Handlungsort ist die Redaktion eines etablierten Traditionsblattes. Die resolute Chefin Cameron Lynne (Helen Mirren) kämpft mit Finanzschwierigkeiten. Nicht nur der in Fraktur gedruckte Titel soll modernisiert werden. In der Redaktion konkurrieren Reporter alter Schule mit jungen Onlinejournalisten. Ganz alter Schule ist Cal McAffrey (Russell Crowe). Ständig erwartet man, dass er einen White Russian bestellt, so sehr erinnert er an Jeff Bridges in “The Big Lebowski”. Wie der raue Russel Crowe aus “American Gangster” und “Body of Lies” den ungepflegten Pressprofi spielt, ist überraschend überzeugend. Ein bisschen wirkt McAffrey wie ein Alkoholiker, auch wenn man ihn nicht trinken sieht, ein bisschen wie ein schmieriger Schnüffler, auch wenn er auf der richtigen Seite steht. Der Charakter besitzt mehr Tiefe, als Regisseur Kevin Macdonald ausloten will. Seine Nase in fremde Angelegenheiten stecken muss er aus beruflichen Gründen. McAffreys Studienfreund Stephen Collins (Ben Affleck) hat es zum Senator gebracht. Jung, dynamisch und gutaussehend ist er das Gegenbild zum aufgedunsenen Cal. Der ringt mit seiner Gelegenheitsbeziehung zu Collins Ehefrau Anne (Robin Wright Penn) und beruflicher Frustration. Den großen Enthüllungsfall hat er nie an Land gezogen. Umso gieriger stürzt er sich auf den angeblichen Unfalltod von Collins Angestellter. Dass es Mord war, überrascht niemanden, so verlaufen Krimis aus dem Politkomplottgenre. Cal ermittelt; die auf Schlagzeilen und pünktliche Veröffentlichung drängende Chefin, die seine Arbeit missbilligende Polizei und bald skrupellose Militärmogule im Nacken, dazu im Gewissenskonflikt zwischen seinem Jugendfreund, der Berufsehre und seinem Verhältnis zu Anne Collins.
Genrekonform wird dem alten Hasen McAffrey ein ungebetener Kollege an die Seite gestellt. Doch ist dies, genreunkonform, weder der jugendliche Draufgänger noch der akkurate, idealistische Schwarze. Die Neueinsteigerin Della Frye (Rachel McAdams) ist im Begriff, Cal den Rang abzusteigen. “Sie ist jung, billig und liefert Texte im Stundentakt.”, fasst Chefin Lynne Dellas Qualitäten zusammen. Cal hat gleich mehre Gründe Della zu hassen. Sie ist alles, was er nicht sein kann. Jung, attraktiv, weiblich, ehrgeizig. Zudem vertritt sie die neue Facette der Presse, den Onlinejournalismus. Cal kann und will sich dem nicht anpassen, wenn Computerprofis wie Della übernehmen, haben Bleistiftbenutzer wie er ausgedient. Hier könnte vor dem Hintergrund der Kriminalhandlung um einen korrupten Konzern, der von internationalen Kriegen profitiert und Intrigen auf höchster Ebene ein Medienthriller beginnen. Ein Konkurrenzkampf, der ob des gemeinsamen Ziels der Mordaufklärung und der beiderseitigen Arbeit für die gleiche Zeitung brisant wird. Doch darum betrügt “State of Play” seine Zuschauer. Liegt es nur an der Treue zu der erfolgreichen Fernsehserie, welche dem Spielfilm zugrunde liegt? Deren unterschwellige Medienthematik hat an Aktualität gewonnen. Eine Verlagerung des Erzählschwerpunktes wagte Autorenduo Tony Gilroy und Matthew M. Carnahan jedoch nicht.
Das Resultat ist ein Politkrimi, wie man seiner Dutzende gesehen hat. Nicht übel besetzt, wobei Helen Mirren, Robin Wright Penn und Jason Bateman als schleimiger Geschäftsmann mehr Vergnügen bereiten, als der glatte Affleck und Russel Crowe. Außer den Darstellern gibt es wenig Sehenswertes. “State of Play” krankt an seinem Spannungsmangel, an seinem konventionellen Plot, an seinen schematischen Dialogen.“ Wie sein Hauptcharakter hinkt er dem “Stand der Dinge” nicht ganz unfreiwillig hinterher. Man unterhält sich leidlich und vergisst wieder. Wie hieß es im Film über Tageszeitungen? Eine Schlagzeile, danach nur noch Einwickelpapier.
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Originaltitel: State of Play
Genre: Polit-Thriller
Land/Jahr: USA 2009
Deutscher Titel: Stand der Dinge
Kinostart: 18. Juni 2009
Regie: Kevin Macdonald
Drehbuch: Matthew Micheal Carnahan, Tony Gilroy
Darsteller: Russell Crowe, Ben Affleck, Rachel McAdams, Robin Wright Penn
Verleih: Universal
Laufzeit: 127 Minuten
FSK: Ab 12