Das Problem liegt jedoch tiefer. Das machen auch die sorgenvollen Fragen vieler Bürger deutlich. Man fragt nach der deutschen Souveränität und danach, ob es eine sogenannte „Kanzlerakte“ geben soll. Wenn man nachforscht, so scheinen Aussagen dieser Art auf einen ehemaligen MAD-Präsidenten zurückzugehen. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, daß ein Amtsinhaber für das Kanzleramt vorher so etwas wie einen „Treueschwur“ im „oval office“ des „Weißen Hauses“ ablegen muß, bevor er sein Amt in Deutschland antreten kann. Natürlich liegt ein gewisses Risiko darin, einen ehemaligen Präsidenten des MAD zum Kronzeugen für derart gewagte Behauptungen heranziehen zu wollen. Eigentlich ist der MAD noch nie dadurch bekannt geworden, Dinge von staatspolitischer Bedeutung beurteilen zu müssen oder zu können. Aber das Unbehagen ist da und wird durch Veröffentlichungen reihenweise genährt.
Deutschland. Ein Kolonialgebiet
Dazu trägt nicht nur die Kenntnis vieler Bürger über den Einfluß amerikanischer Financiers auf die deutsche Presse bei. Tatsache ist nun einmal, daß in den USA für ein finanzielles und sonstiges Engagement von Ausländern auf dem Pressesektor andere Regeln gelten, als dies für amerikanische Geldgeber bei der deutschen Presse gilt. Es mag historische Gründe dafür geben, den Grundsatz der Reziprozität in der Behandlung ein und desselben Sachverhaltes diesseits und jenseits des Atlantiks unterschiedlich angewendet zu sehen. Zeitgemäß sind diese Unterschiede allerdings nicht.
Den meisten Menschen im Lande mißfällt es gewaltig, von deutschen Basen unter US-Kontrolle mörderische Aktivitäten wie die Drohneneinsätze feststellen zu müssen. Das hat mit gemeinsamer Verteidigung nichts, aber auch gar nichts zu tun. Für die obersten Verfassungsorgane, wie Bundespräsident, Präsident des Deutschen Bundestages, Präsident des Bundesverfassungsgerichts und die Frau Bundeskanzlerin wäre es eine staatspolitische Verpflichtung , diese kriminellen Aktivitäten zu unterbinden. Das würde dem Weltfrieden dienen. Das wird in der eigenen Verfassung ausdrücklich postuliert und niemand schert sich darum.
Gerade das, was über die Abhörpraktiken zu Lasten der eigenen deutschen oder europäischen Industrie durch den eigenen Nachrichtendienst jetzt bekannt wird, läßt nicht nur an einen „Staat im Staate“ denken sondern auch daran, daß ein fremder Staat eigene deutsche Staatsorgane übernommen hat und mit oder ohne Wissen des eigenen Kanzleramtes gegen eigene deutsche Staatsbürger nutzt.
Die Crux liegt wohl darin, daß über die Verträge, wie sie anläßlich der Wiedervereinigung Deutschlands reihenweise abgeschlossen worden sind, um das eigentliche Ziel der Wiedervereinigung aus deutscher Sicht nicht zu gefährden, besatzungsrechtliche Bestimmungen, die mit der gemeinsamen NATO-Verteidigung nichts zu tun haben, dem wiedervereinigten Deutschland aufgebürdet wurden. Wir können heute feststellen, zu welchen Konsequenzen das geführt hat, wie selbst höchstrichterliche Urteile deutlich machen. Die Frau Bundeskanzlerin persönlich müßte jeden Anlaß sehen, diesen Umstand zu beenden.