Ungekrönte Ballkönigin, die hochaufgeschossene Franziska van Almsick, die damenhaft im roten Etuiabendkleid professionell und souverän als Stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Sporthilfe allen Interviewwünschen und Autogrammjägern nachkam und dabei ihre Gesprächspartner in der Regel weit überragte. Damit hatte Guido Westerwelle kein Problem, ein solches befürchtete er allerdings beim obligatorischen Eröffnungstanz mit seiner tanzkundigen Partnerin. Westerwelle war wie sein Vorgänger Frank-Walter Steinmeier gerne gekommen und wurde von Moderator Johannes Kerner, auch er ewig dabei, zu seinen Unterstützungsmaßnahmen als Außenminister zwecks Sport befragt. In der Tat ist das mehr, als man ahnt, denn seit 1961 unterstützt Deutschland den Breitensport in anderen Ländern, insbesondere in Afrika, wo es infolge der vielen Stammesauseinandersetzungen derart viele Konflikte gibt, in denen der Sport eine verbindende Funktion erhalten könne, was die BRD fördere. Auch die Aktion „Dein Name für Deutschland“ will der Außenminister durch Mitgliedschaft unterstützen, wobei 3 Euro im Monat der niedrigste Beitragssatz ist, den man in jede Höhe steigern kann, um als Person offizieller Sponsor der deutschen Spitzensportler zu werden.
Das Ballprogramm ist ritualisiert. Ab 17.30 Uhr werden die Gäste eingelassen und lassen es sich nach persönlicher Begrüßung durch den Sporthilfechef Werner E. Klatten beim Sektempfang gut gehen, ab 19 Uhr beginnt das Festprogramm, dieses Mal mit artistischen Kunststücken auf dem Eis, dem das Dinner folgt, das thematisch angemessen Kanada gewidmet war, vom kanadischen Hummer, über ein Filet vom Highland Cattle und Manitoba Kartoffeln, bis zur „Canadian Cream“ mit Ahorn Sirup und Cranberryeis. Das wissen wir nur vom Hörensagen und den schriftlichen Unterlagen, denn bis dahin ist der Festsaal für Neugierige, und das sind Journalisten immer, verschlossen. Erst nach Dem Dinner, wenn der Ball als Ball eröffnet wird – sollte um 21.45 sein, war aber nicht vor 22.30 Uhr – dürfen die ohne Sitzplatz ins Innere hinein, wobei sie dann meist auf leere Stühle stoßen, denn diese 1800 Gäste haben sich dann aufgemacht, in den weitläufigen Foyers im Parterre und ersten Stock zu erkunden, was es diesmal an nächtlichen Aktivitäten gibt, vom Golf, über das Schießen, Tischfußball, bis zum Vabanquespiel beim Wiesbadener Casino, die an diesem Abend hier eine Dependance errichtet hatten.
Beim Durchschlendern dieser Flächen gibt es immer wieder Stände oder Theken, die besonders belagert sind. Galeria Kaufhof gehört dazu! Nein, hier wird keine Kleidung angeboten, sondern – wie jedes Jahr – die Besonderheiten der Feinkostabteilung. Und da haben wir schon den Salat. Es guckt einen das freundlich lächelnde Gesicht von Johann Lafer an, der als ’Selection` Steirische Kürbiskerne mit Wasabikruste in der Dose im Kaufhof Galeria vertrieben wird. Nun steht er, der österreichische Superkoch, aber gegenüber in persona und lächelt genauso all die an, die ihm die Teller aus der Hand reißen, um an seinen Genüssen teilzuhaben in der ’Genießer Lounge. Dazu gleich mehr. Hier nämlich, an diesem kleinen feinen Stand der Galeria Kaufhof, wo wir gerade diese pikanten Kürbiskerne im Wechsel mit den gerösteten Pistazien in Edelvollmilch probieren, immer wieder von neuem, unterbrochen nur von den Chocobonbon Cappuccino, die leider auch allzugut schmecken, also ausgerechnet hier stellen die Leute ihre Lafer-Teller ab, um zu schlemmen. Das gefiel uns gar nicht, aber der Standherr blieb standhaft freundlich, auch beim Mißbrauch seiner Theke.
So und nun zu dem, was uns jedes Jahr wundert, sich aber diesmal noch steigerte. Die edel Gekleideten und sehr gut Verköstigten strömen aus dem Saal. Wohin? Zu den Freßtempeln in den Foyers. Daß sie im Parterre wie immer bei Lambertz Halt machen, dessen Süßigkeiten kein Ende nehmen, das kann man ja noch verstehen – wir besonders gut, denn diese Erdnüsse in Schokolade oder die Plätzchen mit Haferflocken und erst recht diese ganz kleinen Florentiner tun es uns jährlich an! -, aber daß alle diese Leute über Stunden in langen Schlangen vor den Theken der Genießer-Lounge von Johann Lafer stehen und es uns unmöglich machten, die Köstlichkeiten auch zu probieren, denn wir müssen ja recherchieren und unterwegs sein, das erbitterte uns – ohne das Menü – dann doch. Und wir können es erneut nicht verstehen, wohin diese superdünnen Damen das alles hinessen, denn auch ihre Partner sehen in der Regel nach Fitneß und eher Askese aus.
Allein, wir haben zumindest für die Nachwelt aufgeschrieben, was es gab: Malden Austern mit Zitrone und Chesterbrot, Wasabi-Gurkensalat mit Sweet Chili, Garnelen mit Yuzu-Vinaigrette; dann feinste Tagliatelle mit Winter-Trüffel, rosa gebratenes Roastbeef mit Kartoffeln und Meerrettich-Wirsinggemüse und Melange Noir, Steirisches Backhenderl auf lauwarmen Kartoffel-Speck-Salat mit Kürbiskernöl. Der Nachtisch war dann noch das Tollste. Schon beim Schreiben läuft uns wieder das Wasser im Mund zusammen, zumal die Portionen richtig groß waren. Wie gut, daß das mit dem Trinken besser klappte. Die vielen Angebote von Sekt, Wein, Bier, Fruchtsäften und ganz besonders die Cocktails mit Hochprozentigem, aber auch Kaffee und Wasser waren so verteilt, daß jeder schnell das für sich passende Getränk finden und sich erfrischen konnte.
Dabei hatten auch Feinkost Dittmann wieder Pikantes und all die Stände mit köstlichem Obst und Petit Fours, vom Bayrischen Biergarten aus Garmisch-Partenkirchen gar nicht zu sprechen, wo wir regelmäßig das Erdingerbier verschmähen, weil wir nie eins trinken, aber uns an den Weißwürsten und dem Leberkäs laben. Diesmal ging die Besucherfläche von einer Wand zur anderen und war gefüllt, denn Musi gab’s auch. Aber uns fehlte etwas. Etwas Entscheidendes. Der Wiesbadener Kurier war nicht vertreten. Und warum das eine Katastrophe ist und uns in Verzweiflung trieb, hat eine einsichtige Bewandtnis. Denn diese in Wiesbaden beheimatete Zeitung hatte in den letzten Jahren folgendes gemacht: Man konnte sich vor eine Rückwand stellen, die ein sportliches Ereignis des Jahres symbolisierte, wurde fotografiert und dieses Foto wurde zum großen Bildaufmacher einer ausgedruckten Titelseite, die man mitnehmen konnte. Die hängen als Beweis unserer Teilnahme in der Redaktion des Frankfurter Büros des Weltexpress. Eins vom Samstag, 2. Februar 2008, eins vom Samstag, 7. Februar 2009, keins vom 6. Februar 2010!! Und keiner konnte das Fehlen dieses existentiellen Standes erklären, weder im Pressezentrum, noch sonstwo. Wir schicken diesen Artikel an die Redaktion des Wiesbadener Kurier und warten dann auf die Reaktion.
Ach, wen haben wir schon wieder alle vergessen. Die Prominenten, viele Schauspieler, unter ihnen Wolfgang Stumph, aus der Wirtschaft uns Bekannte und Unbekannte, warum wir Air-Berlin-Chef Joachim Hunold nicht sahen, wissen wir auch nicht, und Stefan Schulte, der neue Fraportchef, der gerne Kinderspielplätze unterstützt und eröffnet, war auch gerade an einem anderen Platz. Das stimmt schon, daß bei mehr als 1800 Leuten man nicht jedem über den Weg läuft. Dafür haben wir Steffi Jones gleich ein paarmal getroffen. Sie ist im offiziellen Register übrigens nicht mehr unter ’Sport` verzeichnet, sondern unter ’Sportpolitik`, was richtig ist, ist sie doch die Präsidentin des OK Frauen-Fußball WM 2011 und äußerst rege, dieses Ereignis unter die Leute zu bringen. Wir freuten uns, sie im eleganten zartvioletten Abendkleid zu sehen, denn die überall in offiziellen Missionen in uniformen Hosenanzügen auftretenden Damen mögen wir schon nicht mehr sehen, von der Ministerinnenernennung bis eben zu de DFB-Kleiderordnung. Steffi Jones also hörten wir gerade im langen Interview mit dem Kollegen von der Bunten, von dem wir hoffen, daß sich in dem Blatt auch viel wiederfindet von den wohlgesetzten und motivierenden Worten der Fußballfrau. Ein eigener Stand hatte viele Erinnerungsstützen in Form von Anhängern, Tassen, Notizbüchern bereit, sich auf diese Frauen-WM vorzubereiten und bald Karten für die Spiele zukaufen.
Kaum zu übersehen – trotz schlankerer Form – ist Claus Wisser, den Bälle enthusiasmieren und der hier im Rhein-Main-Gebiet als Förderer von Kunst sich einen Namen machte und macht! Überhaupt die Hessen, Roland Koch war da, sein Freund Franz-Josef Jung hatte nun als Exminister auch Zeit, viele Minister waren gekommen , noch mehr Exminister, darunter auch Udo Corts, aber was neu war und uns gar nicht gefiel, das ist, daß unter den der Presse ausgewiesenen Politikgästen von 12 Personen keine einzige Frau war. Das war in den letzten Jahren mit SPD Prominenz von Heidi Wieczorek-Zeul und Brigitte Zypries noch anders. Die meisten Prominenten kommen aus dem Sport: Regina Halmich, Felix Magath, Paul Biedermann, Heiner Brand, Michael Gross, Steffi Nerius”¦. Und das ist auch gut so, denn es ist ihr Ball.