Berlin, Deutschland (Weltexpress). Als ich mich in den Tagen des Jahreswechsels an die erinnerte, von denen wir uns 2017 verabschieden mussten, ohne dass eine größere Öffentlichkeit davon Notiz nahm, dachte ich auch an Katharina Schulze, eine Journalistin, die im Herbst von uns ging und deren Name – so alltäglich er doch war – beim Leser Klang hatte.
So verwundert es nicht, wenn der eine oder andere kleinere oder größere ihrer Artikel aus mehreren Jahrzehnten nachgedruckt wird, wenn der Eulenspiegel wieder mal ein Jubiläum zu begehen hat. Denn hier war ihre Hauptwirkungsstätte. Als Humorredakteurin hatte sie u.a. die Karikaturisten unter ihren Fittichen, schrieb gelegentlich den wöchentlichen Leitartikel und ging auch auf Probleme bei Dienstleistungen oder in der Versorgung ein, was ihr auch Anfeindungen einbrachte. Sie hatte 1968 den Lokomotivschlosser Heinz Jankofsky für die Profession des Zeichners entdeckt, griff ihm bei seiner Schwäche, den Formulierungen von Bildunterschriften unter die Arme, bis er diese Hilfe nicht mehr benötigte.
Eine besondere Verbindung hatte sie zu dem menschenscheuen Henry Büttner, der mit der Redaktion eigentlich nur postalisch oder telefonisch von Sachsen aus verkehrte. Ihr gelang es, mit ihm mal Kaffee zu trinken, und sie besuchte ihn auch bei Karl-Marx-Stadt. Dass er 1989 für kurze Zeit seinen Humorzeichnungen auch eine zeitbezogene Dimension gab und dabei ganz im Skurrilen blieb, bewunderte sie an ihm. Doch bald fand der Eulenspiegel, Büttners Stil sei veraltet und druckte ihn kaum noch.
Damals wechselte Katharina Schulze zur Wochenpost. Hier gab es in den neunziger Jahren nicht nur journalistisch viel zu tun. Sie engagierte sich über die Gewerkschaft in Redaktion und Verlag, hatte als Betriebsrätin harte Kämpfe für ihre Kollegen auszufechten und wurde von Chefredakteur Matthias Greffrath behindert, wo es nur ging. Gegen eine Kündigung von Gruner & Jahr konnte sie sich erfolgreich wehren. Von 1990 bis 2013, also noch lange nach ihrem Ausscheiden, organisierte sie die Rentnerweihnachtsfeiern des Berliner Verlages. Dann wurde entschieden, dass das keine Rendite bringt – gestrichen!
Auch daneben hat Katharina Schulze sich immer wieder für den Erhalt von Kultur und Menschlichkeit eingesetzt, wo diese verlorenzugehen drohten. Ich lernte sie im Verein „Die ersten 100 Jahre Kino in Berlin“ kennen, wo wir vergeblich versuchten, den Abriss des historischen Pankower Kinos Tivoli aufzuhalten. Heute zeugt an dieser Stelle ein Mosaik von Manfred Butzmann vor der Lidl-Kaufhalle vom historischen Boden, und Katharina Schulze zählte anonym zu den Spendern.
Nicht öffentlich sichtbar, aber unentbehrlich in ihrer beständigen Arbeit setzte sie sich in Solidaritätsaktionen für ehemalige Kundschafter der DDR, darunter Rainer Rupp, für ihre Freilassung und Rehabilitierung ein.
Im „Unruhestand“ schrieb sie weiterhin, jetzt für Ossietzky oder die junge Welt, über kulturelle Themen, wobei ihr und ihrem ebenfalls engagiert schreibenden Mann Sigurd Schulze die Orchester- und Opernsituation in der Hauptstadt und hier besonders die gefährdeten Berliner Symphoniker besonders am Herzen lagen.
Gelegentlich übernahm auch der WELTEXPRESS einige ihrer Texte, aus Ossietzky etwa „Eine Enthüllungsgeschichte“ über Wochenpost-Autor Heinz Knobloch, der jahrelang Schulzes Nachbar war. Katharina Schulze wurde 79 Jahre alt, und behielt bis ins Alter ihr charakteristisches Aussehen mit dem Pagenkopf, an dem man sie in jeder Menschenmenge erkannte.