Das Wandern ist des Müllers Lust – Auf dem westfälischen Mühlensteig durchs Weser- und Wiehengebirge

Windmühle Struckhof am westfälischen Mühlensteig

Schon von weitem leuchten die Flügel der Windmühle Strukhof am Rande eines Weizenfeldes. Vorsichtig löst Heinz Kröger die Bremse und schaltet den Elektromotor ein. Es knackt im Gebälk. Vier mächtige Segelflügel drehen ihre Runden. „Mein Vater hat die Müllerei bis 1970 betrieben“, berichtet Kröger: „Heute ist dieser Wall-Holländer eine von 43 Mühlen, die der Mühlenverein Minden-Lübbecke in den achtziger Jahren ins Mühlenerhaltungsprogramm aufnahm.“ Wie bei vielen anderen Mühlen auch, gibt es an verschiedenen Wochenenden im Jahr Mahl- und Backtage. „Dann mahlen wir wieder Mehl wie in alten Zeiten. Allerdings nur, um zu zeigen, wie es einmal war.“ Für die in den Museumsmühlen angebotenen Backwaren ist dieses Mehl nicht bestimmt. Es ist lebensmittelrechtlich nicht erlaubt.

Nur wenige Kilometer weiter im Mühlenstübchen der Wassermühle Bergkirchen bewirtet Eigentümerin Renate Haupt ihre Gäste mit Schmalzbroten und frisch gebackenem Kuchen. „Der Mühlenverein gründete sich 1978“, erzählt sie: „Er hat die einzelnen Mühlen gepachtet und ihre Restaurierung und Pflege übernommen.“ Nachdem in den fünfziger Jahren das große Mühlensterben einsetzte, begannen die Gebäude allmählich zu verfallen. „Für jede Mühle bildeten sich Mühlengruppen mit ehrenamtlichen Mitgliedern, die die einzelnen Mühlen betreuen und die unterschiedlichen Mahlwerke vorführen.“ So wie Herbert Hohmeier, der Interessierte in die Gewinnung von Walnussöl einweiht: „Für einen Liter Öl benötige ich fünf Pfund Walnüsse, die ausschließlich aus der Region stammen.“ Neben dem Mühlengebäude dreht sich ein bemoostes, oberschlächtiges Wasserrad, das die Ölmühle antreibt. „Mühlenräder unterscheiden sich nach der Stelle, an der das Wasser in sie eintritt. Es gibt ober-, mittel- und unterschlächtige Räder“, erklärt Hohmeier.

Die Mühlenroute verbindet auf einem Rundkurs von 320 Kilometern 43 Mühlen unterschiedlichen Typs zu einer Art Mühlenmuseum. An dem im Jahre 2001 eröffneten 65 Kilometer langen „Wanderweg der Müllerburschen“ stehen immerhin elf Mühlen, die besichtigt werden können. Neben verschiedenen Wind- und Wassermühlen gibt es eine Ross- und eine Schiffmühle. Da die meisten von ihnen nicht täglich geöffnet sind, empfiehlt es sich, den Besuch vorher anzumelden.

Der Mühlensteig beginnt in Preußisch-Oldendorf an der Fachwerk-Gutswassermühle Holzhausen-Hudenbeck und verläuft in West-Ost-Richtung durchs Wiehengebirge zur Porta Westfalica. Dort trennt die Weser das Wiehen- vom Wesergebirge. Der „Wanderweg der Müllerburschen“ ist durch einen weißen Mühlenstein auf schwarzem Grund gekennzeichnet. Röckemanns Erd-Holländer-Windmühle in Eisbergen ist das letzte Etappenziel. Die vier Tagesetappen sind zwischen 15 und 20 Kilometer lang. Das Gepäck befördert der Gästeservice zu den jeweiligen Unterkünften weiter.

Eine Besonderheit ist die Rossmühle Oberbauerschaft von Christopf Meyer zu Kniendorf. Es handelt sich um einen achteckigen Fachwerkbau aus dem Jahre 1797 mit rundem Reetdach. „Ungefähr bis 1920 war dies eine Flachsmühle“, berichtet der Mühleneigentümer: „Getrocknete Flachsstängel wurden in der „Bokemühle“ unter drei Stampfern weichgeklopft (gebokt).“ Danach hechelten (kämmten) die Frauen des Ortes die gebrochenen Stängel auf einem Nagelblock, um später die Fäden zu verspinnen. „Nicht nur der Flachs wurde durchgehechelt, sondern auch die eine oder andere Neuigkeit aus dem Dorf.“ Damit sich das Stampfwerk in Bewegung setzen konnte, drehten zwei bis sechs Pferde ein hölzernes Kammrad von 32 Metern Umfang. Seit 1985 wird die Mühle nur noch ein- bis zweimal im Jahr zu Vorführzwecken mit Pferden betrieben.

Per Ausflugsdampfer oder über den Weser-Radwanderweg gelangt der Besucher zur Schiffmühle Minden. Ein mächtiges, unterschlächtiges Schaufelrad ächzt in der Weser hinter einem kleinen Hausschiff. Im 17. Jahrhundert gab es zwölf Mühlen dieser Art entlang des Flusses. Doch ihr Niedergang begann bereits ein Jahrhundert später. Der Grund waren der zunehmende Schiffsverkehr auf der Weser und die leistungsstärkeren Windmühlen, wie die Schautafeln im Innern der Mühle verraten. Zur 1.200-Jahr-Feier beschloss die Stadt Minden 1998 eine Schiffmühle zu rekonstruieren. So rieseln heute wieder Schrot und Mehl aus der „Beutelkiste“ wie vor über 300 Jahren.

Und weiter geht es zur nächsten Mühle. Ganz nach dem Motto des letzten Verses des Volksliedes: „Herr Meister und Frau Meisterin, lasst mich in Frieden weiter ziehn und wandern.“

Informationen

Veranstalter: Der SRJ Gäste-Service, Minden, bietet komplette Rad- und Wander-Touren auf der Westfälischen Mühlenstraße und dem Mühlensteig an. Ausführliches Prospektmaterial mit Adressen und Beschreibungen der einzelnen Mühlen sowie die Termine der Mahl- und Backtage sind beim SRJ Gäste-Service oder beim Mühlenkreis Minden-Lübbecke erhältlich.

Pauschalangebot: „Der Wanderweg der Müllerburschen“ mit 5 Übernachtungen in Hotels und Gasthäusern, täglichem Gepäcktransfer, Lunchpaket, Infomaterial und Wanderkarte, Rücktransport zum Ausgangsort und weiteren Extras: Preis pro Person ab 439 Euro im DZ.

Kontakt: SRJ Gäste-Service, Gneisenaustraße 4, 32423 Minden, Tel. 0571 8891900, Fax 0571 8891993, www.srj.de

Mühlenkreis Minden-Lübbecke, Postfach 2580, 32282 Minden, Tel. 0571 8072317, Fax 0571 80733170, www.muehlenkreis.de

Besondere Veranstaltungen 2010

Deutscher Mühlentag, 24. Mai 2010 (Pfingstmontag)

Kreismühlentag, 22. August 2010

Entlang der Westfälischen Mühlenstraße öffnen an beiden Terminen zirka 35 der 43 Mühlen von 13 bis 18 Uhr ihre Pforten.

Veranstalter des Deutschen Mühlentages: Deutsche Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung (DGM), Schwarzer Weg 2 – Mühlenbauhof, 32469 Petershagen-Frille, Tel. 05702 2694, www.muehlen-dgm-ev.de

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