Als der beliebteste der Comiccharaktere aus der “X-Men”-Reihe der Comicautoren Jack Kirby und Stan Lee steht Wolverine im Mittelpunkt des eine Nebenhandlung weitererzählenden Randfilms zur “X-Men”-Triologie. Nein, Aktionsarmut kann man “X-Men Origins: Wolverine” nicht vorwerfen. Im Jahr 1845 geht es los mit dem Ausbruch der Mutantenfähigkeiten des jungen James Howlett, Vatermord, enthüllte Familiengeheimnisse und Bruderschwur mit James späterem Erzfeind Victor Creed (Liev Schreiber) alias Sabertooth. James nennt sich später Logan und noch später Wolverine, mittlerweile gespielt von Hauptdarsteller Hugh Jackman. Statt Bryan Singer führte der oscargekrönte Regisseur Gavin Hood Regie. Heraus kam ein ungleich reiferes und ansehnliches Schlachtspektakel als die bisherigen „X-Men“-Filme es waren.
Die angekündigte psychologische Tiefenanalyse des Hauptcharakter Wolverine mutiert dabei zur Schnellbiografie mit Tragikfaktor. Mit anspruchsvollem Drama hat die Mutantensaga nichts zu tun. Doch von der X-Beliebigkeit der jugendtauglichen “X-Men”-Triologie wagt “Wolverine” einen unterhaltsamen Schritt ins Erwachsenengenre. Der amerikanische Bürgerkrieg, zwei Weltkriege und der Vietnamkrieg können einen schon zum Tier werden lassen. Aber, das ist Wolverine nicht. “Du bist kein Tier.”, erinnert ihn seine Geliebte Kayla Silverfox (Lynn Collins) wiederholt. Ein Tier könnte auch nicht Hubschrauber vom Himmel holen, Explosionen überleben und eine Militärbasis in Schutt legen. Das ausgerechnet Kayla Wolverine indirekt seinen tierischen Rufnamen gibt und zu einem animalischen Rachefeldzug animiert, zählt zu den kuriosen Unebenheiten des Handlungsgeschehens. Gemeinsam mit seinem immer aggressiver werdenden Halbbruder Victor schlägt sich Wolverine im wahrsten Sinne durchs Leben, bis er sich der aus Mutanten bestehenden Spezialtruppe von Oberst Stryker (Danny Huston) anschließt. Nachdem er die Skrupellosigkeit der Gruppe, zu der die Mutanten Wraith (will i. am), Victor und der Scharfschütze Agent Zero (Daniel Henney) gehören, nicht mehr ertragen kann, verlässt Wolverine sie. Mit seiner Geliebten Kayla Silverfox lebt er in Kanada als Holzfäller und das ist beinahe die einzige Zeit, in der Wolverine aussieht wie der klassische Wolverine. Ansonsten läuft er in einer irgendwie zu coolen Motorradjacke, im verschwitzten weißen Hemd oder ganz ohne Kleidung herum. Stryker und Victor spüren Wolverine auf. Zu spät erkennt er, dass er Teil eines Komplotts ist, in welchem jeder eine andere Rolle spielt, als es scheint. Was verworren klingt, entfaltet sich auf der Leinwand brachial und schlicht als gewaltiger Spezialeffektrausch. Bei den zahlreichen, mit Alibis und Decknamen ausgestatteten Figuren blicken am Ende nur noch Comicleser durch. Doch keine Sorge: die meisten der Charaktere tauchen ohnehin nur kurz auf, was das Kinoabenteuer auch für Unkundige verständlich macht. “Wolverine” gleicht einer Langfassung des Trailers: Aktion en masse und ein bunter Figurenreigen, von denen keine ihr Potential entfalten darf. Weniger wäre mehr gewesen, besonders in punkto Figurenschärfe und Logik. Zuviel ist zuviel, das gilt nicht nur für Explosionen, sondern ebenso Szenen des zum Himmel Aufblickens und verzweifelt Schreiens.
Dabei haben sich die Macher, zu denen als Produzent Hugh Jackman selbst zählt, alle Mühe gegeben, Comicfans und Allgemeinpublikum gleichermaßen zufriedenzustellen. Das führt zu den üblichen Ungleichmäßigkeiten in Handlungs- und Figurenaufbau. Während Wolverines Nemesis William Stryker, aus handlungstechnischen Gründen von dem jüngeren Danny Huston anstelle Brian Cox gespielt, überzeugend finster ist, sind die meisten der Comicfiguren auf der Leinwand zweidimensionaler als auf dem Papier. Der drei “X-Men”-Filme lang herbeigesehnte Remy LeBeau (Taylor Kitsch macht Remys Nachnamen Ehre) alias Gambit darf ein paar Spielkarten werfen, mit seinem Kampfstab herumwirbeln und wieder abmarschieren. Ähnlich ergeht es dem von Stryker operative entstellten Mutanten Deadpool (Ryan Reynolds) und Agent Zero. Beide haben zwar längere Szenen, dürfen aber darin nur ihre Kampfkraft ausspielen. Vom Kampffilm, in dem es Mutant gegen Mutant oder Menschenmasse geht, gleitet “X-Men Origins: Wolverine” in eine bombastische Materialschlacht über. Dabei erweisen sich Wolverines Kleider und Fahrzeuge groteskerweise als so unverwüstlich wie er. Selbst eine “Hummel”-Figurensammlung mit Echtheitszertifikat wäre bei dem Mann sicher. Im Gegenzug eliminiert Regisseur Hood alle Wolverine unterstützenden Figuren so unweigerlich, dass man geradezu darauf wartet, wann es den nächsten trifft.
Als der beliebteste der Comiccharaktere aus der “X-Men”-Reihe der Comicautoren Jack Kirby und Stan Lee steht Wolverine im Mittelpunkt des eine Nebenhandlung weitererzählenden Randfilms zur “X-Men”-Triologie. Nein, Aktionsarmut kann man “X-Men Origins: Wolverine” nicht vorwerfen. Im Jahr 1845 geht es los mit dem Ausbruch der Mutantenfähigkeiten des jungen James Howlett, Vatermord, enthüllte Familiengeheimnisse und Bruderschwur mit James späterem Erzfeind Victor Creed (Liev Schreiber) alias Sabertooth. James nennt sich später Logan und noch später Wolverine, mittlerweile gespielt von Hauptdarsteller Hugh Jackman. Statt Bryan Singer führte der oscargekrönte Regisseur Gavin Hood Regie. Heraus kam ein ungleich reiferes und ansehnliches Schlachtspektakel als die bisherigen „X-Men“-Filme es waren.
Die Eingangsszene führt das Grundproblem der Handlung vor: Im Schnelldurchlauf hetzen die mit übermenschlichen Selbstheilungsfähigkeiten und verlangsamtem Alterungsprozess ausgestatteten Gefährten Wolverine und Sabertooth über ein historisches Schlachtfeld nach dem anderen. Sabertooth verroht dabei zusehends, Wolverine nicht. Warum, wird nicht erklärt. Gegen solche krude Schwarz-Weiß-Charakterisierung spielen Jackman und Schreiber nur bedingt erfolgreich an. Dabei ist gerade die Ambivalenz der “X-Men” der interessanteste und ungewöhnlichste Aspekt der Comicfiguren. Entgegen den stereotypen Helden sind die “X-Men” soziale Außenseiter, die sich auch gegen politische Verfolgung und Diskriminierung wehren müssen. Dieser Aspekt wurde in den vorherigen, auf ein jugendliches Publikum ausgerichteten “X-Men”-Filmen nur oberflächlich behandelt. In “Wolverine” ist er aufgrund der zeitlichen Einbettung der Handlung nur marginal präsent.
Dennoch ist Jackmans und Hoods Film erfreulich erwachsen. Humor war in den vorigen “X-Men“-Filme schmerzlich abwesend. “Wolverine” hingegen wartet mit wenigen, aber gar nicht üblen Witze und der subtilen Selbstironie Jackmans als muskelgestählter Kraftprotz auf. Seinem länglichen Titel wird das Effektspektakel nur partiell gerecht. Praktisch erfährt man, woher Wolverine kommt und wie er wurde, was er ist. Psychologisch bleibt der Charakter schablonenhaft. Was Christopher Nolan mit “Batman: The Dark Knight” gelang, kann Gavin Hood mit “X-Men Origins” nicht wiederholen. Spaß macht die rasante Comicverfilmung dennoch. An die Comicvorlage oder die Trickfilmserie von 1992-1997 reicht sie erwartungsgemäß nicht heran.
Titel: X-Men Origins: Wolverine
Kinostart: 29. April 2009
Regie: Gavin Hood
Drehbuch: David Benioff
Darsteller: Hugh Jackman, Liev Schreiber, Danny Huston, Lynn Collins, Taylor Kitsch
Verleih: Fox
www.x-menorigins.com