Ein teurer Sieg – 1. FC Union Berlin bleibt im Rennen um den Wechsel der Liga

© 2017, Foto: Hans-Peter Becker

Berlin, Deutschland (Weltexpress) Es hätte ein entspannter Fußballabend im Stadion „An der Alten Försterei“ werden können. Seit Tagen war das Spiel ausverkauft. Der Gegner hieß SV Sandhausen, sonst nicht unbedingt ein Zuschauermagnet, die Konstellation in der Tabelle für die Eisernen war da eher der Grund. Zusätzlich stand der Gästeblock für die heimischen Fans zur Verfügung. Der SV Sandhausen verzichtete komplett auf sein Kontingent. Die wenigen Fans der Sandhäuser wurden auf der Haupttribüne untergebracht. Zu hören waren sie nicht. Es sollen genau 90 gewesen sein, akustisch chancenlos.

Es war daher gespenstisch, in der 76. Minute erzielten die Gäste einen Treffer. Der in der 57. Minute eingewechselte Lukas Höler spielte gegen Toni Leistner (1,90 m) seine Köpergröße von 1,84 m aus und verwertete eine Vorlage seines Kapitäns Stefan Kulovits zum 1:2 Anschlusstreffer. Im Stadion war nicht der Hauch von Torjubel zu hören. Die Geste des Schiedsrichters, die Anzeigetafel und die Durchsage von Christian Arbeit verdeutlichten erst den neuen Spielstand. Lukas Höler war vielleicht nur im Spiel, weil Sebastian Polter in der 56. Minute von Schiedsrichter Sven Jablonski wegen groben Foulspiels die rote Karte gezeigt bekam. Der Schiedsrichter aus Bremen pfeift Spiele der 2. Bundesliga seit 3 Jahren. Bisher war er ohne die Bestrafung mit glatt rot ausgekommen. Der Platzverweis für Polter war die Premiere. Was war passiert ? Sandhausens Innenverteidiger Tim Kister lief mit dem Ball von Höhe der Mittelinie in die Hälfte der Unioner. Polter versuchte ein Abspiel zu verhindern und traf dabei die Wade. Kister wälzte sich getroffen am Boden. Ein rot-würdiges Fouls war es wohl nicht. Ein Freistoß, dazu eine gelbe Karte wäre als Bestrafung genug gewesen. So sah es das Stadion, Kister wurde für den Rest des Spiels bei jeder Ballberührung gnadenlos ausgepfiffen. Nach mehrfacher Ansicht der TV Bilder lag der Schiedsrichter wohl doch nicht ganz so falsch. So sollte nicht attackiert werden, zumal sich das Ganze in einer ungefährlichen Zone des Spielfeldes zugetragen hat. Für das nächste Spiel ist Polter auf jeden Fall gesperrt und wahrscheinlich für das übernächste gleich mit.

Bis zum Platzverweis hatten die Eisernen alles im Griff. Taktisch hatte sich Jens Keller für das Spiel was neues überlegt. Eine Viererabwehrkette, ein Dreiermittelfeld und davor drei Stürmer mit Simon Hedlund als hängender Spitze. Sebastian Polter und Philipp Hosiner, operierten als Außenstürmer. So sollte der Ausfall von Steven Skrzybski kompensiert werden. Die Rechnung schien aufzugehen, in der 33. Minute brachte Hosiner die Eisernen in Führung und Hedlund gab die Vorlage. Maßgeblich am Treffer beteiligt war auch Christopher Trimmel.
Es schien ein gemütlicher Fußballabend zu werden, in der 54. Minute erhöhte Damir Kreilach auf 2:0. Zum Glück muss man im Nachhinein sagen. Unions Unterzahl veränderte die Statik des Spiels. Sandhausen verstärkte die Angriffsbemühungen, der Anschlusstreffer gab zusätzlichen Schwung. Es war eine unglaubliche Energie im Stadion. Die Fans waren mit der Schiedsrichterentscheidung unzufrieden. Die angezeigten vier zusätzlichen Spielminuten sorgten für weitere Verärgerung.

Die Cleverness des Tabellenvierten reichte aus, den kostbaren Vorsprung über die Zeit zu bringen und so blieben die Chancen gewahrt, in der nächsten Saison erstklassig zu sein.
Wie teuer erkauft der Sieg war, wird sich erst noch herausstellen. Sebastian Polter wird in Braunschweig nur als Fan dabei sein können. Er will der Mannschaft moralischen Beistand geben. Neben dem verletzungsbedingten Ausfall von Steven Skrzybski eine weitere Schwächung der Abteilung Attacke. Der Traum vom Wechsel der Liga lebt noch.

Stimmen
Kenan Kocak (Trainer SV Sandhausen)
„Glückwunsch an Union Berlin, sie waren in der 1. Halbzeit das bessere Team. Die hochspielenden Außenverteidiger konnten immer wieder gefährliche Flanken in unseren Strafraum schlagen. Wir hätten einen Elfmeter bekommen können. Nach der Halbzeitpause hatten wir die große Chance zum Ausgleich durch Sakuta-Pasu, dann kam die kuriose Szene, zwei unserer Spieler blieben liegen, der Schiedsrichter unterbricht nicht, Union spielt auch weiter. Daraus resultiert ein Eckball, wo wir uns nicht gut verhalten und kriegen dadurch das 0:2. Wir haben nicht aufgegeben und noch den Anschluss erzielt. Insgesamt war der Sieg für Union verdient, alles gute für den Aufstiegskampf.“

Jens Keller (Trainer 1. FC Union Berlin)
„Mir ist die Stimmung zu bedrückt, sicherlich haben wir Sebastian Polter jetzt verloren, trotzdem haben wir gewonnen und drei Punkte geholt. Bis zur 55. Minute haben wir nichts zugelassen und klar dominiert. Sandhausen stand sehr tief. Nach der roten Karte haben wir gefightet und eigentlich nichts zugelassen. Die Situation, die zur roten Karte führte habe ich nicht genau gesehen, weil ich mich bereits auf etwas anderes konzentriert hatte. Den Ball sah ich bereits im Aus.“

Sebastian Polter (1. FC Union Berlin)
„Ich bin ein großer Spieler, der mit sehr viel Tempo in die Situation geht. Ich mache einen langen Schritt um den Ball zu blocken und bin auf seine Wade aufgelaufen. Es ist ein Foul und seine Wade habe ich berührt, für mich muss man da kein rot geben. Es war kein Tritt, ich hoffe, dass ich nur für ein Spiel gesperrt werde. Es war meine erste rote Karte im Profigeschäft. Zu Tim Kister habe ich gesagt, dass es mir leid tut. Den Rest des Spiels habe ich in der Kabine geschaut.“

Christopher Trimmel (1. FC Union Berlin)
„So etwas passiert, wir wussten, dass wir so eine Situation verteidigen können. Der Ausfall von Polter wiegt natürlich schwer. Schade, es stand keine Absicht dahinter, wir haben einen guten Kader und können das kompensieren.“

Philipp Hosiner (1. FC Union Berlin)
„Ich habe mich gefragt, wie ich das gemacht habe, das war heute mein 6. Saisontreffer, soviel war ich ja nicht auf dem Platz. Das Trainer-Team wird sich für Braunschweig was einfallen lassen, wie wir Sebastian Polter ersetzen können. Leider werde ich bis dahin nicht mehr 20 cm wachsen. Ich bin guter Dinge, dass wir einen Plan finden können. Als einzige Sturmspitze zu agieren ist für mich nicht ungewohnt.“

Spieldaten
1. FC Union Berlin
Tor: Daniel Mesenhöler Abwehr: Christopher Trimmel; Roberto Puncec; Toni Leistner; Kristian Pedersen Mittelfeld: Stephan Fürstner; Damir Kreilach; Felix Kroos (ab 79. Dennis Daube); Angriff: Simon Hedlund (ab 83. Benny Kessel) Sebastian Polter; Philipp Hosiner (ab 71. Kenny Redondo) 4-4-2 (Raute) nach Platzverweis ab 56. 4-4-1
Trainer: Jens Keller

SV Sandhausen
Tor: Marco Knaller Abwehr: Marco Thiede; Tim Kister; Tim Knipping; Daniel Roßbach Mittelfeld: Stefan Kulovits (ab 84. Moritz Kuhn); Daniel Lukasik; Thomas Pledl; Manuel Stiefler (ab 64. Julian Derstroff); Jakub Kosecki (ab 57. Lucas Höler); Angriff: Richard Sakuta-Pasu 4-2-3-1
Trainer Kenan Kocak

Ergebnis: 2:1 (1:0)
Tore: 1:0 (33. Min) Philipp Hosiner
2:0 (54. Min) Damir Kreilach
3:0 (76. Min) Lucas Höler
besondere Vorkommnisse: Platzverweis Sebastian Polter 56. min wegen groben Foulspiels
Zuschauer: 22.012 (ausverkauft) Stadion Alte Försterei

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