Früher, da hieß die Jazzreihe „Jazz im Historischen Museum“, das auf der Frankfurter Mainseite steht, dem Römer gegenüber, und fand in dessen Hof statt, der nicht mal groß ist, aber in dem 900 Enthusiasten des Sonntagmorgens regelmäßig ab 11 Uhr ihren Spaß hatten. Ja, Getränke gab es auch. Ja, Äppelwoi auch. Aber das Museum, ein kalter Betonklotz, der durch seine Sterilität auch schon wieder etwas hat, wird umgebaut, was jahrelang dauern wird und da lag es nahe, in den nun wirklich schönsten Freiluft-Museumsplatz zu gehen, den Frankfurt bietet, und das ist der Garten des Liebieghauses, ebenfalls am Main gelegen, aber auf der Sachsenhäuserner Seite, dem Schaumainkai, dem eigentlichen Museumsufer.
Dort nun wurde im Café, auch dem schönsten Museumscafé der Stadt unter großen Bäumen, die diesjährige Veranstaltungsreihe vom Leiter des Mousonturms Dieter Buroch vorgestellt. Sicherheitshalber nennt man den Jazz nun erst einmal „jazz im museum//liebieghaus“, denn im Bewußtsein soll bleiben, ’Jazz im Museum’. ’Syn’ ist das Stichwort der Initiatoren, sei es synästhetisch oder synergetisch. Das müssen wir erklären? Gerne. Eigentlich wäre synästhetisch ja, daß beim Klang des Jazz man Farben gleich mitempfindet, im Garten also ’schreiendes Grün’, also die Miterregung eines Sinnesorgans, das durch ein anderes ausgelöst wird. Die Macher der Reihe und der anwesende Direktor des Liebighauses Max Hollein, sehen das aber lieber hintereinander. Also erst die Musik hören und dann mit der gleichen Karte das Museum besuchen und dort im Farbenrausch der Antike die Kunstgenüsse fortsetzen. Farbenrausch der Antike? Ja, denn in Frankfurt ist die Antike nicht mehr Weiß in Weiß, sondern die Skulpturen und Tempelreste bekennen sich zur Farbe ihrer Herstellungszeit. Nicht alle, aber doch genug, daß man in Verbindung mit farbigen Wänden ein völlig neues Gefühl für diese alten, herrlich gearbeiteten Stücke erhält. Ob man will oder nicht. Und in diesem Sinne erhoffen sich die beiden Institutsleiter einen Synergieeffekt, daß nämlich die akustischen Genießer auch noch ins Museum gehen und die optischen Besucher im Garten landen und zuhören.
Das Programm ist diesjährig stark skandinavisch geprägt. Am Sonntag, 26. Juli, tritt Nils Petter Molvaer, den das Programm ankündigt als“ Es gibt nur wenige Musiker, die es verstehen, so vorurteilsfrei und souverän mit den unterschiedlichen musikalischen Stilelementen zu experimentieren, wie es der norwegische Trompeter, Komponist und Produzent Nils Petter Molvaer tut. In seiner Musik läßt Molvaer in einzigartiger Weise die Grenzen zwischen Jazz, Ambient House, elektronischer Musik, Dub, Break Beat, HipHop, Rock und Pop verschwimmen, um soundscapes von unglaublicher Intensität und Tiefe entstehen zu lassen.“ Ganz schwindelig ist uns von diesen Aussichten geworden, die Nils Petter Molvaer mit Eivind Aarset, Gitarre und Audun Kleive, Schlagzeug zu Gehör bringen werden.
Am Sonntag, 2.August, treten Heinz Sauer (Saxophon), Michael Wollny (Klavier) & Bertram Ritter (Schlagzeug) auf. Wir kennen Heinz Sauer noch als Mitglied im Albert Mangelsdorff Quintett/Quartett, dessen Preis er auch 1999 erhalten hat. Am Sonntag, dem 9. August sind dann The Soul Jazz Dynamiters und Contrast Quartet feat Heinz-Dieter Sauerborn zu Gast. Von den Dynamiters heißt es:“Eigenkompositionen im charmanten Oldschool-Design mit scharfem Blick in die Zukunft. Vier abenteuerlustige Musiker in klasser Soul Jazz Besetzung erkunden mit zeitgemäßem Repertoire neues musikalisches Terrain.“ Das sind Peter Back am Saxophon, Jo Bartmes an der Hammond-Orgel, Holger Nesweda am Schlagzeug und Martin Lejeune Gitarre. Weiter geht es mit Heinz-Dieter Sauerborn am Saxophon, Yuri Sych, Klavier und Keyboard, Martin Standke Schlagzeug und Tim Roth Kontrabass und Baß.
Am Sonntag 16.8., dann Arve Henriksen, Trompete mit Jan Bang, dessen musikalische Zuordnung als ’samplings’ bezeichnet wird. Abschließen wird das Programm am Sonntag, 23. August, The Five Corners Quintett mit der Besetzung Jukka Eskola, Trompete, Timo Lassy, Tenorsaxophon, Teppo Mäkynen, Schlagzeug, Mikael Jakobsson Klavier und Antti Ltjönen, Bass. Entnehmen Sie Genaueres den Webseiten des Mousonturms. Wir nämlich wollen noch rasch auf die „Weltmusik im Palmengarten“ eingehen, die jeweils dienstags in diesem weitläufigen Areal spielen, dem ebenfalls schönsten Park Frankfurts, wenn wir nicht eben das Liebieghaus so bezeichnet hätten. Aber ein Palmengarten ist eben kein Park allein, sondern bietet alles an Grün und bunten Pflanzen, den trockenen auch, die Sie sich nur wünschen können. Verwunschen ist er auch ein wenig, der Frankfurter Palmengarten, den man auch ohne Musik genießen kann, etwas ganz Besonderes in Frankfurt.
Aber lassen wir uns ein auf Chiwoniso aus Zimbabwe, die am 28. Juli die Mbira spielt und auch singt und von ihrer Gruppe begleitet wird. Eine Woche später, am 4. August, sind die „3 Ma“ da, das sind drei Musiker aus Mali, Marokko und Madagaskar, wobei Driss El Maloumi die Oud spielt, die aber der Oud heißt, dieses elegische Töne produzierende Instrument, das auch die westliche Welt erobert hat. Am 11. August kommen Hazmat Modina aus den USA. Acht Mitspieler erzeugen einen besonderen Klang, der einerseits den amerikanischen Blues von annodazumal konserviert und mischt mit Elementen von Country, Gypsys, Klezmer, Reggae, Swing und Calypso. Achtung, uns wird schon wieder schwindelig, was wohl dazu gehört, wenn jemand als Gute-Laune-Gruppe mit „ansteckender Spielfreude und schier unerschöpflicher Energie“ angekündigt wird.
Am Dienstag, 18. August, folgen Juan Carlos Caceres & Tango Negro Trio aus Argentinien und da können wir uns die Musik viel eher vorstellen, denn das Bandoneon ist dabei, dieses nach Südamerika ausgewanderte Schifferklavier, das als Bandoneon nach Europa zurückkam. Und Titi Robin macht am Dienstag, 25. August dann doch nur einen kleinen Sprung aus Frankreich nach Frankfurt. Er bringt mit seiner Gruppe auch den seit Jahrzehnten favorisierten musikalischen Dialog mit Arabern und Zigeunermusik. Zu hören auf der neuen Platte Kali Sultana, die Okzident und Orient vereint, was sicher im Palmengarten auf diesem letzten Konzert der Reihe Weltmusik im Palmengarten zu hören ist.
Info: Parallel zu den Jazzkonzerten im Garten des Liebieghauses gibt es für Kinder von 11 bis 13 Uhr die Möglichkeit, im ’Offenen Atelier’ mit Ton und Stein bildhauerisch zu arbeiten, während die Eltern den Sonntagmorgen bei Jazz im Museum musikalisch beginnen. Wäre ich Kind, würde ich auch ohne Eltern dort vorbeischauen.