
Berlin, BRD (Weltexpress). Der in den USA lebende indische Historiker und Journalist Vijay Prashad schildert den schockierenden Tod des 20-jährigen Ahmad Saeed Tazazaa am 3. August 2025 im israelischen Gefängnis von Megidd. Dem nur wenige Monate zuvor die Ermordung eines anderen palästinensischen Gefangenen, des 16-jährigen Walid Khaled Abdullah Ahmad am 24. März 2025 im selben Gefängnis vorausging. Sie gehören zu den 320 politische Gefangenen, die seit 1967 in der Haft ums Leben gekommen sind, so der Autor, der hinzufügt, dass derzeit 10 800 palästinensische politische Gefangene in israelischen Gefängnissen verrotten würden. Vijay Prashad ist Leiter des Institute for Social Research, Herausgeber von Left Word Books, Chefkorrespondent bei „Globetrotter“ und Senior Non-Resident Fellow am Chongyang Institute for Financial Studies der Volksuniversität Chinas. Seinen im „Globetrotter“ veröffentlichten schockierenden Bericht hat das in Rom erscheinende kommunistische Magazin „Contropiano“ am 16. August 2025 auf seinem Onlineportal übernommen.
Die beiden jungen Männer, oder besser gesagt Jungen, waren aus dem Westjordanland verschleppt worden: Ahmad aus Dschenin, Walid aus Silwad. Israel verschwieg zunächst Walids Tod, musste aber später reiner Autopsie zustimmen. Walids Obduktion ergab, dass er unter extremem Muskel- und Fettschwund, Luftansammlungen in Brust und Bauch (wahrscheinlich durch stumpfe Verletzungen verursacht ) sowie Anzeichen von Ödemen und Stauungen im Dickdarm (im Einklang mit traumatischen Verletzungen) litt. Die Autopsie bestätigte, dass er an Unterernährung und Schlägen israelischer Gefängniswärter starb.
Khaled Ahmed, Walids Vater, erinnerte daran, dass sein Sohn nicht nur ein brillanter Schüler, sondern auch der beste Torschütze der örtlichen Fußballmannschaft war. Er bereitete sich darauf vor, „der palästinensischen Nationalmannschaft beizutreten“, sagte Khaled. Walid wurde drei Tage vor Suleiman al-Obeid getötet , der den Spitznamen „palästinensischer Pelé“ trug und von israelischen Soldaten erschossen wurde, als er in Gaza in der Schlange stand, um Lebensmittel für seine Familie abzuholen. Innerhalb weniger Tage verlor der Fußball zwei seiner hellsten Sterne durch den israelischen Völkermord.
Prashad führt an, dass am 12. August 2025 die Palästinensische Gefangenengesellschaft einen Bericht über die Haftbedingungen in israelischen Gefängnissen veröffentlichte, der die unmenschlichen Bedingungen beschreibt. Der Bericht prangert an, dass die israelische Gefängnisverwaltung die Gefangenen „systematisch und geplant“ ihrer „Menschlichkeit beraubt“ und sie „körperlich und psychisch so erschöpft, was zu ihrem Märtyrertod führen kann“. Die Situation wird mit drei Worten beschrieben: Folter, Hunger und Grausamkeit. Seit Oktober 2023 sind 76 palästinensische Gefangene in Haft gestorben.
Über 2 000 Palästinenser, so der Autor weiter, wurden von den israelischen Streitkräften an Lebensmittelausgabestellen getötet. Angesichts dieser Zahlen ist es schwer zu begreifen, was den Palästinensern in israelischen Gefängnissen widerfährt. Diese Brutalität muss jedoch in einen größeren Kontext gestellt werden: Israels Aufkündigung des Oslo-Abkommens.
Israel führt im Gazastreifen ethnische Säuberungen durch, indem es völkermörderische Bombenangriffe durchführt, palästinensische Dörfer im Westjordanland dem Erdboden gleichmacht, dort israelische Siedler ansiedelt und Jerusalem militärisch besetzt.
Die Bombardierungen des Gazastreifens gehen weiter, während die Israelis im Westjordanland und in Jerusalem Anführer des Widerstands verhaften und in Gefängnissen foltern. Die Bombenanschläge und Verhaftungen sind also Teil eines einzigen Plans: der Aufkündigung der Osloer Abkommen.
Das Palästinensische Komitee für Gefangenenangelegenheiten hat auch einen erschreckenden Bericht über die Folterungen veröffentlicht, die den Gefangenen im Gilboa- Gefängnis im Norden Israels zugefügt werden. Wärter dringen in die Zellen ein, durchsuchen sie, machen die Insassen bewegungsunfähig, bringen sie in den Hof, schlagen sie, beleidigen sie und versetzen ihnen Elektroschocks. Dann schleppen sie sie in die Duschen, übergießen sie mit Wasser und foltern sie erneut.
Ein Anwalt des Komitees erklärte: „Die Schocks werden mit speziellen Elektroschockpistolen verabreicht, die auch für Kopfschüsse verwendet werden. Da sie aus massivem Metall bestehen, verursachen sie tiefe Wunden, die viele Häftlinge bluten lassen, während die Wärter sie verspotten. Die Folter ist so schwerwiegend, dass viele das Bewusstsein verlieren .“
Ziel dieser Gewalt ist es nicht nur, sie ohnmächtig zu machen, sondern ihre Identität zu zerstören und ihnen den Verstand zu rauben. Raed Abu al-Hummus, der Leiter der Kommission, sagte: „Das Ziel ist klar: Sie emotional zu zermürben, sie in den psychischen Zusammenbruch zu treiben. Dies ist kein Einzelfall. Es ist Teil einer zunehmend brutalen Gefängnispolitik.“
Wenn die palästinensischen politischen Führer psychologisch zerstört werden, wird auch der Widerstand darunter leiden. Elektroschocks sind daher ebenso grausam wie die Bomben, die auf die hungernde Zivilbevölkerung im Gazastreifen abgeworfen werden. Beide Mittel dienen Israel dazu, jeglichen Widerstand gegen die Besatzung zu brechen.
Prashad führt Megiddo an, eines der schlimmsten Gefängnisse Israels, das über Einzelhaftabteilungen für palästinensische politische Führer wie Marwan Barghouti und Ahmad Sa’adat verfügt. Marwan Barghouti (Jahrgang 1959), ein prominenter Fatah- Politiker, der während der Zweiten Intifada verhaftet wurde, sitzt seit 23 Jahren und vier Monaten in diesem Gefängnis. Die Interparlamentarische Union stellte fest, dass seine Behandlung bei der Verhaftung „einen fairen Prozess unmöglich machte“ und er nicht inhaftiert werden durfte. In den letzten Jahren wurde er in seiner Zelle geschlagen, bis ihm die Rippen brachen . Die Versuche, ihn zu brechen, gehen unvermindert weiter.
Ahmad Sa’adat (Jahrgang 1953), Generalsekretär der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), befindet sich dort seit 23 Jahren und 3 Monaten in Haft. Zunächst wurde er von der Palästinensischen Autonomiebehörde festgenommen und später von Israel illegal verschleppt und nach Megiddo überführt.
Ziel der jahrzehntelangen Inhaftierung dieser Führer ist es, die Wiedergeburt einer vereinten palästinensischen Führung zu verhindern. Der israelische Politiktheoretiker Baruch Kimmerling bezeichnet dies als „Politizid“ – den Tod durch die Politik. Israel tötet nicht nur Palästinenser, um ihnen ihr Land zu stehlen, sondern es zerstört die Möglichkeit einer palästinensischen Politik.
Gruppen wie die Palestinian Prisoners‘ Society, Addameer (Vereinigung zur Unterstützung von Gefangenen und Menschenrechten) und Al-Haq (Verteidigung der Menschenrechte) kämpfen weiterhin dafür, dass die Gefangenen nicht vergessen werden.
Im Oktober 2021 verbot Israel deshalb sechs palästinensische Organisationen, darunter Addameer und Al-Haq, und warf ihnen Verbindungen zur PFLP vor. Im November 2021 erklärte der israelische Militärkommandeur im Westjordanland sie zu „illegalen Vereinigungen“.
Das bringt den Politizid auf die nächste Ebene: Nicht nur politische Gruppen (wie die PFLP) werden als Terroristen abgestempelt, sondern sogar diejenigen, die Gefangene verteidigen, werden kriminalisiert.
Der Autor erwähnt Ahmad Saeed Tazazaa, der im September 2024 in Qabatiya im nördlichen Westjordanland verhaftet wurde. Israelische Soldaten stürmten seine Stadt und warfen Palästinenser aus dem dritten Stock eines Gebäudes. Ahmad wurde gefangen genommen, nach Megiddo gebracht, gefoltert und getötet. Die Behandlung im Gefängnis war noch brutaler als der Sturz aus dem dritten Stock.
Anmerkung:
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im WELTEXPRESS.
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