Mit Unwissen hat die Zerstörung der Natur längst nichts mehr zu tun. Unkenntnis und Einflussmangel früherer Generationen können für die Bevölkerung der westlichen Welt nicht als Entschuldigung herhalten. Wir wissen, was wir tun. Entweder sind uns die Konsequenzen egal oder wir leugnen sie. So wie die britische Gemeinde aus “The Age of Stupid”. Um die Errichtung eines Windradparks zu verhindern, zieht ein Teil der Bürger vor Gericht. Nachdem sie das umweltfreundliche Projekt abwehren konnten, versichert eine der Klägerinnen vor der Kamera, selbstverständlich Umweltschutz zu befürworten. “Consumerism”, skrupelloses Konsumverhalten, ist der Sieger der globalen gesellschaftlichen und politischen Entwicklung. Gerade während der Wirtschaftskrise glaubt niemand, zuviel auszugeben. Mit sarkastischer Prägnanz visualisiert “The Age of Stupid” die Alltäglichkeit des Konsums. “Wasser aus der Flasche ist besser als Leitungswasser.”, singen die Trickfilmflaschen zynisch im Automaten. Während einige Protagonisten aus “The Age of Stupid” Schmutzwasser trinken müssen, wird mit Trinkwasser in dem Weltwirtschaftsländern die Toilette gespült. Tafelwasser kaufen wir dennoch im Supermarkt. Aber nur Evian und dreimal die kleine Flasche statt einer großen, sonst muss man soviel tragen.
Seine Botschaft vermittelt “The Age of Stupid” zu schulmeisterlich. Der Abspann versichert mit genauen Angaben, wie umweltschonend “The Age of Stupid” produziert wurde. Nachprüfen kann der Zuschauer schwerlich, ob jede verbrauchte Wasserflasche recycelt wurde. Zudem assoziiert man die unübersehbar minderwertigen Effekte der postapokalyptischen Dystopie, in der Pete Postlethwait vor dem Computerbildschirm sitzt mit dem Produktionspreis. Eine streng sachliche Dokumentation wäre wirkungsvoller gewesen als die Umweltschutzlehrstunde. Aber vielleicht braucht man die überdeutliche Belehrung, um zu begreifen. Ein gravierender Mangel des Films“The Age of Stupid” ist, dass er, abgesehen von der futuristischen Rahmenhandlung mit dem bekannten Schauspieler Postlethwait, inszenierte und dokumentarische Szenen nicht klar trennt. Die Wiedervereinigung einer irakischen Familie und der erfolgreiche Beginn eines Flugunternehmens wirken nicht authentisch. Wie viel erfunden, nachgestellt oder dokumentiert wurde, bleibt im Vagen. Verbunden mit der Aufforderung im Abspann, eine “Not stupid”-Kampagne zu unterstützen, verbleibt der Nachgeschmack von rigider Agitation einer Sache, die man doch eigentlich unterstützt. Dem bedeutendsamen Anliegen Franny Armstrongs ist dies nur abträglich.
Bekannt wurde Dokumentarfilmerin Armstrong mit ihrer Reportage über den Prozess der Fast-Food Kette McDonalds gegen zwei Umweltaktivisten. In ihrem Kurzfilm “Baked Alaska“ thematisierte sie die Gefahr der Klimaerwärmung. Alle paar Jahre erinnern Filme wie “An inconvenient Truth” oder “We feed the World” daran, was die Gesellschaft der Natur antut. Dies spricht nicht gegen “The Age of Stupid”, sondern Armstrongs Dokumentardrama. Die Mahnungen sind ungehört verklungen. Mehr aufwühlende Filme wie „Eine unbequeme Wahrheit“ braucht es, damit endlich begriffen wird, dass die Klimakatastrophe kein Schreckgespenst zukünftiger Generationen ist. Sie ist längst eingetreten: Hurrican Katrina, die Tsunami – Katastrophe 2008, die verheerenden Waldbrände in Australien, das Abschmelzen der Eisberge in Grönland. “The Age of Stupid” wendet sich mit seiner unmissverständlichen Botschaft an die an der Problematik desinteressierte Zuschauerschaft, die den Film im Multiplexkino bei auf Hochtouren laufender Klimaanlage sieht, Cola aus dem Plastikbecher trinkt und mit kleinem Plastiklöffel Eis aus Plastikschälchen isst. Die anderen wissen um das Problem. Sie müssen nur handeln. Nicht morgen, jetzt.
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Originaltitel: The Age of Stupid
Genre: Doku-Drama
Land/Jahr: Großbritannien 2009
Kinostart: 22. September 2009
Regie und Drehbuch: Franny Armstrong
Darsteller: Pete Postlethwait
Verleih: Spanner Films
Laufzeit: 92 Minuten
Internet: www.theageofstupid.net