Alle verachten Regenwürmer: Kein Rückgrat, kein Hirn! Erläutert das Pressematerial zu “Shunshine Barry und die Discowürmer”. Verachtung ist sicherlich zu hoch gegriffen, sagen wir, Regenwürmer sind den meistens schnurzegal. Dass der Wurmjugendliche Barry mit ein paar Freunden eine Band gründet, weil er den Songtext “Play that funky music, white Boy!” wörtlich nimmt, ändert daran nichts.” Barry vergisst, das Regenwürmer gar nicht funky sind. Zitat Presseheft. Wenn es die Produzenten erkannt hatten, warum dann die uninspirierte, schlecht animierte Erfolgsgeschichte über “Sunshine Barry und die Discowürmer”? “Es winken Ruhm und Haufenweise Geld, Geld , Geld!”, überzeugt der windige Wurm seine Mitmusiker zum Spielen von Discopop. Der gleiche Gedanke steht hinter dem nicht weniger einfallslosen Kinderfilm “Niko – Ein Rentier hebt ab”. In die Luft geht man höchstens angesichts der oberflächlichen Geschichte. Rentier Niko und die anderen Waldtiere in Michael Hegners und Kari Juusonens “Niko– Ein Rentier hebt ab” sind auf maximalen Niedlichkeitsfaktor hin gezeichnet. Der Schnee sieht nach Zuckerwatte aus und sogar die bösen Wölfe gucken wie treu-doofe Haushündchen. “Sunshine Barry und die Discowürmer” boten sich weniger zum Verniedlichen an. Dafür müssen sie sich in Discoposen verrenken. Wer das Winden der Regenwürmer im Biologieunterricht unter dem Lehrerskalpell echt funky und groovy fand und dazu `I can boogie, boogie-woogie’ summte, wird “Sunshine Barry und die Discowürmer” für einen mitreißenden Musikfilm für Kinder halten.Alle anderen werden die Saturday Night Hits ob der schlechten Kinoerinnerungen eine Weile im Regal verstauben lassen.
Individuen sucht man unter den Stereotypen beider Kinderfilmen vergeblich. In der Wuermerband gibt es die hübsche Sängerin, in die Barry verschossen ist, den dicken Kumpel und einen korrupten Käfer als Konkurrenten im Musikwettbewerb, zu dem “Sunshine Barry und die Discowürmer” antreten. Dass Roberto Blanco dem Schlagerkäfer eine herrlich schmierige Synchronstimme verleiht, hilft genauso wenig, wie die fesche Pudeldame, die in “Niko – Ein Rentier hebt ab” im wahrsten Sinne unter die Wölfe fällt. Bissig dürfen weder frisierte Fififrau noch die Wölfe sein. Dabei birgt die Geschichte von “Niko – Ein Rentier hebt ab” ein wenig kindliches Element. Niko ist das Resultat einer Spritztour, auf den sein Rentiervater – eines der fliegenden Schlittenzugtiere des Weihnachtsmanns – Nikos Mutter mitnahm. Als er erkennt, dass sein von ihm idealisierter Vater sich schlicht aus dem Staub gemacht hat, nennt Niko ihn einen Feigling. In den konservative Familienwerte propagierenden Disneyfilmen ist dergleichen immer noch undenkbar. Doch statt den für viele kindliche Zuschauer wirklichkeitsnahen Konflikt auszubauen, überzuckert “Niko – Ein Rentier hebt ab” ihn flugs mit einer klebrig-süßen Schneedecke.
Ob der traditionelle Weihnachtskinderfilm der Disney-Studios mehr zu bieten hat, als eiskalten Kitschkommerz und dämliche Discowürmer, ist fraglich. Vielleicht bringt der Nikolaus als kleinen Trost den lange versprochenen japanischen Animationsfilm “Ponyo” in die Kinos. Der wundervoll gezeichnete Kinderfilm aus Studio Ghibli, welches bereits “Chihiros Reise ins Zauberland” und “Das wandelnde Schloss” schuf, muss weiterhin auf einen deutschen Kinostart warten. Wenn es dazu nicht kommt, weiß man wenigstens, welche DVD auf den Wunschzettel muss
* * *
Titel: Sunshine Barry und die Discowürmer
Deutschland 2009
Genre: Trickfilm
Kinostart: 29. Oktober 2009
Regie und Drehbuch: Thomas Borch Nielesen
Sprecher: Ben, Sarah Toktsch, Hella von Sinnen, Dirk Bach, Roberto Blanco, Herbert Feuerstein
Laufzeit: 80 min.
Verleih: Publicmotor Pictures
Internet: www.publicmotor-pictures.com
* * *
Titel: Niko – Ein Rentier hebt ab
Dänemark/ Finnland/ Deutschland/ Irland 2009
Genre: Trickfilm
Regie: Michael Hegner, Kari Juuson
Drehbuch: Hannu Tomainen, Petteri Pasanen
Sprecher: Peter Stefanov, Barbara Schöneberger, Olaf Reichmann, Sabine Arnhold
Laufzeit: 79 min.
Verleih: Universum Film
Internet: www.niko-derfilm.de