Darum ist aber Anglizismus nicht besser. Warum „Vienna“? So und nicht anders heißen zwei Dutzend Städte allein in den Vereinigten Staaten von Amerika. Schauen wir über diese Anglizismus-Schande hinweg und behaupten dreist, dass das die italienische Sicht der Dinge sei, denn auch Italiener nennen Wien Vienna, schimpfen aber nicht so wie Qualtinger. Zudem findet sich – nebenbei bemerkt – in der Anleitung, die im Karton liegt, die italienischsprachige Fassung vor der englischsprachigen. Na also!
Vor allem sollte es Italiener leichter als Anglo-Amerikanern fallen, „in die Rolle eines gerissenen Lebemannes“ zu schlüpfen, um „im Wien des 19. Jahrhunderts“ nach unserer Zeitrechnung „in die High Society“ aufzusteigen“. Menschen deutscher Zunge könnten auch Hautevolee sagen, womit nicht nur die blaublütige Abstammung, sondern auch die berühmte Abstammung und somit Prominenz und Pseudoprominenz gemeint ist. Schließlich löste mit der Industrialisierung die Bourgeoisie den Adel ab und verwies ihn in die Schranken des Feudalismus, auch wenn bis heute längst nicht alle alten Zöpfe abgeschnitten sind. Die Zeit der Guillotine währte zu kurz und nicht überall. Auf die Bürgerliche Revolution folgte die Gegenrevolution und spätestens Napoleon exportierte sie nach Berlin und auch nach Wien.
Zurück zum Spiel, genauer: zum „Hintergrund“ des Spiels, zu dem Schmidt Spiele außerdem notieren: „Da sie aber gerade erst neu in Wien angekommen sind, fahren sie mit der Kutsche durch Wien…“ Mit der Kutsche? Nein, mit dem Fiaker. Das ist auch heute noch in Wien möglich und das ist auch gut so. Weiter im Text: „”¦ und versuchen an möglichst vielen Orten und Plätzen wichtige Personen für sich zu gewinnen, um mit ihrer Hilfe höheren Einfluss zu erlangen.“
Online stellt die Produktbeschreibung Fragen: „Wo sollte man wohl am besten seine Würfel ablegen, um am Ende die meisten Siegpunkte ergattern zu können? Ist es sinnvoller auf den schnellen Taler zu setzen oder besser langfristig einflussreiche Förderer in der Stadt zu gewinnen?“ Und sie gibt die Antworten gleich mit: „Beeinflusst werden diese taktischen Entscheidungen natürlich auch von den Plänen der Mitspieler und von der Gunst der Würfel. Am Ende siegt derjenige, der klug und vorausschauend plant und geschickt seine Mittel einsetzt.“
Wie auch immer. Alle der drei bis fünf Spieler ab 10 Jahren müssen sich entscheiden, ob sie Wien bei Tag oder Wien bei Nacht spielen wollen und den Spielplan entsprechend platzieren. „Der Spieler, der als Letzter in Wien war, bekommt die Startspieler-Karte.“ Das ist die Uhr, die er „offen vor sich auslegt“ und damit loslegt. Die anderen vier Sonderkarten mit dem weißen Extrawürfel, die Münzen und der Gendarm werden ebenfalls offen neben den Spielplan gelegt.
Jeder Spieler sucht sich nun vier (oder fünf) Würfel einer Farbe und in dieser Farbe auch einen Punktezähler, den er auf eines der drei Startfelder setzt. Jeder Spieler zieht zudem eine der sechs blauen Startkarten. Je nach Startkarte erhalten Spieler bereits ein, zwei der insgesamt 25 Münzen. Die 44 Personenkarten werden gut gemischt an den Spielplan gelegt.
An den berühmt-berüchtigten Sehenswürdigkeiten Wiens müssen Würfel platziert und Aktionen ausgeführt werden. Und das geht so: Wer an der Reihe ist, der nimmt alle seine Würfel und würfelt. Ja, Vienna ist ein Brett- und Würfelspiel mit Karten. Die Würfel darf der Spieler nun einzeln und in Kombination auf ein Felder stellen, das die gleiche Zahl wie der Würfel zeigt. Gewertet wird aber noch nicht, außer auf den Feldern befindet sich ein Blitz. Dann darf man den Gendarm einsetzen und noch viel mehr. Das alles, der Ablauf und die Auswertung, wird ausführlich in der Anleitung erklärt.
Wer 25 oder mehr Siegpunkte in Händen hält, der beendet das Spiel. Noch einmal wird eine Wertung der Symbole vorgenommen. Es können noch Punkte verteilt werden. Gewonnen hat zum Schluss der Spieler mit den meisten Siegpunkten. Bei Gleichstand gewinnt der Spieler, der die meisten Sonderkarten vorweisen kann. Gibt es auch hierbei einen Gleichstand, gewinnt „derjenige, der noch mehr Münzen hat“.
Abwechslung bringt das Spiel mit dem Feld „Geheimbund“ sowie den Sonderkarten, mit denen man Doppelzüge ausführen, neuer Startspieler werden, noch eine Personenkarte, einen weiteren Würfel oder einen Würfeljoker erhalten kann. Damit wird das Spiel komplexer, anspruchsvoller und abwechslungsreicher. Vienna ist ein spannendes Spiel mit einer prächtigen Portion Taktik für die ganze bürgerliche Familie, den Adel nicht nur in Österreich und allen Abonnenten der Konzerte der Wiener Philharmoniker. Kein Wunder, dass Vienna in diesem Jahr mit dem österreichische Spielepreis ausgezeichnet wurde. Kommt da noch mehr? Vienna von Schmidauer-König ist nicht nur virtuos sondern erweiterbar.
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Johannes Schmidauer-König, Vienna, Anzahl der Spieler: 3 bis 5, Alter der Spieler: ab 10 Jahren, Dauer des Spiels: 30 Minuten, Verlag: Schmidt Spiele, Artikelnummer: 49305, EAN: 4001504493059, Preis: 26,99 Euro