Die Angst des Trainers vor den Fans

Man of the Match, wie man neudeutsch sagt: John Jairo Mosquera. Die Führung erzielte der von Werder Bremen ausgeliehene Stürmer in der 33. Minute vor 17.500 Zuschauern im ausverkauften Stadion An der Alten Försterei.

Es soll, so lassen Statistiker uns wissen, sechs Alutreffer gegeben haben, zwei für Hansa, der doppelte Rest für Union. Vermutlich sind diesen Erbsenzählern auch diverse Ballfangversuche nicht entgangen, bei denen sich der sonst so sichere Union-Torwart Jan Glinker diesmal als Chancenvorbereiter für Hansa erwies. Zu einem Zeitpunkt, als sich der Regen noch im Berliner Zentrum austobte, ließ er mehrmals Bälle abprallen, mit Vorliebe in die Mitte der eigenen Verteidigung. Rostock ließ sie ungenutzt. Ansonsten ging Union durch einen athletischen Mosquera in der 33. Minute in Führung, hätte in der nächsten Stunde deutlich nachlegen können, unterließ es aber zum Leidwesen manch älteren Tribünengastes mit Herzproblemen, und Hansa versuchte die zweite Halbzeit für sich zu nutzen, um wenigstens einen Punkt nach Hause zu bringen, kam aber erst gegen Ende zu einigen Chancen.

Der 1:0 Sieg spiegelte auch den Umgang des Bezahlfernsehens mit den Trainern wider. Während der Sieger Uwe Neuhaus im trockenen TV-Studio die üblichen monotonen Fragen beantwortete, musste Herr Zachhuber Ähnliches auf dem Platz und unter einem tropfenden Regenschirm über sich ergehen lassen. Interessant war auch der Bericht des DSFs. Der werbeübermüllte Kurzbericht erzählte von einem Spiel, das Hansa gleichwertig bis besser auf dem Platz sah.

Und was hat das Ganze nun mit der Angst des Trainers vor den Fans zu tun? Alles. Fans lieben oder hassen ihren Trainer. Himmel oder Hölle. Der Konsens aus beiden Extremen ist die Erde, auch das Synonym für Bodenhaftung. Ein Begriff, den Uwe Neuhaus nicht müde wird zu betonen. Niemand in seiner Mannschaft soll abheben, niemand soll von Mehr als den Klassenerhalt träumen.

Sollte Union einmal verlieren, dann kann Uwe Neuhaus endlich aufatmen, was aber immer noch nicht seine Angst vor den Fans erklärt. Also: Es gibt Stadien, in denen es so langweilig ist, dass sich selbst der Tod sein baldiges Ende herbei wünschen würde, und es gibt Arenen, in denen werden die Spieler zu Höchstleistungen gebrüllt. Die „Alte Försterei“ von Union Berlin ist solch eine. Uwe Neuhaus kennt diese Gefahr. Mit Rostock kam am Freitag erstmals ein wirklich ernstzunehmender Gegner. Hansa konnte zwar nicht gänzlich überzeugen, was aber wird sein, wenn Union auf eine Mannschaft trifft, die von den Spielern einen kühlen Kopf abverlangen wird? Werden die Union-Fans ihre Lieblinge ins offene Messer schreien?

Sie werden nun vielleicht denken, das ist ja ein Widerspruch: Um Bodenhaftung zu behalten, sollte Union endlich einmal verlieren, was natürlich der Natur des Wettkampfs entgegensteht. Andererseits sollte die Mannschaft bei einem starken Gegner die Ruhe im Fan-Gebrüll behalten, um – na? – nicht zu verlieren.

Ich weiß darauf auch keine Antwort, aber lassen Sie sich eins sagen, so ist das Leben.

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