„Der Thüringer“ bietet vorweg Suppen Salate und Brotzeiten als Vorspeisen. Kohlrabicremesuppe mit Blätterteigfleuron oder Süßkartoffelsüppchen mit Sauerrahm und Selleriechip klingen zwar verlockend, doch bei Temperaturen um die 30 ° C ist das nicht wirklich eine
Große Gemüsezweibeln mit sauren Gurken bilden das Drumherum zum „Oberhofer Wurstsalat“, der auf Ruccola-Salat mit Gemüsegurke und Tomate über den wir uns hermachen. Mit reichlich „Petersilie und Dill und sonst nichts“, erklärt Hannes Block, der für uns kellnert, sei der Wurstsalat abgeschmeckt. Mit einem Schuß Weinessig und Öl ist der Auftakt richtig lecker und passt prima zur Köstritzer Braukunst.
Auf den Klassiker wollen wir dennoch nicht verzichten und ordern Thüringer Klöße. Doch statt mir rustikalen Rinderrouladen „Thüringer Art“ nehmen wir die vegetarische Variante und die heißt „Thüringer Pilzragout“. Diese Kombination kosteten wir noch nie. Was unbedingt erwähnt werden muß, weil wir sonst über Kosten beim Kosten oftmals schweigen, ist der mit 7,80 Euro günstige Preis für das gute Gericht.
Hannes ist Original-Berliner, jedenfalls wie die meisten. Geboren in Dresden und von den Eltern im Kindesalter nach Berlin „verschleppt“ worden, berichtetdiese Type mit altberliner Schnauze jedoch mit einer angenehmen Mischung aus zurückhaltender Ironie und dezenter Charmanz, daß „unglaublich viele Thüringer hier essen“. Die gute deutsche Küche, „so wie man`s von daheim kennt, „futtern wie bei Muttern“ nennt er das, habe sich zurecht rumgesprochen. Wenn Thüringer Berlin besuchten, rund ums Brandenburger Tor schauen, wer zu sehen ist, dann „kommen sie anschließend extra zu uns“. Doch auch Gourmets und Gourmands mit weiteren Wegen füllen das Restaurant. Die Touristen bestellen jedoch meist Schnitzel vom Schweinerücken Wiener Art und auch das Filet vom Zander aus der Havel werde gern genommen.
Hannes bringt sie, die zwei Klöße, die im Ragout feiner Pilze, Champignons, Pfifferlinge und Austernpilze, baden wie Brigitte Bardot im Golf von Saint-Tropez. Der Anblick ist eine Augenweide. „Waldpilze wie Maronen und Steinpilze, durchaus Parasolpilze, bekommen wir Körbeweise aus den weiten Wäldern in der Mark Brandenburg", weiß der Kellner zu überzeugen: "Die Pilze werden kurz in der Pfanne angeschwitzt, mit Sahne abgelöscht und mit selbgemachter jeux de fond verfeinert."
In der Tat, die Klöße sind Original-Thüringer, denn wir entdecken geröstete Semmelwürfel im Kartoffelteig. So müssen sie sein, so gefällt uns das einstige wie einfache Arme-Leute-Essen! Wir entdecken nicht nur Bröckchen, wie man in Erfurt sagt, sondern auch Dramaturgen. Rolf Hochhuth, der als Wessi nicht nur im thüringischen Weimar sondern auch im Berliner „Der Thüringer“ Stammgast ist, nimmt neben uns im Parkett Platz. Parkett ist gut, wir sitzen wie der als „Moralist und Mahner“ Bekannte, der mit dem Drama "Der Stellvertreter" Weltruhm erlangte, draußen.
Obendrein gönnen wir uns darauf hier und heute kein Birnen-Ricottastrudel mit Vanilleeis und Beerengrütze sondern zwei Thüringer Bratwürste mit Sauerkraut aber ausnahmsweise ohne Stampfkartoffeln. Das Sauerkraut ist mild und mit Kümmel verfeinert. Während das Rotkraut in der Küche selber geschnitten und zubereitet wird, läßt man sich das Weißkraut sauer liefern, um es mit Lorbeer und Kümmel sowie durchsalzt heiß und schmackhaft auf den Teller zu bringen. Kein Wunder, daß die Beilage ins Rampenlicht drängt.
Uns drängen die singenden, klingenden Mobiltelefone. Unsere Frauen wollen, daß wir nach Hause kommen. Ausgetrunken und Tschüss gesagt zu Hannes Block und Mathias Sittig, dem stellvertredenden Chefkoch, denn die Eigentümer, Christoph Meier und Matthias Rudolph, sind selber gelernte Köche bzw. Meister-Köche. Und das kommt gut so, weswegen wir raten: Kosten sie selber Thüringer Spezialitäten im Berliner Restaurant "Der Thüringer" in der Vertretung des Freistaats Thüringen beim Bund.
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Der Thüringer, Das Restaurant in der Vertretung des Freistaats Thüringen beim Bund, Mohrenstraße 64, 10117 Berlin, Telefon: 0049 (0)30 20058880