Aber der Reihe nach bei einem Spiel, wo zufriedene Frankfurter Zuschauer grinsten: „Da ham die wohl von Samstag bis heute das Toreschießen geübt!“ Faktisch war es so. Denn bei den 15 Torschüssen vom Samstag, war kein einziger Treffer dabei. Aber von den 8 Torschüssen der Eintracht im Pokalspiel waren 4 erfolgreich. Dabei muß man hinzufügen, daß dieser Sieg ohne den verletzten Chris erschossen wurde, der noch gegen Schalke so omnipräsent und die Mannschaft lenkend und befeuernd gespielt hatte, daß Eintrachttrainer Michael Skibbe ihn zum „Gladiator“ befördert hatte. Ohne ihren eigentlich Spielmacher trumpften die Frankfurter von Anfang an auf, hatten schon Torchancen, aber erst, als in der 10. Minute Alexander Meier verletzungsbedingt ausscheiden mußte und für ihn Caio aufs Feld lief, änderte sich drei Minuten später der Spielstand.
Dieser Brasilianer ist das Sorgen- und das Glückskind der Eintracht. Ein begnadeter Fußballspieler einerseits und ein die Situationen nicht erkennender und den Ball nicht haltender andererseits. Beides blieb er auch in diesem Spiel. Was aber zählt, ist sein Schuß, fast mitten aus dem Lauf, dann auch noch mit Links, aber mit solcher Wucht und Präzision aus mehr als 20 Metern Entfernung ins Tor gedonnert, daß er den Torschönheitspreis an diesem Abend gewann, wo ja noch viele Tore fielen.
Die Eintracht war nämlich am Drücker. Sie war die gesamte erste Halbzeit hindurch die bestimmende, die drängende, die pfiffig spielende Siegermannschaft. Manchmal gingen die Spielereien fast zu weit, wenn sie wie Hase und Igel den Ball in den eigenen Reihen tanzen ließen. Und dann gekonnt Ecken erzielten. In der zwanzigsten Minute war dann wieder einmal Theofanis Gekas zur Stelle, als Halil Altintop eine richtig schöne Flanke vors Tor hob und Gekas nur den Fuß hinhielt und den Ball ins Tor bugsierte zum 2:0. Weiter stürmte die Eintracht und jetzt zeigte sich, kurz, aber erfolgreich die eigentliche Qualität des HSV. Es war nur ein Zug in den gegnerischen Strafraum, den die Hamburger fertigbrachten, aber Mladen Petric stand richtig und schloß für den Frankfurter Torhüter Oka Nikolov unhaltbar zum 2:1.
Das kennt man in Frankfurt, wie schnell aus einer Führung ein Unentschieden und dann eine Niederlage wird. Nicht so am Pokalmittwoch. Denn, nachdem die Hamburger sich aufgebäumt hatten und zweimal den Pfosten trafen und alles nach Ausgleich wirkte, stürmten die Eintrachtler einfach weiter, spielten über beide Seiten unentwegt nach vorne. Daß, was sie als Spiel sonst mit lauter Rückpässen verlangsamen, dem gaben sie Tempo nach vorne und wieder war es Gekas, der richtig stand, als in der 45. Minute der junge Sebastian Jung einen kräftigen Schuß Richtung Tor abgab: er schob ihn sanft ins Tor, den Ball, zum Halbzeitstand 3:1.
Das war das umgekehrte Spielergebnis vom zweiten Bundesligaspiel dieser Saison gegen die Hamburger in Frankfurt, wo diese damals mit 1:3 abzogen. Aber noch kam die zweite Halbzeit. Zeit darüber zu reden, daß das Spiel auch ganz anders hätte ausgehen können und das Torergebnis von 5:2 nicht das eigentliche Spiel abbildet. Tatsächlich steigerten sich die Hamburger endlich. Ihre Kombinationen waren genauso schnell, elegant und erfolgreich, wie man es sich vorstellt, wenn man Namen wie Ze Roberto, Paolo Guerrero, Mladen Petric, Piotr Trochowski und andere hört. Phantastische Fußballspieler und herrlich anzusehende Spielzüge. Nur konnten sie nichts ausrichten gegen eine entfesselte Eintracht, die sich immer wieder neu erhob und mit einem Selbstbewußtsein den Hamburgern trotzte, daß sogar in der 65. Minute der versierte Petric den weiten Freistoß von Georgios Tzavellas nicht anders klären konnte, als ihn ins eigene Tor zum 4: 1 zu schießen. Künstlerpech, denn ein Ballkünstler ist dieser Petric.
Das bewies er umgehend, als er sechzig Sekunden später, in der 66. Minute im Konterzug Oka Nikolov das 4:2 servierte. Nun legten die Hamburger nach und keiner im Stadion hielt trotz des 2 Tore Abstandes den Sieg für die Eintracht für sicher. Daß die Hamburger nicht weiter kamen, war immer wieder das Verdienst von Patrick Ochs, der überall war, einerseits die Züge des HSV störte, den Ball abnahm und andererseits das Eintrachtspiel in Bewegung setzte. Verhindern allerdings hätte er das 4:3, das in der Luft lag, nicht können, denn der gerade eingewechselte Eric Maxim Choupo-Moting schoß am Frankfurter Torhüter vorbei ins Tor, wo auf der Linie stehend Tzavellas den Ball abwehrte.
Die Hamburger drängten jetzt mächtig und als in der 86. Minute der wieselschnelle Gekas allein mit dem Ball Richtung Tor zog, wollten das zwei Hamburger nicht hinnehmen, nahmen ihn in die Zange, so daß er fallen mußte: im Strafraum! Den fälligen Elfmeter verwandelte Halil Altintop unhaltbar zum 5:2. Schön für ihn, daß er so auch zu einem Tor kam, denn er war ein verläßlicher Mitspieler, der abgab und sich mühte, aber die ganze Zeit mit den Torschüssen Pech hatte.
Daß sich die Spieler der Eintracht zusammen mit ihrem Trainer freuten, lag auf der Hand. Sie durften sich auch an einem gelungenen und spannenden Spiel begeistern, das sie selbst immer wieder in die Hand genommen hatten und mit unentwegtem Tordrang dominierten. Es war eine Mannschaftsleistung, vermittelten die Spieler, die man nach dem Spiel auf das Feuer in ihren Reihen ansprach. Wie sehr manchmal das Gefühlte und die Statistik auseinanderweichen, ergeben folgende Zahlen: Den 8 Torschüssen der Eintracht stehen 10 der Hamburger entgegen, den 6 Ecken der Eintracht ebenfalls 5 des HSV, jeweils auf beiden Seiten 11 Flanken und auch die Fouls waren mit 15:17 annähernd gleich verteilt. Daß aber auch bei den Zweikämpfen Pari herrschte, das verwunderte, denn man sah die Eintrachtler sehr viel häufiger, dagegen fiel schon im Spiel auf, die abseitsorientiert die Hamburger Stürmer sich verhielten. 8 Mal wurden sie wegen Abseits abgepfiffen, nur 2 Mal die Eintracht.
Alles in allem ein spannendes, hervorragendes Spiel, das neugierig macht, wie es weitergeht am kommenden Samstag im Bundesligaspiel in Hamburg! Allerdings gegen den FC St. Pauli. Spannend auch, wer der nächste Gegner im Pokal sein wird. Die Offenbacher wollen die Frankfurter eigentlich erst im Endspiel – „Wir fahren nach Berlin“ – wiedersehen. Aber Frankfurt steht schon jetzt Kopf, wie das Rhein-Main-Derby von den Offenbachern gegen Mainz gewonnen wurde. Und dann auch noch Dortmunds Niederlage. Dafür lieben die Leute eben den Wettbewerb um den Pokal. Er macht alles möglich.