Berlin, Deutschland (Weltexpress). Kennen Sie Otto Julius Bierbaum? Von dem 1865 in Grünberg, Schlesien, geborenen Deutschen, der 1920 in Dresden starb, sind den meisten Belesenen ein paar Sätze in Erinnerung.
Einer lautet: „Feierlich sein ist alles! Sei dumm wie ein Thunfisch, temperamentlos wie eine Qualle, stier besessen wie ein narkotisierter Frosch, aber sei feierlich, und du wirst plötzlich Leute um dich sehen, die vor Bewunderung nicht mehr mäh sagen können.“
Einem, dem diese Eigenschaften zu eigen zu sein scheinen, ist Markus Söder (CSU), amtierender Ministerpräsident im Bundesland Bayern, was sich vor allem dann zeigt, wenn Oktober und Wahl zusammenfallen. Bewohner der Nordseeküste wissen, was ich meine. Wenn bei Voll- und Neumond Sonne und Mond von der Erde aus gesehen auf einer geraden Linie stehen, dann ist die Wirkung ihrer Anziehung so stark, dass das Naturphänomen der Springtide zu beobachten ist. Das Springhochwasser ist also höher als das mittlere Tidehochwasser und das Springniedrigwasser niedriger als das mittlere Tideniedrigwasser. Drücken dann noch Wind und Wellen in die Deutsche Bucht des Mare Germanicums, dann heißt das Sturmflut und Land unter.
Was an der Nordseeküste vor dem Deich zu beobachten ist, dass spielt sich in Bayern in Bierzelten ab. Wenn Plörre und Politik zusammenkommen, dann geht es erst hoch her, so dass von Prosit und Gemütlichkeit, Feierlichkeit in Bierbaumscher Betrachtung und CSU die Rede ist. Anschließend, wenn sich die Zelte leeren, greift die Niedergeschlagenheit um sich. Wenn sich alles erbricht, dann liegt alles brach. Katerstimmung herrscht und die CSU regiert.
Söder, wie sein „Autobiograf“ Leo Fischer, der von 2008 bis 2013 Chefredakteur des Satiremagazins „Titanic“ war und Kolumnen „Titanic“, „Taz“, „Neues Deutschland“ und „Jungle World“ schreibt, der aus Schweinau, heute einem Stadtteil von Nürnberg, stammt und sich in seiner Dissertation mit Juristerei im „rechtsrheinischen Bayern zwischen 1802 und 1818“ (sic!) befasste, wird auf 128 Seiten durch den Kakao gezogen, den er selber zu süffeln scheint. Söder, der laut Fischer Stoiber wie Bier im Blut habe oder auch nicht und einmal zum Fasching als Edmund Stoiber verkleidet erschien. Das ist für Feinde des Faschings so lustig wie die das Werk Söders und dessen „Autobiografie“ von Fischer.
Um es mit Bierbaum zu halten: „Humor ist, wenn man trotzdem lacht.“ Einerseits.
Andererseits: Anerkennung! Und zwar für die Chuzpe, für die schlaue Unverschämtheit dieses Besinnungsaufsatzes, die lesenswerter sein dürfte als Söders Dissertation und bestimmt mehr Beachtung findet, und die unwiderstehlicher Dreistigkeit als Söders Ich, das es auf einhundert Seiten im handlichen A5-Format brachte, zu schreiben.
Bibliographische Angaben
Leo Fischer, Markus Söder, Gottes Werk und mein Beitrag, die komplett erfundene Autobiografie, 128 Seiten, Hardcover, , Gewicht: 262 gr., Verlag: Riva, München, September 2018, ISBN: 978-3-7423-0812-2, Preis: 14,99 EUR (D)