Berlin, Deutschland (Weltexpress). „Den Freunden des besinnlicheren Genres bot die Farbfernsehsendung Der kleine Prinz ein Märchen für Erwachsene an, ein Gleichnis des Lebens, gesehen von dem feinsinnigen französischen Schriftsteller und Piloten Antoine de Saint-Exupéry“, schrieb Hermann Schirrmeister in der „Tribüne“, dem Organ des Bundesvorstandes des FDGB. In den Hauptrollen, die laut Schirrmeister eindrucksvoll besetzt seien, waren im diesem Farbfilm nach einem Drehbuch von Angel Wagenstein und unter der Regie von Konrad Wolf Christel Bodenein als Prinz, Eberhard Esche als Pilot, Inge Keller als Schlange, Klaus Piontek als Fuchs, Wolfgang Heinz als König, Horst Schulze als Eitler, Jürgen Holtz als Geschäftsmann, Fred Düren als Laternenanzünder und Anna-Katharina Matschau als „die Blume“ genannte Rose zu sehen.
Den Auftrag zur Literaturverfilmung erteilte die Leitung der Sendeanstalt Deutscher Fernsehfunk mit Sitz in Berlin-Adlershof der DEFA in Potsdam-Babelsberg. DEFA steht für Deutsche Film AG. Deren Lohnarbeiter sollte die Deutschen auf ihre Weise entnazifizieren, „die deutschen Köpfe vom Faschismus … befreien“, wie es ihre Gründer formulierten, und die Bürger zum Sozialismus „erziehen“. Dazu paßte das Werk von Antoine de Saint-Exupéry, das 1943 in Neuyork im französischen Orginal mit dem Titel „Le Petit Prince“ und in englischer Übersetzung mit dem Titel „The Little Prince“ erschien, wo sich der Autor im Exil aufhielt.
In diesem utopischen Erzählung in Form eines modernen Kunstmärchens wird der Inhalt als der Freundschaft und Menschlichkeit dienend verstanden. Oft zitiert wird der Fuchs, den der kleine Prinz auf seiner Reise trifft. Der sagt: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“
Auch die Figuren paßten wie die Faust aufs Auge zur Kritik an kapitalistischen Verhältnissen, die zum Faschismus führten. Da ist der „König, der ein fiktives Reich herrscht und für den der kleine Prinz nur ein Untertan ist. Da ist der Eitle, der den kleinen Prinzen als Fan betrachtet. Da wäre der Trinker, der säuft, um seine Alkoholsucht zu vergessen. Da ist ist der Geschäftsmann, der meint, daß die Sterne sein Eigentum seinen. Da ist der Laternenanzünder, der seine Pflicht tut. Da ist der Geografen, der dicke Bücher schreibt, in denen zum Verdruß des kleinen Prinzen die wichtigen Dinge des Lebens nicht zu lesen stehen.
Zu hören ist zudem Manfred Krug, der eine Ballade singt, für die Paul Wiens den Text schrieb.
„Der kleine Prinz“, der 1966 und 1972 im DFF gezeigt wurde, ist zwar eine Literaturverfilmung, aber eine eigenständige und eigenwillige von Konrad Wolf, also keine werkgetreue. Dazu heißt es im Presseheft der Filmverleih GmbH mit Sitz in Stuttgart: „ie stilisierte Ausstattung, die reflektierende Erzählstruktur und der Einsatz musikalischer Kommentare fügen sich zu einem Film, der bewusst offen bleibt, im Ton wie in der Deutung.
Trotz seiner langen Unsichtbarkeit bleibt dieser Film ein eigenwilliges Zeugnis seiner Zeit – zurückhaltend inszeniert, vielschichtig lesbar und filmisch von besonderem Reiz.“
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