Die ökologischen Utopien stehen derzeit in einem wachsenden Spannungsverhältnis zur Ökonomie und werden zusehends wirkungsmächtiger. Längst treibt die Ökologie die Wirtschaft vor sich her und umgekehrt müssen für die Ökologie ökonomische Prinzipien gefunden werden. Der Umbau der Energieversorgung, die Zukunft der Industriegesellschaft, neue Formen des Konsums, des Verkehrs und des Tourismus sind Fragen, die unser Leben und unseren Wohlstand für die nächsten Jahrzehnte bestimmen werden. Insgesamt gesehen muss die Ökorationalität aber nicht nur von den Unternehmen, sondern auch vom Staat mit entwickelt werden. Wir beginnen hier zunächst einmal mit dem Tourismus und fragen uns, wie in der Zukunft das Reisen sowie das Urlauben umweltverträglich gestaltet werden könnte.
Tourismus schädigt die Natur wie kaum eine andere Branche
Urlaubermüll, Wasserverschwendung und Flugzeugabgase – das sind die Grundprobleme, die in der Tourismusindustrie gelöst werden müssen. Doch Tausende von Urlaubern buchen inzwischen Ökoabenteuer, fernab von Bettenburgen und und all-Inclusive. Sie wollen ihre Routen selbst „erreisen“ und dabei möglichst nicht der Umwelt schaden. In einer repräsentativen Umfrage der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen gaben 8 Prozent der Befragten an, dass sie bewusst umweltschonende Reisen buchen. Über 20 Prozent sagten, die wollen beim Buchen einer Reise in Zukunft mehr auf Ökostandards achten. Reiseexperten wiederum mehrheitlich erwarten, dass in Zukunft mehr Tourismusprodukte nachgefragt würden, die als „nachhaltig“ gelten und die Reiseveranstalter reagieren inzwischen auf den Trend. Sie ermöglichen ihren Kunden, den Treibhausgasausstoß, den sie durch ihre Flugreisen verursachen, mit sparsameren Ferienanlagen zu kompensieren und sie bauen Hotels, die mehr Energie erzeugen, als sie verbrauchen. Auch sind Reisen gefragt, während derer die Urlauber ihrem Aufenthalt einen Sinn geben können, indem sie beispielsweise Korallenriffe erfassen und katalogisieren, in Armenvierteln ein paar Stunden Kinder oder Alte betreuen, in Nationalparks den Bestand an Wildtieren, die vom Aussterben bedroht sind, zählen. Dafür zahlen sie sogar noch zusätzliches Geld.
Reiseveranstalter, die Urlaubsreisen mit Sozial- oder Umweltprojekten koppeln, verzeichnen wachsende Buchungszahlen. So soll sich der Anteil der Ökoreisenden in den letzten zehn Jahren vervierfacht haben, die mit Pauschalurlaub nichts zu tun haben wollen. Doch selbst in diesem Segment achten die Kunden inzwischen mehr darauf, dass ihr Hotel Umweltstandards erfüllt. Der Reisekonzern TUI entwickelte bereits Ökosiegel, wofür das Hotel unter anderen Auflagen einen speziellen Mitarbeiter für das Umweltmanagement einsetzen muss. Weiterhin wird verlangt, das sich das Hotel für lokale Sozial- und Naturschutzprojekte engagieren muss.
Die Vereinten Nationen sagen voraus, dass bis 2020 die Zahl der Reisenden um jährlich vier Prozent ansteigen wird, so dass bis 2035 die Kohlendioxidemissionen um 161 Prozent steigen würden. 75 Prozent dieser Emissionen entstehen während der An- und Abreise. Darum bieten Organisationen wie MyClimate gegen Bezahlung eine Kompensation an, so dass der Klimasünder einen bestimmten Geldbetrag bei der Organisation einzahlt. Mit diesem Geld werden dann beispielsweise Biogasanlagen oder Wasserkraftwerke in den Ländern gebaut, die so etwas dringend benötigen, damit dort die Landbevölkerung die alternativen Energiequellen nutzen kann, um davon abgehalten zu werden, klimaschädliches Holz oder Kerosin zu verbrennen. Bei der Organisation Atmosfair gingen im vergangenen Jahr auf diese Weise bereits 2,3 Millionen Euro ein, in 2007 waren es noch nicht einmal 1 Million.
Ein weiteres Problem im Tourismus ist der Wasserverbrauch. Touristen gehen erfahrungsgemäß sehr viel verschwenderischer mit Wasser um, wenn sie es nicht selbst bezahlen müssen. So wurde festgestellt, dass Gäste eines 3-Sterne-Hotels durchschnittlich am Tag 424 Liter verbrauchen. Bei einem deutschen Normalverbraucher zu Hause ist es nur ein Drittel. Durch die Installation neuer Wasserhähne und Duschköpfe sparen die Hotels Millionen von Wasserlitern, durch den Einsatz von Energiespartechnik senken sie ihren Stromverbrauch. Aber das ist nichts gegen die Null-Energie-Technik: mit einer Solaranlage auf dem Dach und energieeffizienter Technik in den Hotels könnte so viel Strom hergestellt werden, wie er ohne, dass Einschränkungen nötig werden, verbraucht wird. In Deutschland baut die Derag-Gruppe derzeit ein Null-Energie-Hotel in München.