Seit Frühjahr 2006 veröffentlicht der Mitbegründer von Israelis und Palästinenser für Gewaltfreiheit die Reihe Sagt nicht, ihr hättet nichts gewusst. Das sind meist kurze Texte, die er über Email in alle Welt schickt und mit denen er zum Handeln auffordert.
Auslöser der Internetserie war Gvirtz ´ Beobachtung zu Beginn der 2. Intifada (Palästinenseraufstand), „dass es massive und systematische Hauszerstörungen in Rafah und in Khan Younis im Gaza-Streifen gab.” Später bemerkte er, dass die systematische Zerstörung ziviler Ziele viel weitgehender war. Sich beschweren und anklagen – das wollte der Kritiker der israelischen Politik. Er wandte sich an andere Friedensaktivisten, Besatzungsgegner und Menschenrechtsanwälte. Es kam zu einem Treffen Gvirtz hatte erwogen, Anzeigen in Zeitungen zu schalten, um die Israelis über die „schrecklichen Dinge in den Besetzten Palästinensischen Gebieten zu informieren.” Doch dieser Gedanke erntete nur Skepsis, worauf Gvirtz vorschlug, eine Serie mit dem Namen Sagt nicht, ihr hättet nichts gewusst zu starten. Das rief erneut Kritiker auf den Plan, die meinten, das sei nicht erfolgversprechend.
Im April 2006 begann Amos Gvirtz trotzdem und im Alleingang mit seinen Emailbotschaften – ganz in der Tradition seines Namensvetters, des Propheten Amos. Die Texte handeln von Siedler- und Armeegewalt, von Hauszerstörung und Landenteignung, von Demütigungen an Kontrollpunkten, den nicht anerkannten Dörfern der Beduinen und der Wasserproblematik. Die Quellen des modernen Propheten Amos sind meist Menschenrechtsorganisationen. Manchmal kommt ihm auch via Telefon oder Internet Himmelschreiendes zu Ohren. Dann geht er den Quellen auf den Grund, verfasst den Text auf Hebräisch, worauf ihn ein Mitstreiter ins Englische übersetzt. Dann macht sich die aufrüttelnde Botschaft – immer kurzgehalten, damit man „die Geduld und die Zeit zum Lesen” hat – via Email in die ganze Welt auf.
Woher nimmt der Israeli die Kraft für sein Engagement? „Etwas, was nicht richtig ist, geschieht, und wir müssen dagegen kämpfen. Daher nehme ich die Kraft. Die Menschen müssen wissen, dass es täglich Angriffe auf Zivilisten durch die Armee und die Siedler gibt. Das ist gegen jegliches internationale Recht und die Ethik der Armee, es ist gegen alles. Das ist nicht hinnehmbar. Das Schlimmste des Schlimmen ist, dass viele Menschen darüber nichts wissen wollen.” Und damit meint Amos Gvirtz vor allem seine Landsleute.
Im Kibbuz hat er wegen seiner Email-Kampagne keine Schwierigkeiten bekommen. Das Leben in Israel bereitet ihm jedoch zusehends Bauchschmerzen. Immer wieder erlebt er Momente großer Niedergeschlagenheit. Das hat auch damit zu tun, dass er kaum Reaktionen auf seine Botschaften erhält. Einmal schrieb der Mann aus dem Kibbuz über die Umsiedlung von fast 3 000 Nahalin-Beduinen wegen des israelischen Mauerbaus. „Darauf gab es keine Reaktion.” Man spürt, wie sehr dies ihn getroffen hat. Noch immer bleibt seine Stimme ruhig. Doch nicht mehr lange. „Eine ganze Bevölkerung lebt unsicher. Sie leben unter Besatzung. Niemand verteidigt sie”, erklärt er, und nun wird seine Stimme lauter. Aber ist Israel nicht zu all ´ diesen Maßnahmen gezwungen, um seine eigene Sicherheit zu gewährleisten? Noch einmal gewinnt seine Stimme an Nachdruck, wenn er sagt: „Siedlungsbau, Hauszerstörung, das Stehlen ihres Wassers, die Ausweisung von Menschen aus ihren Häusern – all das hat nichts mit der Sicherheit Israels zu tun. All dies, was die israelische Armee tut, dient nicht der Verteidigung Israels, sondern der Ausdehnung Israels.”
Der 63-Jährige zeigt viel Mitgefühl mit den Palästinensern, kann sich offenbar gut in ihre Lage hineinversetzen, ja bekennt sogar, Verständnis für die Rachegelüste der Palästinenser zu haben.
Gvirtz ist überzeugt, dass es kein anderes Land in der Welt gibt, wo die Gefährdung jüdischen Lebens so groß ist wie in Israel. Und dann fügt er an: „Wenn ich für Menschenrechte kämpfe, dann kämpfe ich in erster Linie um unserer Existenz willen – um diese ständige Bedrohung unserer Existenz zu entfernen. Israel ist für Juden der gefährlichste Wohnort in der Welt. Es tut mir leid, das zu sagen, aber so ist es nun einmal.”
Wie viele andere Friedensengagierten auch befürwortet der Email-Aktivist Druck auf Israel und er gibt europäischen Politikern gleich ein Instrument an die Hand: „In dem besonderen Wirtschaftsabkommen mit der EU gibt es einen Paragrafen über Menschenrechte.” Darin verberge sich ein wirksames Druckmittel, damit Israel seine Politik in den Besetzten Palästinensischen Gebieten ändere. Die EU müsse diesen Paragrafen einfordern. Da die EU dazu nicht bereit sei, „kann Israel sich ins Fäustchen lachen über die Friedensreden der EU-Führer.”
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Don’t say we did not know #200
Laut Berichten des Palästinensischen Roten Halbmondes gab es im Jahre 2009 insgesamt 455 Vorfälle mit der IDF (israelische Armee). Diese griff entweder Rettungsmannschaften des Roten Halbmondes an oder verhinderte deren Weiterfahrt.
15 Mal schoss die IDF auf Krankenwagen. Ein ehrenamtlicher Mitarbeiter in Gaza wurde getötet und zehn verwundet.
440 Mal hielt die IDF Krankenwagen an, als sie Kranke oder Verwundete zu Krankenhäusern transportierten.
Ein Gelände des Roten Halbmondes in Gaza wurde durch eine Phoshorbombe während eines Angriffs auf die Stadt beschädigt. Ein Krankenhaus wurde beschädigt.
22 Krankenwagen wurden bei den Angriffen beschädigt, fünf so sehr, dass sie nicht repariert werden können.
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Am Dienstag, 2. Februar 2010 zerstörten Staatsbeamte Weizen auf einer Fläche von etwa einem Quadratkilometer, den Beduinen ausgesät hatten, die in Al-Mazra’a und südwestlich von ‚Ar’ara im Negev leben. Am selben Tag zerstörte der Staat zwei Schuppen im Beduinendorf Qatamat.