Der informelle Faschismus

Nancy Faeser (SPD) am 7.12.2021 in Berlin bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages von SPD, B90/G und FDP. Foto: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

Berlin, BRD (Weltexpress). Das Unterdrückungssystem, das gerade in Deutschland Wurzeln schlägt, erinnert nur wenig an den Nazifaschismus. Aber es verfolgt dasselbe Ziel, nur mit anderen Mitteln. Nur wenn man diese Mittel erkennt, hat man eine Chance, zu widerstehen.

Das ist ein Moment, der öfter auftaucht, wenn man sich mit Menschen in oder aus der Heimat unterhält. Das ist doch alles nicht so schlimm, sagen sie, und jeder kennt einzelne Beispiele von Leuten, die immer noch zwischen Russland und Deutschland hin- und herreisen, oder die bisher auf keine Weise belangt wurden.

Und dann ist da die andere Seite – Dutzende völlig überzogener Strafverfahren, eine Propaganda von einer Wucht, die die Goebbelsschen Anstrengungen wie kleine Etüden wirken lässt, und ein völliger Verlust jeder Art von Rechtssicherheit. Es ist, als blicke man auf eine sich drehende Münze und versuche zu bestimmen, welche der beiden sichtbaren Seiten nun die „wahre“ sei.

Seit nunmehr bald drei Jahren kann man dabei zusehen, wie Innenministerin Faeser mit immer neuen Anläufen die letzten Reste von Rechtsstaatlichkeit und demokratischen Rechten auslöscht; ohne den Rückgriff auf historisch eindeutige Vorbilder zu scheuen, wie die Änderung des Beamtenrechts zeigte, die mehr als nur kleine Anleihen beim berüchtigten „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ aus dem Jahr 1933 nahm. Man muss eigentlich jeden warnen, sich die Gesamtheit der Faeserschen Elaborate wenn möglich auf mehrere Tage verteilt vorzunehmen; auf einmal ist äußerst schädlich für das Wohlbefinden.

Und dennoch ist ein „Es ist doch nicht so schlimm“ eine häufige Erwiderung. Ja, selbst von jenen, die die Geschichte genauer kennen. Weil nun einmal keine Horden mit Fahnen durch die Straßen ziehen, weil nicht Hunderte von Verhaftungen stattfinden, weil die aktuelle Ideologie auf vieles setzt, aber nicht auf die Nation. Und es nach wie vor gelingt, einzureden, die rechte Gefahr sei die AfD.

Was aber, wenn die Wiederholung nach fast hundert Jahren einem anderen Modell folgt? Wenn das Ziel nicht mehr (oder nicht primär) die physische Unterwerfung und Zerstörung ist, sondern die psychische? Also eine Art „informeller Faschismus“, der die gleiche Tiefe der Unterdrückung erreicht, aber dabei auf völlig andere Maßnahmen setzt? Der im Kern denselben Interessen dient, aber eben an vielen Punkten die Lehren aus früheren Modellen gezogen hat?

Das Auffällige ist – und das kann jeder an sich selbst überprüfen –, dass das Gesprächsverhalten der Meisten inzwischen dem historischen Vorbild entspricht. Man denkt darüber nach, mit wem man über was sprechen kann, selbst im Freundeskreis und in der Familie. Was natürlich jede Form von Kontakt mit Gleichgesinnten erschwert, weil man sie nur noch schwer finden kann. Ein Zustand übrigens, der mit Corona einzog und seither nicht mehr verschwunden ist; und das ganz ohne überfüllte Gefängnisse, schlicht dadurch, dass der Druck auf persönliche Beziehungen, aber eben auch etwa auf Arbeitsverhältnisse groß genug ist, dass die Meisten keine unnötigen Risiken eingehen wollen.

Womit wir den ersten Punkt identifiziert hätten, der das oben beschriebene Auseinanderfallen zwischen der unmittelbaren Erfahrung der breiten Massen und den einzelnen, extrem überzogenen Verfahren erklärt. Wer durch physische Gewalt einschüchtern will, der braucht eine breite Streuung, der braucht eine Omnipräsenz der Gewalt. Geht es um psychische Gewalt, dann wäre genau das kontraproduktiv, weil eine der stärksten Formen psychischer Gewalt die Erzeugung von Unsicherheit ist.

Allein die Tatsache, bisher nicht von irgendwelchen Maßnahmen getroffen worden zu sein, liefert keine Grundlage, sich sicher fühlen zu können, wenn jede Möglichkeit fehlt, die Regeln zu erschließen, anhand derer diese Maßnahmen erfolgen. Das gilt natürlich nicht unbegrenzt und funktioniert nur, solange die Dichte nicht allzu hoch ist, aber derzeit funktioniert es hervorragend. Man muss nur ansehen, wer alles bereitwillig die Formel vom „unprovozierten russischen Angriffskrieg“ wiedergibt.

Aber zu dieser aktenkundigen Verfolgung bar jeder Logik kommt noch eine andere Ebene hinzu, die kontinuierlich weiter ausgebaut wird. Erinnern wir an Nancy Faesers Vorstellung eines „Maßnahmenpakets gegen Rechts“ im Februar. Damals sagte sie: „Diejenigen, die den Staat verhöhnen, müssen es mit einem starken Staat zu tun bekommen. Das bedeutet, jeden Rechtsverstoß konsequent zu ahnden. Das kann nicht nur durch die Polizei, sondern auch durch Ordnungsbehörden wie die Gaststätten- oder Gewerbeaufsicht geschehen.“

Das passt aufs Beste zusammen mit den erweiterten Rechten des Verfassungsschutzes, insbesondere in der Kategorie „Wir rufen alle an“. Ins wirkliche Leben übersetzt heißt das: Neben den oben erwähnten überzogenen Strafverfahren, die gewissermaßen nur das Sahnehäubchen auf der Torte darstellen, kann im Grunde alles instrumentalisiert werden, von der Krankenkasse über die Steuerprüfung bis hin zur Kontensperrung. Und zumindest Letzteres geschieht immer häufiger.

Das Problem: Wer zum Opfer dieser Art Maßnahmen wird, dem fällt es meist selbst schon schwer, das als politische Repression wahrzunehmen. Und noch schwerer fällt es, das anderen als solche zu vermitteln. Wenn man wegen einer Parole auf einer Demonstration vor Gericht steht und wegen Volksverhetzung angeklagt ist, weil man „From the River to the Sea“ gerufen hat, ist das für jeden erkennbar eine politische Handlung und eine ebenso politische Reaktion.

Wenn aber wegen der gleichen Parole beispielsweise eine Steuerprüfung in die Firma kommt, der Job weg ist, die Krankenkasse pfändet oder Kredite gekündigt werden, denken erst mal viele: „Da wird schon was dran sein.“ Statt die erforderliche politische Unterstützung bekommen zu können, bleibt man mit seinen Problemen allein, egal, wie weit diese Probleme gehen. Und sie können sehr weit gehen, wenn beispielsweise das Jugendamt involviert wird.

Auch dieses Vorgehen ist nicht absolut neu, man denke nur an den Fall Gustl Mollath, der Jahre in der Psychatrie verbringen musste, weil er einer Bank zu nahe getreten war. Die Neuerung besteht darin, dass früher Derartiges, konnte es nachgewiesen werden, illegal war; aber Faesers Gesetzesänderungen haben dafür gesorgt, dass es das nicht mehr ist. Und Madame Faeser ist auch noch stolz darauf. Aber nur wenige haben die Ausdauer eines Gustl Mollath, der acht Jahre lang unschuldig in der Psychatrie saß und daran nicht zerbrochen ist.

Was Mollaths Probleme damals auslöste, waren Strafanzeigen, die er wegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung gegen die Hypo-Vereinsbank gestellt hatte. Im Verfahren gegen ihn weigerte sich der zuständige Richter, dieses Thema überhaupt zu behandeln; die psychiatrischen Gutachter behandelten das als Paranoia. Allerdings hatten, wie spätere Recherchen ergaben, eben diese Straftaten tatsächlich stattgefunden.

Der Kunstgriff, eine völlig rationale Position, die der Regierung unangenehm ist, als psychische Störung darzustellen, wurde während der Corona-Maßnahmen in geradezu epischer Breite angewandt und seither nie mehr wirklich deaktiviert. Im Grunde blieb es eines der Rätsel dieser Jahre, warum die Gegner der Maßnahmen derart brutal zu „Aluhüten“ und „Coronaleugnern“ erklärt wurden, warum man so weit ging, die „Pandemie der Ungeimpften“ zu erfinden.

Aber wenn man sich überlegt, wie ein Faschismus funktionieren könnte, der auf psychische statt auf physische Vernichtung setzt, kann man einige Unterschiede in den „technischen“ Voraussetzungen finden. Um die Art Unterdrückungsmaßnahmen umzusetzen, die zwischen 1933 und 1945 erfolgten, genügte es, einen vergleichsweise kleinen Teil der Bevölkerung aktiv zu involvieren. Das änderte sich etwas mit dem Krieg im Osten, als zumindest die Polizei vollständig in die Verbrechen einbezogen wurde, aber Tatsache ist, dass es vergleichsweise viele Nischen gab, in denen eine aktive Beteiligung nicht gefordert wurde. Im Grunde reichten ja auch Polizei und Justiz.

Nur hat dieses System Risiken, wie beispielsweise der Reichstagsbrandprozess belegte. Vorgehensweisen wie jene, die Faeser vorschlägt, gab es primär im Bereich der Nürnberger Rassegesetze, und da waren es dann immer noch Gesetze, die man nachlesen konnte, so sehr sie auch das Recht pervertierten.

Das, was derzeit in Deutschland aufgebaut und auch längst angewandt wird, befindet sich völlig außerhalb der Gesetze. Es wird, nicht nur von Faeser, immer wieder betont, es ginge um ein Eingreifen „unterhalb der Strafbarkeitsgrenze“, also um ein Vorgehen gegen völlig legale, eigentlich als Ausübung eines Grundrechts geschützte Handlungen – nein, viel häufiger Aussagen, weil es bis zur Ebene der Handlung schon gar nicht mehr kommt. Die Instrumentalisierung von allem als Mittel der Verfolgung lässt weder die Möglichkeit einer rechtlichen Gegenwehr, da kein sichtbares, beurkundetes staatliches Handeln stattfindet, noch die Möglichkeit, es als das zu benennen, was es ist, nämlich politische Verfolgung.

Um aber ein derartiges System aufbauen zu können, genügt es eben nicht, Sicherheitsorgane und Justiz im Griff zu haben. Es braucht weit mehr willige Mitwirkende, in den Finanzämtern, den Krankenkassen, den Jugendämtern, in allen Behörden und Einrichtungen, die man sich vorstellen kann. Das erfordert eine ganz andere Dichte der Propaganda. Die Möglichkeit, einfach in die andere Richtung zu sehen, wenn das serviert wird, was man zu denken hat, muss genommen werden.

Der Vorteil ist natürlich, man spart die Kosten für Gefängnisse und Schlimmeres samt Bewachungspersonal und man unterbindet jede Solidarisierung selbst zwischen den Opfern, was gleichzeitig die Wirksamkeit deutlich erhöht. Mir kommt dabei ein Zitat von Brecht in den Sinn: „Es gibt viele Arten zu töten. Man kann einem ein Messer in den Bauch stechen, einem das Brot entziehen, einen von einer Krankheit nicht heilen, einen in eine schlechte Wohnung stecken, einen durch Arbeit zu Tode schinden, einen zum Suizid treiben, einen in den Krieg führen usw. Nur weniges davon ist in unserem Staat verboten.“

Und nun noch ein Punkt: Ein Staat, der darauf aus wäre, seine Bürger mit einem derartigen verdeckten, irregulären System zu unterdrücken, wäre auf eine sehr spezifische Information angewiesen – er müsste diejenigen, die hartnäckig auf ihren Positionen beharren, von jenen unterscheiden können, die auf vergleichsweise schwachen Druck nachgeben. Diese Information liegt bereits vor. In Gestalt der Impfdaten. Selbst wenn diese Daten nicht zu diesem spezifischen Zweck erhoben worden sein sollten, weil man einfach nur ein paar Milliarden in das Finanzsystem pumpen musste: Seitdem ist dieser Gedanke mit Sicherheit bereits bei irgendjemand in dem enormen Apparat der deutschen Dienste aufgetaucht.

Es muss nicht notwendigerweise so sein, dass die Corona-Nummer ein geplanter Vorlauf war, der die Grundlage schaffen sollte, um anschließend zu ganz anderen Maßnahmen greifen zu können. Aber viele der „Nebenwirkungen“ dieser Phase würden sich für die Installation eines derartigen informellen Faschismus als nützlich erweisen. Die Institutionen, von der Justiz bis zur Medizin, sind bereits diszipliniert und lassen sich jetzt mit den entsprechenden Reizen mehr oder weniger für alles einsetzen.

Jener Teil der Bevölkerung, der einzuschüchtern war (oder gar noch mit Begeisterung dabei), ist, das war bereits deutlich zu sehen, auch in Hinsicht auf „Rechts“ oder „Antisemitismus“ überwiegend kooperationswillig. Weil aber bei Corona die Vorstellung vermittelt wurde, dass „die Anderen“ eine Quelle existentieller Gefahr seien, bliebe selbst dann, wenn alle von diesen neuen Formen der Verfolgung Betroffenen persönlich den Schritt schafften, das nicht als irgendeine Form persönlichen Schicksals oder persönlichen Versagens wahrzunehmen, jede Unterstützung auf den Zirkel der „Resistenten“ beschränkt.

Um aber tatsächlich diesen Formen allumfassender Angriffe standzuhalten, braucht es Unterstützungsnetzwerke, die nicht auf den geringsten Druck hin zerbrechen. Das in den letzten Jahren so beliebte Konstrukt der „Kontaktschuld“ entfaltet hier seine Hauptwirkung; seine Botschaft lautet nicht, dass tatsächlich eine Person X, die mit einer Person Y gesehen wurde, deshalb das Gleiche denken muss; seine Botschaft lautet, dass jeder, der mit einer „verdächtigen“ Person gesehen wird, selbst ins Fadenkreuz gerät.

Denkbar, dass dieser informelle Faschismus erst in der Anlaufphase ist. Es ist aber ebenso denkbar, dass bereits weit mehr geschieht, als überhaupt öffentlich wahrnehmbar ist. Nicht nur, weil die „offiziellen“ Medien nicht darüber berichten, sondern eben auch, weil bisher das Wissen fehlt, überraschende Feindseligkeit seitens verschiedenster Institutionen als politisches Handeln wahrzunehmen (ganz zu schweigen davon, dass auch die Nebengeheimdienste wie Correctiv noch mitmischen). Die Aussagen, die nicht nur von Faeser nach den Landtagswahlen im Osten getätigt wurden, lassen jedoch fürchten, dass dieser Apparat, wenn er noch nicht voll aktiviert wurde, demnächst aktiviert werden wird.

Und man sollte das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Um einen Menschen existentiell zu vernichten, braucht es nicht viel mehr als eine Kontensperrung, eine Wohnungskündigung und einen Schufa-Eintrag. Ganz ohne Einsatz von Waffen oder stacheldrahtumzäunten Baracken, aber nicht weniger feindselig und nicht weniger bedrohlich.

Anmerkungen:

Vorstehender Beitrag von Dagmar Henn wurde unter dem Titel „Der informelle Faschismus“ am 15.9.2024 in „RT DE“ erstveröffentlicht. Die Seiten von „RT“ sind über den Tor-Browser zu empfangen.

Siehe auch die Beiträge

im WELTEXPRESS.

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