„It ´s the end of the world as we know it.“, heißt es in einer Szene. Besser als die nahe liegende Übersetzung passt die Alternative: Das Ende der Welt, wie wir es kennen. „2012“ hat man ein wenig unspektakulärer schon so oft gesehen, wie diese Typen am Straßenrand, die Weltuntergangwarnschilder aus Pappe hochhalten. Die holzschnittartigen Figuren sind Paradebeispiel eines Katastrophenfilmensembles. Der geschiedenen Familienvater Jackson (John Cusack) wird im Angesicht der Katastrophe zum Helden. Sein Sohn findet zum entfremdeten Vater zurück, das Töchterchen darf ängstlich gucken. Der Partner seiner Ex-Frau Kate (Amanda Peet) muss gen Ende der Handlung dranglauben. Natürliche Auslese. Kate erkennt, welches Männchen besser zum Erhalt der Art geeignet ist. Kaum ist Jacksons Rivale zermalmt worden, knutscht sie den Ex-Ehemann. Die Kernfamilie ist wiederhergestellt. Alles gut. Dazu kommt der Wissenschaftler Adrian (Chiwetel Ejiofor), der alle von Anfang an gewarnt hat. Der durchgedrehte Endzeitprophet Charlie, gespielt von Woody Harrelson, bleibt ein witziger Lichtblick in dem ansonsten humorlosen Werk. Der schmierige russische Industrielle. Der eiskalte Politiker Anheuser (Oliver Platt). Wer überleben wird und wer nicht, steht den Figuren praktisch auf der Stirn geschrieben. Nicht ein Minimum an Bangen kommt auf, zumal einem angesichts der papierenen Charaktere egal ist, wer als nächstes in Lava fällt oder vom Hochhaus zermatscht wird. Der Unterhaltungswert der Effekte hält sich in Grenzen. Sein Budget scheint „2012“ in aufwendig animierten Naturkatastrophen verpulvert zu haben. Die Innenszenen wirken wie im drehenden Haus auf dem Rummelplatz oder im überfluteten Heizungskeller gedreht.
Nur Auserwählte mit dem „besten Genpool“ gelangen an Bord der Archen, erklärt Anheuser in „2012“. Dass bei einer globalen Katastrophe nach einem faschistischen Eliteprinzip in erhaltenswerte und unwerte Menschen unterteilt wird, tut „2012“ in einer Randbemerkung ab. Als konservativer Massenregisseur setzt Emmerich dieses Prinzip in „2012“ eins zu eins um. Unzählige Endzeitfilme haben uns gelehrt, nach welchem Maßstab am Ende aussortiert wird. Weder Kinder noch greise Eltern im Schlepptau? Ungünstig. Russe? Do swidanja. Ungläubig? Wir sehen uns in der Hölle. Und fremdgehende Blondinen mit Zwerghündchen können sich gleich einsargen lassen. Potentielle religiöse und rassische Konflikte lösen sich von selbst. Der Dalai Lama sieht dem Weltende mit buddhistischer Gelassenheit entgegen. Auch der farbige US-Präsident und der Papst bleiben freiwillig zurück. Ihr Verscheiden muss die Stimmung an Bord der Archen nicht trüben. Wer sich opfert, hat einen Direktfahrschein ins Himmelreich. Da niemand der Selbstlosen so umsichtig war, sein Ticket an weniger Glückliche weiterzugeben, können die übrigen Archegäste an Bord gemütlich die Füße hochlegen.
Dass nur Superreiche und Mächtige sich ein Plätzchen auf den Archen sichern können, sieht „2012“ gelassen. Ein dramatischer Appell wird vorgetragen, als ein Boot ohne die Elite ablegen will. Öffnet ihnen die Tore! Da rennen sie an Bord mit ihren Prada-Täschchen und Gucci-Sonnenbrillen. Für Normalsterbliche, die weder „Gen-“ noch sonst was für Pools haben, sind die Schotten dicht. Und Gott – der von den Überlebenden in „2012“ sehr häufig angerufen wird – bewahre, dass ein Rollstuhl auf die Arche rolle! Wie war das einst? Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als dass ein Reicher ins Himmelreich gelangt. So sprach laut der Bibel Jesus, doch Ende 2012 hat der sowieso nichts mehr zu melden. Zum Filmende schreibt man das Jahr 0001. P.E. Vermutlich, post Emmerichi. Und die Typen mit den Pappschildern haben es schon immer gewusst.
Titel: 2012
Land/ Jahr: USA 2009
Genre: Katastrophenfilm
Start: 12. November
Regie und Drehbuch: Roland Emmerich
Darsteller: John Cusack, Chiwetel Ejiofor, Amanda Peet, Woody Harrelson, Oliver Platt
Laufzeit: 158 min.
Verleih: Sony Pictures