London, VK (Weltexpress). Derzeit richten sich Kameras und Mikrofone nach Wien, wo an der Donau der Deich zu brechen scheint und Lohnschreiber und Leute, die sich links wähnen und gewählt werden wollen, von einer Staatskrise radebrechen. Dabei ist die Regierungskrise schon wieder vorbei und der mediale Fokus wird neu ausgerichtet.
Möglicherweise wieder Richtung Themse und auf Theresa May. Dabei wäre das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland (VK) ein Dauerthema, das durch die rasant Zunahme der Armut und die jüngste Pleite von British Steel, beim zweitgrößten britischen Stahlkonzern droht der Verlust von 5.000 Arbeitsplätzen, wieder eine bemerkenswerte Brisanz erfährt.
Laut „Süddeutsche Zeitung“ (SZ, 22.5.2019) solle May „am Mittwoch ganz offensichtlich kurz vor dem Ende ihrer Regierungszeit“ gestanden haben. In deutschsprachigen Medien ging das unter, weil die Krise der Kurz-Regierung trotz schneller Lösung medial in die Länge gezogen wird.
May mühte sich, ihren „neuen“ Brexit-Deal im Unterhaus zu bewerben. Dazu die „SZ“: „Sie hatte bereits am Dienstagnachmittag in den Büroräumen einer Beratungsfirma ihre neuen Vorschläge vorgelegt; am Mittwoch lieferte sie die gleiche Präsentation wie am Vortag mit den gleichen Satzbausteinen in veränderter Reihenfolge.“
Würde die bleierne Lady das in Berlin tun, wäre sie ein Fall für die Bonnies Ranch genannte Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik in der Hauptstadt, die bei dem ein oder anderen, der sich in Berlin in Gegenwart und Geschichte auskennt, auch noch Irrenanstalt Dalldorf heißt. Doch die gibt es nun nicht mehr und mehr als Premierministerin scheint auch Geschichte.
Während sich May im Unterhaus mühte und von einem „neuen Brexit-Deal“ schwafelte, sollen sich „Brexit-Befürworter, die sich in der sogenannten Pizza-Connection zusammengefunden haben, … offenbar“ zusammengesetzt und beraten haben, so die „SZ“, „wie May weiter unter Druck gesetzt werden könne, freiwillig zu gehen“.
May werde laut „YouGov/The Times“ ihrer Conservative and Unionist Party bei Wahl genannten Farce zu EU-Parlament genannten Veranstaltung ein Desaster beschweren. Die einst großen Volksparteien Tories und Labour werden gewaltig verlieren, die Brexit-Partei einen gigantischen Von-null-auf-hundert-Sieg feiern. Kein Wunder, wenn May den alten Wein immer nur in neuen Schläuchen präsentiert.
Kein Wunder das Brexit-Verfechter Boris Johnson von den Tories als „einer der schärfsten innerparteilichen Kritiker Mays und zugleich aussichtsreicher Anwärter auf ihre Nachfolge“ laut „Spiegel-Online“ (22.5.2019) „sagte, er werde nicht für den Vorschlag stimmen“. Johnson wird mit den Worten „Wir können und müssen das besser machen“ zitiert. Auch Kevin Hagen berichten unter der Überschrift „Die Verzwergung der Mächtigen“ darüber, dass „hinter den Kulissen … mehrere Konservative Medienberichten zufolge Vorbereitungen“ betrieben hätten, „um May zu stürzen“.
Die Briten sind May leid. Oppositionschef Jeremy Corbyn (Labour) geht es da nicht anders. Laut „Tagesschau“ (22.5.2019) „bezeichnete“ er „Mays Vorschläge als ‚wenig mehr als eine neu verpackte Version‘ des bereits mehrfach abgelehnten Abkommens. Zudem könne May nicht dafür garantieren, dass sich ihr Nachfolger an ihre Versprechungen halten werde. May habe nur noch Tage im Amt, prophezeite Corbyn. ‚Es ist klar, dass kein Zugeständnis die Wahl des anstehenden Tory-Partiechefs überstehen würde.‘ Er forderte eine Neuwahl.“
Wie in Wien so stehen auch in London Neuwahlen an. Deswegen sprechen Briten im VK von einer Regierungskrise, aber nicht wie die Sozen in Österreich von einer Staatskrise.