbyn der Mitteilung zufolge. Außerdem werde die Partei einen Vorstoß unterstützen, der May zum Verschieben des EU-Austritts zwingen soll, falls bis Mitte März kein Austrittsabkommen ratifiziert ist. Damit soll ein ungeregelter EU-Austritt abgewendet werden.“
Genau das könnte als nächstes geschehen: eine Verlängerung der Austrittsfrist nach Artikel 50 der EU-Vertrages. Nicht wenige werden das als ein Schrecken ohne Ende bezeichnen und als einen Verrat an den Wählern, die sich mehrheitlich für den Brexit aussprachen. Eine Verlängerung der Austrittsfrist würde als ein Einschwenken auf den Kurs Exit vom Brexit und auch als Erfolg der Remainers, die das VK in der EU halten wollen, bewertet werden.