Berlin, Deutschland (Weltexpress). Was für ein Spiel! Die Eisbären führten zwei Mal im vierten Finalspiel gegen den Meister aus München. Der kam immer wieder zurück und gewann am Ende mit 4:2 (1:1, 2:1, 1:0).
Damit steckten Berliner als Herausforderer gegen den alten und amtierenden Meister die dritte Niederlage ein. Der Rekordmeister aus Berlin steht mit dem Rücken zur Wand. Nur noch mit Siegen kommt er über die Runden. München hingegen braucht nur noch einen Sieg im nächsten Heimspiel, um zum dritten Mal hintereinander Deutscher Meister zu werden.
Mit einem Sieg am Sonntag wäre die Mannschaft von Cheftrainer Don Jackson durch die Playoffs gegangen wie ein heißes Messer durch die Butter. Alle Herausforderer, neben Berlin die chancenlosen Mannschaften aus Bremerhaven und Mannheim, wären in den Serien im Vier-gewinnt-Modus mit 4:1 unerbittlichen vom Branchenprimus geschlagen.
Chancenlos waren die Hausherren Freitagnacht vor 14.200 Zuschauern in erneut ausverkauften Halle nicht und Red Bull München präsentierte sich wahrlich nicht als Übermannschaft. Im Gegenteil präsentierte sie lange Zeit Blech, das sie jedoch am versilberten.
Das Anfangsdrittel
Das lag vor allem daran, dass die Mannschaft von Cheftrainer Uwe Krupp beherzt zur Sache ging und ihrem großen Gegner zeigte, dass sie gewillt war, zu gewinnen. Die Körpersprache stimmte. Jedenfalls im ersten Drittel. Fair aber hart gingen die Bären den Bullen an den Kragen. Viel aggressiver als in den drei Duellen zuvor standen die Männer um Mannschaftskapitän André Rankel ihren Gästen auf und vor den Füßen. Das unangenehme Herangehen der Eisbären nötigte den Roten Bullen Respekt ab, die jedoch in einer Minute zwei große Gelegenheiten hatten (5.). Doch Jamie MacQueen war es, der am Freitag alle seine Qualitäten zeigte. Er traf für Berlin ins Tor nach Vorarbeit von Rihards Bukarts und Daniel Richmond (6.). Die Stimmung stieg. Der Glaube an den Sieg war gewachsen.
Nach der frühen Führung spielte nur noch Berlin und kreierte weitere Chancen (7.). Die Gastgeber zeigten sehenswerte Angriffe und warben für den Eishockey-Sport, aber sie, die loslegten wie die Eisbahn, legten nicht nach (7.).
Als erst Jerome Flaake zwei Strafminuten wegen Stockschlags bekam (8.) und dann Florian Kettemer wegen Hakens (10.), wurde das Powerplay, das kurze Zeit ein Überzahlspiel von fünf Berlinern gegen drei Münchner brachte, kläglich vergeben. Versagten die Trainer für die Nerven, versagten die Trainer für alles andere? „Überzahlspiel kann man doch bis zum Erbrechen trainieren“, klagten manche Bären-Fans in der Halle und rauften sich die Haare.
Kaum waren die Reihen der Gäste wieder voll, feuerte Yannic Seidenberg aus der Ferne und Maximilian Kastner fälschte dessen Schuss unhaltbar für Bären-Torhüter Petri Vehanen ab. Wie aus dem Nichts stand es 1:1 (12.).
Vehanen musste weiter halten wie ein Weltmeister (16.) und mitansehen, wie seiner Vorderleute bei einem weiteren Überzahlspiel versagten. Jason Jaffray erhielt zuvor zwei Strafminuten wegen Behinderung (17.).
Die letzte Strafe im Anfangsdrittel kassiere MacQueen, ebenfalls wegen Behinderung (20.).
Die Statistiker sahen für dieses dynamische Drittel 13 Berliner zu neun Münchner Torschüsse, allerdings gewann die Gäste 15 Bullys und die Gastgeber nur elf.
Das Mitteldrittel
Nach der Pause kamen die Berliner weniger aggressiv aus der Kabine als zu Beginn der Begegnung, dafür liefen, passten und spielten sie mehr mit den Bullen wie Katz und Maus. Zwar hatten diese die erste Chance im zweiten Drittel (23.), doch die weiteren notierten wir für die Eisbären. Endlich ging ein Versuch von Sean Backman rein (27.). Zuvor passte Nick Petersen quer vor das Tor von Aus den Birken. Berlin führte völlig verdient mit 2:1. Nur mit 2:1!
Fischbuch hätte nach einem Tempogegenstoss erhöhen müssen (27.) und auch manche seine Mitspieler (28.), aber Aus den Birken stand wie eine Eiche. Er verhinderte Schlimmeres.
Frank Mauer bekam zwei Strafminuten wegen Beinstellens (30.) und kurze Zeit später erhielt Kastner eine Zwei-Minuten-Strafe, weil er den Puck über die Bande pfefferte (31.), doch das erneute und wieder teilweise Fünf-zu-drei-Überzahlspiel blieb ungenutzt.
Münchner Männer wie Jonathan Matsumoto machten es besser. Freistehend ein Schuss aus kurzer Distanz: drin (35.). Die im wahrsten Sinne des Wortes Vorarbeit zum 2:2-Ausgleich kam von Steve Pinizzotto. Die vielen Chancen der Berliner, die sie liegen ließen, nagten an den Nerven.
Der Münchner EHC agierte cool und clever. Er zeigte auch einmal einen sehenswerten Angriff, doch spielerisch viel zu wenig. Immerhin: Er zeigte Effizienz.
Und Vehanen zeigte seine Qualitäten vor dem Berliner Tor (37.).
Dafür saß der nächste Versuch. Seidenberg traf nach Vorarbeit von Matsumoto und Pinizzotto zum 3:2 aus Sicht des Meisters (39.).
Vor allem Matsumoto und Pinizzotto offenbarten bei diesem Angriff, wie wertvoll sie für das Imperium der Dosen sind, die mit dem Führungstreffer die sehenswerten Darbietungen der Eisbären nahezu auf den Kopf stellten.
Vor Ende des Mitteldrittels verhängten die Schiesrichter André Schrader und Daniel Piechaczek noch eine Strafe wegen Behinderung für Jaffray (40.). Doch die blieb, alle ahnen es, zum Schluss des zweiten Drittels ungenutzt.
Das Schlussdrittel
Und auch zu Beginn des dritten Drittels war gegen die Kerle vor dem Münchner Kasten in Überzahl nichts auszurichten. Danach auch nicht.
Die Münchner gaben zu Verstehen, warum sie Meister sind und düpierte Berliner Jungspunde wie Kai Wissmann (43.) und andere.
Nach einem weiteren guten Angriff der Gäste gerieten James Sheppard und Pinizzotto aneinander. Sheppard kassierte zwei Strafminuten wegen übertriebener Härte und Pinizzotto wegen unsportlichen Verhaltens.
Bei vier gegen vier Feldspielern gelang keiner Mannschaft ein Tor.
Zwar stemmten sich die Berliner gegen die erneute Niederlage, aber ohne Fortune. Mit Fouls von Richmond wegen Stockschlags (52.) und Bukarts wegen Beinstellens (58.) dezemierten sich die Herausforderer zudem selbst.
Der Drops war spätestens für die kaltschnäutzigen Bullen gelutscht, als Dominik Kahun, der Silbermedaillengewinner von Pyeongchang, cool durch das Drittel der Eisbären kurvte und seelenruhig zum 4:2 traf. Die Messen waren gelesen, die Luft war raus.
Trotz zweier Führungen und beherztem Kampf verloren die Eisbären am Ende gegen den Meister.
Zwar bekam die Berliner besser mit Pinizzotto und dem Pesten der anderen klar, sie boten über große Strecken Paroli – vor allem zu Beginn der Begegnung -, doch das Powerplay war alles andere als prima, es war mangelhaft wie die Effizienz, die Verwertung von kreierten Chancen.
Weil die Abwehr bei eigener Unterzahl besser war, hielten die Berliner das Spiel immerhin bis zum 4:2 offen. Doch zuzulegen hatten die Bären nichts, während die Bullen durchaus in der Lage schienen, an ihrer Drehzahl schrauben zu können. Sie können sowohl Geschwindigkeit rausnehmen und verwalten, also auch Gas geben und zuschlagen. Meisterlich!
Fotoreportage
Mehr Bilder zum Beitrag in der Fotoreportage: Bilder vom vierten Finalspiel zwischen Bären und Bullen in Berlin von Marco Leipold.