Dass der böse Bruder am Ende mit der Moralkeule eines übergebraten kriegt, macht das amüsante Kasperletheater komplett. Gewitzt und kurios tanzen die Figuren auf der Bühne, doch mit der Realität hat “The Brothers Bloom” so wenig zu tun, wie das Schnappkrokodil, der Räuber und Punch aus dem Puppentheater, der am Ende seine Judy kriegt. “Make Room for the Brothers Bloom.”- Vorhang auf für die Gaunerbrüder Stephen (Mark Ruffalo) und Bloom (Adrien Brody). Mit ihren Melonen und Anzügen sind die Trickbetrüger aus einem Chaplin-Film oder dem Variete in die Wirklichkeit spaziert. Hier tricksen sie sich mit ausgefeilten Betrügereien und der Hilfe der zündelnden Asiatin Bang Bang (Rinko Kikuchi) zu Geld. Ist die Beute aus einem Coup aufgebraucht, schmiedet Stephen den nächsten. Doch sein jüngerer Bruder Bloom will nicht mehr Akteur der von Stephen geschriebenen Rollen sein, die er spielen muss, um die Gaunereien durchzuziehen. Stephen überredet Bloom, die exzentrische Erbin Penelope (Rachel Weisz) auszunehmen. Wie könnte es im Kino anders sein, wahre Liebe blüht darob Bloom, so bizarr-ulkig, dass man es nur genießen kann. Die Gaunereien in “The Brothers Bloom” sind ein Kinderspiel im wahrsten Sinne. Hält man einen Zweig vor sich, ist man unsichtbar versteckt, und schnappen einen die Gendarmen, ist man in der nächsten Runde wieder frei. Die kindlich-charmante Penelope ergänzt das Gaunertrio zum Quartett.
Die vier sind die Kinder, mit denen keiner spielen wollte. Der Anfang von “The Brothers Bloom” zeigt dies überdeutlich. Aus ihren Kindersachen sind Stephen und Bloom nie herausgewachsen. Besser gesagt: Schon als Kinder steckten sie in Erwachsenenschuhen. Erwachsen treiben sie als Revanche Spielchen mit den anderen, deren Regeln sie bestimmen. Nicht zufällig sprengt Bang Bang mit Vorliebe Spielzeug in die Luft. Im Herzen will “The Brothers Bloom” ein reiner Schelmenroman sein, würde Regisseur Rian Johnson, der als Drehbuchautor die Macht dazu hatte, seine Gaunerkomödie konsequent ein groteskes Schelmenstück sein lassen. Doch statt der Komödie – nur als solche funktioniert “The Brothers Bloom” – ihren Kopf zu lassen, muss Johnson ein halbes Drama daraus machen. Das macht “The Brothers Bloom” um so unausgewogener, da sich die ganze Dramatik in der zweiten Filmhälfte abspielt. Ein Hauch stiller Tragik schwingt vom kuriosen Anfang an in “The Brothers Bloom”. Die bittersüße Melancholie steht dem märchenhaften Gaunerstück, ein lachendes, ein weinendes Gesicht, wie in der Commedia del Arte. Ein rares kleines Filmjuwel wäre “The Brothers Bloom”, würde er sich treu bleiben. Johnsons Film ist kein Krimi und erst recht kein Familiendrama, doch statt sich damit abzufinden, reibt Regisseur Johnson sich und seine Charaktere gen Ende zwischen den beiden unpassenden Genres auf.
Was als flotte Gaunergroteske begann, schleppt sich im letzten Drittel als unausgegorenes Drama dahin. Das passt so gar nicht zum Ton der bewusst irrealen Diebesgeschichten. Als surreale Märchenhelden oder Grand Guignol-Schergen hätten “The Brothers Bloom” von der Bühne abgehen sollen. Doch im letzten Akt ist nicht nur das als Kulisse dienende Theater zerfallen, sondern die Filmhandlung. Es bleibt nur der Trost durch die reizvollen Darsteller und die wildhumorigen Filmblüten des Anfangs.
Titel: The Brothers Bloom
Start: 27. August
Regie und Drehbuch: Rian Johnson
Darsteller: Adrien Brody, Mark Ruffalo, Rachel Weisz, Rinko Kikuchi, Maximilian Schell
Verleih: Senator