Churchill – Eine frostige Expedition zu den Eisbären der kanadischen Arktis

Churchill gilt als Hauptstadt der Eisbärenbeobachter.

Normal, sagen die Einheimischen. Keine Straße, nur per Flugzeug oder mit der immer verspäteten Eisenbahn gelangt man nach Churchill an der Hudson-Bay. Die eisige Tundra steht normalerweise nicht auf dem Ferienplan der wärmeliebenden Europäer. Verlockend grüßt der Strand in Thailand oder die Fledermaussafari im Sauerland. Doch der Kälte zum Trotz machen sich einige ganz Verwegene und Unerschrockene auf die lange Reise nach Churchill. Die Frage ist und dies ganz zurecht: Warum tun sie das? Die Antwort ist simple. Die kleine Siedlung namens Churchill gilt als die Hauptstadt der Eisbären. Ein im Postamt erhältlicher Stempel für den Reisepass bestätigt dies mit Nachdruck.

Bärige Zeiten

Jetzt Ende Oktober haben die Eisbären in der Arktis einen Bärenhunger und warten darauf endlich die Jagd auf ihre Leibspeise eröffnen zu dürfen. Abgemagert sehen die stolzen Tiere aus. Beeren und andere vegetarische Kost während der Sommermonate stellten eine harte Diät für die Kolosse dar. Nun gieren sie nach nahrhaften Speisen, die ruhig auch etwas fettig sein dürfen. Doch die schmackhafte Ringelrobbe macht sich noch rar und ist vorerst noch außer Gefahr. Erst wenn die Hudson-Bay ihren eisigen Panzer präsentiert, lauern die flauschigen Raubtiere ihrer Beute auf. Sobald die Robbe zum Luftholen auftaucht, muss der Polarbär die Gunst der Stunde nutzen und schnell reagieren. Jedes Atemloch kann ein Festmahl verbergen. Nicht immer ein leichtes Unterfangen, so halb verhungert und schwach auf den Tatzen. Hungriges Warten auf das Eis. Und so treiben sich Unzählige der großen, weißen Gesellen in der Gegend um Churchill rum. Denn genau hier gefriert das Wasser der Bucht zuerst. Bis dahin sind sie eine Attraktion für Touristen aus aller Welt. Auch aus Europa. Hotelbetten sind nun Mangelware. Die wenigen Hotels des 1.000-Seelen-Ortes freuen sich über gute Buchungen und bei Gypsys an der Hauptstraße heißen Tony und Helen DaSilva uns als Gäste herzlich willkommen. Es herrscht eine familiäre Atmosphäre und die Bagels schmecken wirklich erstklassig. Während beim riesigen Cheeseburger, zumindest an diesem Tag, die Höchstnote für kulinarische Erlebnisse nicht vergeben werden konnte. Süßes Backwerk oder Burger. Eben reine Geschmacksache. Nichtsdestotrotz steht man für die leckere Naschereien oder für einen Steak-Sandwich gerne mal für einige Zeit in einer längeren Schlange. Beim Warten im Warmen, Daunenjacke an Daunenjacke, stimmen wunderbare Fotos von Nordlichtern und arktischer Natur auf das bevorstehende Abenteuer ein. Draußen tobt der Schneesturm. Und morgen geht’s auf Tour, auf Eisbärentour in die Weite der Tundra.

Auge in Auge mit dem König der Arktis

Am Morgen bei etlichen Minusgraden und eisigem Wind erwarten uns Tara und Lionel gutgelaunt an einer hölzerner Anlegestelle für meterhohe Tundra-Buggys. Über eine Art Bootssteg gelangen wir zu unserem weißen, an die verschneite Umgebung angepassten Vehikel. Tara wird uns auf der Fahrt mit ihrem Wissen über die Eisbären immer wieder überraschen und Lionel qualifiziert sich zum, unserem Empfinden nach, weltbesten Tundra-Buggy-Fahrer. Manch ein Fahrmanöver durch das unwegsame und vereiste Gelände lässt den unvorsichtigen Gast von der Sitzbank gleiten. Kein Fahrfehler, sondern einfach kanadische Tundra. Die Sicht über die fast ebene Landschaft bis hin zum Horizont gelingt meist störungsfrei, nur vereinzelt recken sich Sträucher und kleine Bäume empor. Zwischen kahlem Buschwerk entdecken wir unsere ersten Polarbären, die in der Inuit-Sprache Nanook heißen. Sie sind träge, aalen sich im Schnee und nehmen keine große Notiz von uns. Der Anblick ist einzigartig, wir könnten stundenlang schweigend diese stolzen Tiere beobachten, doch Lionel startet den Motor und wir cruisen gemächlich weiter über das Meer aus Schnee. Zwei spielerisch kämpfende Ursus maritimus erwecken kurze Zeit später unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Immer wieder stellen sie sich auf ihre mächtigen Tatzen und testen ihre Kräfte bei einem bärischen Ringkampf. Unvergesslich. Doch wie lange noch kann man dieses faszinierende Schauspiel noch erleben?

Zurück in einer der wenigen Restaurants treffen wir auf Robert Buchanan, dem Präsidenten der gemeinnützigen Organisation „Polar Bears International“, die sich dem Schutz und der Erhaltung der Eisbären verschrieben hat. Er erzählt uns ein wenig über die Eisbär-Population rund um Churchill und die Gefahren der globalen Klimaerwärmung. Seine Worte zum Abschied lassen uns nachdenklich in der Kälte stehen. „Wenn Ihr morgen in der Tundra seid und Eisbären seht, schließt die Augen und merkt Euch diese einzigartige Szenerie. Vielleicht seid Ihr die letzte Generation, die die Nomaden des Nordens noch in freier Wildbahn erleben dürft.“

Weitere Informationen finden Sie hier:

Canadian Tourism Commission, c/o Lange Touristik-Dienst, Eichenheege 1-5, 63447 Maintal, 01805 – 526232 (0,14 EUR je Minute, abweichende Preise aus dem Mobilfunk), info@meinkanada.com, www.canada.travel

oder auch

– Travel Manitoba, Winnipeg www.travelmanitoba.com

Webseite von Churchill / Manitoba www.townofchurchill.ca

– Mehr über den Schutz von Eisbären bei Polar Bears International  www.polarbearsinternational.org

Empfehlungen zu Aufenthalt und Anreise

Anreise: Z.B. mit Air Canada www.aircanada.de von Frankfurt über Toronto nach Winnipeg /Manitoba. Weiter mit Nolinor Aviation nach Churchill

Restaurant: Gypsy Bakery Ltd., 253 Kelsey Blvd., Churchill, Manitoba, Canada, Phone: 204-675-2322

Tour-Anbieter: Frontiers North/Tundra Buggy ® Adventures, 124 Kelsey Blvd., Churchill, Manitoba, Canada, Phone: 204-675-2121, www.frontiersnorth.com

Hotel: The Aurora Inn, 24 Bernier Street, Churchill, Manitoba, Canada, Phone: 204-675-2071, www.aurora-inn.mb.ca

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