Die Hessische Hochschul- und Landesbibliothek in Fulda. Eine Fundgrube bibliophiler Schätze

Hochschul- und Landesbibliothek Fulda auf dem Campus der Hochschule Fulda. Foto: Martin Kraft, CC BY-SA 3.0

Berlin, Deutschland (Weltexpress). 2025 steht der Jubiläumstag einer schillernden Persönlichkeit der Geschichte des deutschen bzw. europäischen Mittelalters an. Kaiser Friedrich I, wegen seines Barthaares in Italien Barbarossa (Rotbart) genannt. 1155 wurde er in Rom zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation gekrönt. Zu den Recherchen suchte ich, nicht zum ersten Mal, die Hessische Landesbibliothek in Fulda auf. Sie ist eine Fundgrube bibliophiler Schätze und des Wissens über 1 500 Jahre europäischer und deutscher Geschichte, wie es unter diesen Gesichtspunkten kaum eine zweite in Deutschland gibt.

Der Katalog, weist über 320 000 Bände und mehr als 1 670 ständig gehaltene Zeitschriften aus, darunter etwa 9.000 Einzel- und Gesamtausgaben, über 360 Musikhandschriften, 670 Autographen, etwa 430 Wiegendrucke und ein Dutzend Nachlässe. Über ihre Sammlungen ist die Hessische Bibliothek mit fast 1.500 Jahren deutscher und europäischer Geschichte verbunden. 1776 als „öffentliche Bibliothek zu Fulda“ aus den Beständen des ehemaligen Benediktinerarchivs, der Jesuitenbücherei sowie der bischöflichen Hofbibliothek entstanden, 1778 von Fürstbischof Heinrich VIII. von Bibra offiziell eingeweiht, reicht ihre Geschichte mit kostbaren Exemplaren der Handschriftensammlungen bis ins 5. Jahrhundert zurück. Zu ihren Raritäten gehört eine Huttensammlung, mit der größten in Deutschland vorhandenen Kollekte von Werken, die von dem streitbaren Humanisten stammen oder über ihn verfasst wurden. 2002 konnte die Bibliothek ihre Sammlung durch 32 Huttendrucke bereichern, die seit der Grundstocklegung 1959 den umfangreichsten Bestand der Steckelburg bei Schlüchtern des geborenen Rhöner Reichsritters Ullrich von Hutten bildeten. Die seltenen Stücke wurden für 150.000 Euro von einer privaten Adelsbibliothek erworben. Sie stellen einen großen Gewinn für die Erforschung des Humanismus und der Reformations- und Buchgeschichte in Deutschland dar.

Anziehungspunkt für Fachleute vor allem der Geisteswissenschaften, aber auch Allgemeininteressierte und Besucher der geschichtsträchtigen Stadt sind insbesondere die Bestände der Bücherei des von Bonifatius gegründeten Klosters, darunter seine Handschriftensammlungen. Dazu gehören rund 850 abendländische Codices, davon ein Drittel aus der Zeit vor 1600. Der weitgereiste Bibliothekar Peter Bertius rühmte 1616, keine Handschriftensammlung in Deutschland sei besser mit Codices ausgestattet, als die des Bonifatiusklosters.

Eine große Zahl von Codices entstand während der Zeit des Abtes Hrabanus Maurus, der von 822 bis 842 dem Kloster vorstand. Während Maurus selbst ein lateinisch-deutsches Glossar verfasste, schrieben die Fuldaer Mönche viele Werke der antiken und althochdeutschen Literatur nieder. Es entstand eine Lehrstätte, an der Deutsch sich als Schriftsprache entwickelte und die althochdeutsche Literatur ihre Wiege fand. Bereits um 820 zeichneten zwei Mönche hier das Hildebrandlied in Althochdeutsch auf.

Zu den wertvollsten Schätzen zählen das Fragment einer altlateinischen Prophetenhandschrift aus dem 5. Jahrhundert; eine Handschrift mit dem Auszug der unter König Alarich II. Anfang des 6. Jahrhunderts geschaffenen Lex Romana Visigothorum, die ein Gesetzeswerk für die im Westgotenreich lebenden Römer bildete; eine Evangeliumsharmonie aus der Mitte des 6. Jahrhunderts, die sich im Besitz von Bonifatius befand und Glossen seiner Handschrift enthält, und ein Evangeliar der Normannenprinzessin Judith von Flandern aus der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts.

Schließlich fand ich auch, wonach ich suchte: die Welfenchronik aus dem 12. Jahrhundert mit der Miniatur Kaiser Barbarossas und seiner Söhne, über der zu lesen ist: „In medio prolis residet pater imperialis“ (inmitten seiner Nachkommen thront der kaiserliche Vater). Sie ist wie die für Rat bereit stehende Fachkraft sagte, eine der von Historikern immer wieder bewunderten Kleinodien. Die Handschrift wird mit einem Nekrolog eröffnet, zu dem auch der Welfenstammbaum gehört.

Ebensolches Interesse findet eine Handschrift mit den Predigten Bernhards von Clairvaux (1191-1253) über das „Hohe Lied“ aus dem 13. Jahrhundert, oder die von Rudolf von Ems, einem Minnesänger, um 1250 geschriebene Weltchronik. Die Predigten Clairvaux‘ stammen aus dem Kloster Weingarten, wo unter dem kunstsachverständigen Abt Berthold (1200-1232) eine Schreib- und Malschule auf dem höchsten Niveau ihrer Zeit existierte. Die Weltchronik erzählt in deutschen Reimen die Geschichte der Menschheit nach der Bibel, berichtet aber auch über Heidengötter, antike Könige und deren Reiche. Der Text der Handschrift gehört zu den ältesten und am besten überlieferten Ausgaben.

Zu den Prachtexemplaren der Sammlung gehört auch der erste Band einer auf Pergament gedruckten 42zeiligen Gutenbergbibel aus Mainz um 1454/56. Die Ausgabe umfasst zwei Folienbände von insgesamt 1282 Seiten zu je zwei Spalten mit über drei Millionen Buchstaben. Von dieser Bibel sind wahrscheinlich nur 35 Exemplare auf Pergament und 120 bis 150 auf Papier gedruckt worden. Von den Pergament-Exemplaren sind nur noch 12 erhalten, davon nur vier vollständig.

Der Katalog informiert, dass nach der Gründung 1776 die Fuldaer Bibliothek um weitere wertvolle Bestände anwuchs. Erbprinz Wilhelm Friedrich von Nassau-Oranien, dem das Land nach Erlöschen des Fürstentums Fulda 1802 zufiel, übergab ein Jahr später einen Teil der berühmten Bücherei des ihm durch Säkularisation ebenfalls zugefallenen Klosters Weingarten – etwa 1.500 Druckschriften und 150 Handschriften – an die Bibliothek seiner Residenz Fulda. 1866 kam die Stiftung des Gerichtssekretärs der Stadt

Adam Joseph Schwank, bestehend aus 224 Handschriften und 7.328 vornehmlich historischen und juristischen Werken hinzu.

Zur herausragenden kulturhistorischen Rolle der Bibliothek tragen neben ihren Handschriftensätzen sowie dem Erbe des Bonifatius auch die sogenannten Fuldensien bei. Sie umfassen zirka 7.000 Titel der Literatur, die sich inhaltlich auf Fulda (Stadt und Großkreis), die Region der Rhön (alle Teile, d. h. bayerische, hessische und thüringische Rhön) und auf die ehemals fuldischen Gebiete (z. B. Hammelburg) beziehen.
Mit einem derartigen Wissensschatz nimmt die Landesbücherei die Funktion der einzig wissenschaftlichen Universalbibliothek Osthessens sowie Studienreservoirs der Hochschuleinrichtungen und gleichzeitig die Aufgaben einer „Öffentlichen Bibliothek“ wahr. Dem entsprach ihre am 1. Januar 2001 erfolgte Integrierung als bis dahin selbständige Hessische Landesbibliothek in die Fachhochschule Fulda. Zu ihren umfangreichen Dienstleistungen gehört die Mitarbeit an einer Hessischen Bibliographie. Ausgestattet mit modernster Technologie ist sie eine leistungsstarke Gebrauchsbibliothek, die nicht nur der Forschung und Lehre sondern ebenso der beruflichen Arbeit als auch der Allgemeinbildung dient.

Zu Barbarossa, zu dem ich mich dann im Jubiläumsjahr melden werde, nur so viel: Von Papst Hadrian IV. am 18. Juni 1155 zum Kaiser gewählt, trat eine der schillerndsten, aber auch widersprüchlichsten Persönlichkeiten der Geschichte des Mittelalters als Imperator an die Spitze des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Charakteristisch für seine 38jährige Regierungszeit wurde, dass eine Epoche historischen Umbruchs einsetzte, der Beginn des mehrere Jahrhunderte währenden Übergangs von der Feudalzeit zur bürgerlichen Gesellschaft. Als Führer des dritten Kreuzzuges fand er am 10. Juni 1190 in Kleinasien, unweit Seleukia in den Fluten des Saleph (türkisch Göksu), einen ganz unkriegerischen Tod. In der Mittagshitze, als er sich bei einem Bad erfrischen wollte, erlitt er in den kalten Wassern des in den kilikischen Bergen entspringenden Flusses einen Herzschlag. Der Kreuzzug wurde abgebrochen.

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