Aber das wissen alle schon lange, daß Frauen für das Dienstleistungsgewerbe besonders geeignet sind: kommunikativ, fleißig bis aufopfernd, teamfähig, am Menschen interessiert, streßtolerant, sprachgewandt. Wohl alles Eigenschaften, die in höheren Etagen weniger wichtig werden, denn dort sind nach wie vor vorwiegend Männer in Führungspositionen. Der heutige Abend zeigte aber, daß wir mitten im Fluß sind und sich auch an oberen Stellen mehr Frauen durchsetzen werden. Sie fangen halt erst einmal im Kleinen beim Azubi-Wettbewerb an. Und schon geht es in dem festlich geschmückten Saal los, die Preisvergabe wird nur zum Speisen des Menüs unterbrochen und vom Koch des Hauses, der diese vorstellt. Halt, nein, dazu gehören auch gefällige Einlagen der Azubis selbst, vom Singen über das Tanzen. Wir aber widmen uns nun den Preisträgern, die eine nach der anderen vorgestellt werden und von denen wir uns einiges mitgeschrieben haben.
Erst einmal noch die Erläuterung, daß man im Hotel viele Ausbildungsberufe erlernen kann. Denn die Lehrlinge – in der Schweiz heißt das, wie der Conférencier des Abends, der Direktor des Marriott Zürich Heinz Giessen weitersagte, für weibliche Azubis „Lehrtochter“! – können Hotelfachmann/-frau, Veranstaltungskaufmann/-frau, Hotelkaufmann/-frau, aber auch Hotel- und Gastgewerbeassistenten, Koch/Köchin oder Restaurantfachmann/-frau werden. Sie alle haben gute Chancen, denn der Marriott Konzern hat Gewaltiges vor. „Wir planen bis 2015 die Anzahl der Hotelzimmer in Europa zu verdoppeln und werden in den nächsten Jahren viele dynamische Führungskräfte benötigen“, erklärte Gitta Brückmann die Zukunft. Das sieht für den Personalbedarf nicht schlecht aus, denn von den Qualifizierten bleiben im Schnitt jeweils 70 Prozent dem Marriott verbunden und von den 30 Prozent, die es erst einmal woanders versuchen, kehren auf Dauer die Hälfte wieder zur ehemaligen Ausbildungsstätte zurück, nicht unbedingt in das selbe Hotel, aber in den Marriott Konzern.
Wir erleben Preisträgerinnen aus Süddeutschland, ja, das fällt uns auf, daß der Süden, wozu Zürich, München und Wien zählen, sehr oft genannt wird. Aus Wien vom The Imperial Riding School Vienna kommt Rita, Hotel- und Gastgewerbeassistentin und ihre Kollegin Carolin. Beiden wird attestiert, außergewöhnliche Leistungen zu bringen, wobei Erstere besonders freundlich und zugewandt und die Zweite eine hilfreiche Eigenschaft mitbringt: „Sie löchert ihre Mitmenschen mit jeder Menge Fragen und schafft es auch, sich selber einmal Arbeit zu suchen, falls sie mal einen Leerlauf haben sollte. Als Lehrlingssprecherin ist sie die erste Anlaufstelle für alle Azubis im Haus.“
Aber auch männliche Azubis kamen vor. Philipp wird als Restaurantfachmann im Marriott Leipzig ausgebildet und glaubt man den Lobsprüchen über ihn, an denen wir nicht zweifeln, dann kann er seine Lehre gleich abschließen, denn er kann alles und ist darüberhinaus charmant und bleibt auch in den schwierigsten Situationen gelassen. Daniel vom Airport Marriott München dagegen bringt zwei besondere Eigenschaften mit. Er ist eine „wahre Sportskanone“ und hat ein besonders „breit gefächertes Interessengebiet von Kirche über Geschichte bis hin zur Politik“. Aber warum wir bei ihm aufhorchten, hat mit Folgendem zu tun. „Er ißt seine Kartoffeln, Reis und Nudeln immer nur ohne Soße??? Aber das soll hier ja nicht bewertet werden.“ Na so was. Das muß man bewerten und zwar positiv. Die Neigung der Deutschen, über alles Soße zu gießen oder alles in ihr zu ertränken, ist nämlich eine Eigenschaft, die wir ablehnen und es wie dieser Daniel aus München halten, dem wir deshalb „Durchhalten“ wünschen.
Und so ging es weiter, Lisa, Hotelfachfrau aus Heidelberg, Kevin, Koch aus Wien vom Renaissance Hotel, Lukas, Restaurantfachmann vom Vienna Marriott Hotel, Laura, Hotelfachfrau, München Marriott Hotel, Helene, Hotelfachfrau vom Marriott Berlin, von der uns ihre künstlerische Ader in Erinnerung blieb, aber auch, daß sie sozusagen Kollegin ist und für das Hausblatt schreibt. Auch Anna ist Hotelfachfrau und auch aus Berlin, aber sie stammt aus dem Taunus, ist also in Frankfurt zu Hause und wird besonders begeistert begrüßt.
Hotelfachfrau ist auch Christina Raisbeck, aber aus dem Renaissance Hotel Karlsruhe. Auch sie hat die hundert Punkte erreicht, aber: „Und obwohl sie die besten Voraussetzungen für die Hotellerie mit sich bringt, ist dennoch ihr Berufswunsch Anwältin zu werden.“ Das wäre doch nicht schlecht, eine Anwältin mit Fachpraxis im Hotelgewerbe. Schließlich gibt es genug gerichtliche Auseinandersetzungen, mal innerhalb zwischen Arbeitgeber und _nehmer, mal in der Auseinandersetzung mit den Gästen. Ach, wir können sie einfach nicht alle aufzählen, die zweiundzwanzig Ausgezeichneten, von denen wir Katharina vom Marriott Frankfurt mit dem Spezialpreis schon vorstellten.
Ziehen wir ein Resümee. Ein solcher Tag ist für die Weiterbildung der Azubis sehr gut geeignet, denn er zeigt auch die Streßfähigkeit der Teilnehmer und ihre Einbindung ins Team. Das war auch am Abend eine der eindrücklichsten Erfahrungen, daß die gerade auf der Bühne Ausgezeichneten, von denen, die sie kennen oder mit denen sie konkret zusammenarbeiten, glücklich in den Arm genommen wurden. Das ist irgendwie für die Auszubildenden eben auch ein gemeinsamer Erfolg, weil es – spätestens seit Vicki Baums „Menschen im Hotel“ – klar ist, daß man in solchen menschlichen Kraftfeldern, wie es Hotels nun einmal sind, wo für einen Tag und eine Nacht die unterschiedlichsten Leute unter einem Dach wohnen und schlafen, und die irrsten Sachen passieren können, von denen die Hollywoodfilme voll sind, daß es in solcher Gemengelage nur gemeinsam geht, nur gemeinsam richtig gut geht.