Eine Sonderstellung nehmen die Blattrahmen ein, die aus Holz geschnitzt sind, sei es mit Ranken, verschlungenem Blattwerk oder Blüten und absolut originell jedes einzelne Stück. Die Kabinettrahmen dagegen geben eine technologische Antwort auf einen Kunstmarkt, der für eine wohlhabend gewordene Schicht in den Niederlanden und Deutschland die Bilderproduktion vermehrt hatte, die nun ihrer Rahmung wartete. Da Bilder auch zunehmend zur Innenarchitektur, sprich dem jeweiligen Ambiente von Möbeln, Bezugsstoffen und Tapete passen sollten, lag es nahe, Tischler damit zu beauftragen. Der Unterschied zum Kabinettrahmen liegt also ur in seiner auf Tischlerarbeiten bezogenen Gestaltung, die oft aus Elfenbein, Schildpatt oder Steinschnittechniken bestanden. Die in der Ausstellung mit und ohne Bilder gezeigten Kabinettrahmen weisen erneut eine solche Vielfalt auf, daß wir die gerade beschriebene Terminologie zwar weiterhin im Kopf haben, aber erneut als Betrachter uns eher an der Besonderheit des einzelnen Rahmens festsehen.
Da sind herrliche Stücke darunter, wie der Kabinettspiegelrahmen aus Neapel um 1650. Schon ein solches Stück zu sehen, lohnt den Besuch dieser Ausstellung. Dies wollen natürlich noch stärker für sich die Trophäorahmen in Anspruch nehmen. Ja, sie sind prunkvoll und man sieht ihnen an, daß sie ein Gemälde auf eine höhere Stufe der Empfindung transportieren sollen. Unter diesen gibt es geschnitzte luftige Gebilde, die aber durch das Material nicht nur selber im Rahmen bleiben, sondern dem Gemälde auch Schutz bieten. Zierde sind sie sowieso. Einer unter den ausgestellten Stücken sprengt allerdings den Rahmen dieser Ausstellung über die Rahmen. Es ist ein römischer Trophäorahmen aus dem 17. Jahrhundert mit den Maßen 200 x 160 x 45 Zentimeter. Also schon von der Größe her eine dominierende Erscheinung.
Er ist aus Weichholz, vergoldet und punziert. Er hat ausladende Voluten und Akanthusranken, auf seiner Spitze trägt er eine Muschel mit Putto, die beiden unteren Voluten haben Kerzenhalter integriert. Innen läßt der gewaltige Rahmen ein Lichtmaß von 93 x 70 Zentimeter im Oval. Darin ist nun kein Gemälde untergebracht, sondern ein Spiegel, dessen Glas vielfach blind geworden ist und wohl auch Sprünge aufweist. Diese nun wiederum sind – so denken wir – mittels ein wenig brauner Farbe in langstielige Zweige, besser Ruten verwandelt worden, was dem halblinden Riesenspiegel etwas Fremdes, Geheimnisvolles, Asiatisches verleiht, weil diese künstliche Reduktion der Innenfläche in so auffälligem Kontrast zum opulenten Rahmen steht. Ein Rahmen, der nun wirklich aus dem Rahmen fällt.
Ein anderer Aspekt dieser Rahmenkunde ist die Spanne zwischen französischer und spanischer Rahmung und der Unterschied zwischen katholischen und evangelischen Rahmen. Wie man in dieser Ausstellung sehen kann, gibt es diese Unterschiede. Die religiösen lassen sich leicht erklären, waren doch lutherische Protestanten, auch die Zwinglis und Calvins erst recht, angetreten, gegen das Prassen des Kirchenpersonals schlichte Frömmigkeit zu üben. Die Bilder mußten dafür leiden. Nachdem die Bilderstürmerei und Zerstörungen überwunden waren, blieb der Anspruch an ein Kirchenbild dennoch der der Einfachheit, auch was die Rahmung angeht. Während die Katholiken weiterhin mit luxuriösen und schönen Rahmen sündigten. Und die nationalen Differenzierungen haben in Frankreich einen Stil geschaffen, den lange Ludwig XIII. und XIV. einheitlich bestimmten und der dann in den Empirestil und Klassizismus überging und im übrigen Europa dominierte, bzw. übernommen und im Zeitgeschmack abgeändert wurde. Spanische Rahmen haben dagegen eine weit größere Vielfalt und in der Ausstellung im zweiten Raum an der rechten Wand unten, mehr rechts in der Mitte hängt ein spanischer Rahmen mit zweifarbigen Motiven, der ist so schön, daß man sich in ihn geradezu verlieben muß. Leider ist er schon vergeben. Aber man ist froh, daß er hier hängt und kein Bild den Anblick stört. Also siegt manchmal auch der leere Rahmen über das nicht vorhandene Bild.
Übrigens: Wer heute einen der schönen alten Rahmen erwerben möchte, macht sich am besten nach Paris auf oder London, wo die Rahmenhändler mit der größte Auswahl sitzen. Vorher aber im Liechtensteinmuseum die Rahmenausstellung anschauen, wo nur Originale sich versammeln, also nichts Nachgeschnitztes hängt, damit einem keiner ein U für ein X vormachen kann.
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Ausstellung: bis 12. Januar 2010
Überblicksführungen jeden Freitag 15 Uhr und Sonntag 11 Uhr.
Themenführungen am 29. Mai, 26. Juni und 18. September jeweils 15 Uhr.
Sowie weitere Führungen und Spezialführungen sowie Führungen und ein Atelier für Kinder am 28. November 2009.
Vorträge zur Ausstellung am 29. Juni, 9. November und 7. Dezember 2009.
Im Detail
kunstvermittlung@liechtensteinmuseums.at
Katalog: Halt und Zierde. Das Bild und Sein Rahmen, hrsg. von Johann Kräftner, Christian Brandstätter Verlag, Wien 2009
Katalog: Halt und Zierde. Das Bild und Sein Rahmen, hrsg. von Johann Kräftner, Christian Brandstätter Verlag, Wien 2009
Der Katalog gibt nicht nur die schönsten Rahmen in Vergrößerung wieder und mit ihnen auch viele der ausgestellten Bilder, sondern führt auch in das Thema ein und setzt die Schwerpunkte für den Besuch der Ausstellung. Das für unsereinen Sensationelle aber verbirgt sich im hinteren Teil, dem Anhang, den Robert Wald verfaßt hat, der für die Restaurierung und Rahmung Zuständige. Zum Beispiel die Oberflächenbehandlungen. Da kann man endlich einmal lernen, mit welchen Worten man dem Geschauten Ausdruck gibt. Diese perfekte Art, auf Punzierungen weich anmutende Erhebungen hinzubekommen, beispielsweise, heißt Aggetti und ist nichts anderes als dickflüssiger Kreidegrund, was die anschließende Vergoldung immer verbirgt. Was Gravuren sind, Intarsien, wie das mit dem Marmorieren ist, alles das wird erklärt. Noch spezifischer dann die Rahmenterminologie in Wort und Bild, die man sich kopieren sollte und in Zukunft bei jedem Museumsbesuch dabei haben sollte. Was sich Steg nennt, was Torus, wie die Holkehle vom unterkehlten Karnies sich absetzt, ach das ganze Geflecht dieser hohen Handwerkskunst findet hier auf zwei Seiten Worte, die wir schon lange vermissen und nach denen wir ständig suchen.