„Ich hatte mir vorgenommen, keinen Respekt zu zeigen und wollte attackieren“, erklärte Svendsen, der vom überragenden Kollegen Johannes Thingnes Boe eine Winzigkeit von 0,5 s Vorsprung auf den Weg genommen hatte.
Als Schempp beim Liegendanschlag einen Nachlader hatte, hatte er ein Polster von 10 s. „Aber auch da war nicht klar, dass wir gewinnen würden. Denn Schempp istein sehr guter Athlet mit einer sehr guten Form“, meinte Svendsen, der im Gegensatz zum Deutschen bereits alles gewonnen hat: Gold bei Olympia und WM sowie den Gesamt-Weltcup.
Als Schempp dann stehend zweimal patzte, waren die Würfel für die seit Jahren bei den Männern dominierenden Norwegern gefallen.
Dahinter kamen Frankreich – ohne Superstar Martin Fourcade -, Österreich und die bereits zuvor zweimal siegreichen Russen (ohne Anton Shipulin) ein.
Vor 20 000 begeisterten Zuschauern im Stadion und an der Strecke bei Sonnenschein, aber böigem Wind, erwies sich wieder einmal, dass die Einzelergebnisse nicht eins zu eins auf ein Staffelergebnis übertragen werden kann.
Denn nach Sprint und Verfolgung zuvor hätten die Deutschen unangefochten auf Rang eins landen müssen. Denn die erfolgsverwöhnten Norweger waren hier unter den Erwartungen und ohne Podiumsplatz geblieben. Svendsen konnte keine rechte Erklärung liefern, ob es Anpassungsprobleme an die Höhe oder anderes war: „Gestern habe ich mich etwas schlapp gefühlt, heute ging es urplötzlich viel besser.“ Aber etwas nervös sei er schon gewesen, denn Schempp hatte ihn zuvor in Ruhpolding im Finish beim Massenstart nach ein paar Niederlagen erstmals schlagen können.
Weder Schempp noch der auf zwei laufende Daniel Böhm haderten, dass es der Ehrenplatz geworden war. „Es war klar, dass vier bis fünf Mannschaften für den Sieg in Frage kommen würden“, erklärte Böhm. „Wir sind zum zweiten Male Zweiter geworden und haben bestätigt, jederzeit um den Sieg mit streiten zu können. Was dann am Ende herauskommt, hängt von Kleinigkeiten oder kleinen Fehlern und der Tagesform ab.“
Zum guten Schluss Platz eins für das deutsche Perspektiv-Aufgebot
„Was kann es für einen schöneren Abschluss geben, als ein deutscher Sieg“, kommentierte der Stadionsprecher den Zieleinlauf der Frauen-Staffel über 4x 6 km. Laura Dahlmeier hatte als Vierte mit perfektem Schießen die bis dahin führenden Russinnen überholt und feierte mit Franziska Hildebrand, Franziska Preuß und dem nervenstarken Küken Luise Kummer nach Hochfilzen bereits den zweiten Kollektiverfolg!
Aufkommende Windböen hatten zuvor für Nachlader und Strafrunden en masse gesorgt. Das Klassement wurde immer wieder durcheinander gewürfelt. Bundestrainer Gerald Hönig sah phasenweise ein „Lotteriespiel am Schießstand“. Wobei sich letztlich die Schießqualitäten seiner Schützlinge und das ausgeglichene Aufgebot durchsetzten. Das bislang erfolgreichste Saisonteam der Tschechinnen sicherte sich dank der famosen Schlußläuferin Veronika Vitkova noch Rang zwei vor der Ukraine. Die Russin Jekaterina Glazyrina dagegen fiel von zwei noch auf die vierte Position zurück.
Team-Seniorin Hildebrand (27): „Wie meine Gedanken nach meinem missglückten Auftakt (2 Strafrunden, 3 Nachlader, d.A.) waren?…Nicht zitierfähig. Aber bei den Windböen wusste ich, würden auch die anderen Probleme bekommen. Und so hoffte ich auf die Schießqualitäten meiner Kolleginnen.“
Aus deutscher Sicht war die Bilanz mit drei Siegen und fünf Podiumsplätzen ähnlich positiv wie die Woche zuvor in Ruhpolding (6 Podiumsränge). Zu Jahresbeginn in Oberhof waren die Skijäger in Schwarzrotgold diesbezüglich noch leer ausgegangen.
Bis zum Saison-Höhepunkt im März in Finnland gibt es noch die Weltcups in Nove Mesto (Tschechien) und Oslo.
WM-Kandidatur 2020 und ein piccolo Teatro
Mit den 20 000 Zuschauern vom Sonntag kam der Gastgeber an vier Tagen auf rund 67 000 Augenzeugen. Was beispielsweise Oberhof an fünf Tagen knapp übertrifft. Und Antholz bei der Kandidatur auf erneute Austragung der WM 2020 aussichtsreich positioniert. Fünf Mal seit 1975 fanden hier bereits WM-Ttitelkämpfe statt. Damit ist der Standort und Klassiker des Weltcups Rekord-Ausrichter.
Diesen Status hat Antholz in den letzten 20 Jahren dem Wirken von OK-Chef Gottlieb Taschler zu verdanken. Es hat den Anstrich eines spätrömischen „Teatro“, dass sein Ruf und sein Lebenswerk durch Spekulationen über eine Dopingverstrickung beschädigt wurde. Taschler soll laut Gazzetta dello Sport für seinen Sohn Daniel, ein Biathlet der zweiten Reihe in Italien, Kontakt zum wegen Dopings verurteilten Arzt Michele Ferrari hergestellt haben. Aber nur, um dessen gesundheitliche Probleme (u.a. mit der Schilddrüse) behandeln zu lassen, wie Taschler während des Weltcups erklärte. Sein Wirken als Vize-Präsident des Weltverbandes IBU ruht bis zur Klärung des Sachverhalts.
Von den angeblich 10 000 Protokollseiten, die der Staatsanwaltschaft vorliegen, haben weder Taschler noch sein Anwalt bisher eine Seite zu Gesicht bekommen. Dass die Zeitung daraus Auszüge veröffentlicht, lässt rechtsstaatliche Zweifel aufkommen. Denn wie können Ermittlungsakten öffentlich werden, bevor die Angeschuldigten davon erfahren?
Regionale Zeitungen vermuten, dass gegen Taschler wegen mangelnder konkreter Fakten kein Verfahren eröffnet wird. Die Telefonmitschnitte sollen indes vermuten lassen, dass sich der Sohn auch Ratschläge zur unerlaubten Leistungssteigerung – ergo durch Doping – von Ferrari erbat. Falls sich dies bestätigte, droht ihm ein Verfahren.